Fünfundzwanzigster Prozesstag Letzte Worte der Verteidigung im Halle-Prozess
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10. Dezember 2020, 07:19 Uhr
Wenige Tage vor einem Urteil im Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag von Halle hatte die Verteidigung Gelegenheit zu einem Schlussplädoyer. Auch der Angeklagte richtete letzte Worte an das Gericht. Für den 21. Dezember ist die Urteilsverkündung geplant.
Der 25. Prozesstag ist mit Verspätung und dem Schlussplädoyer des Verteidigers in Magdeburg gestartet. Das Interesse der Besucherinnen und Besucher ist auch an diesem Prozesstag groß.
Wie die Taten vom 9. Oktober zu beurteilen sind
Der Pflichtverteidiger des Angeklagten, Hans-Dieter Weber, eröffnete den Prozesstag mit der Frage, wie das Tatgeschehen vom 9. Oktober 2019 zu beurteilen ist. Es sei für ihn ein schweres Verfahren gewesen, da die Taten des Angeklagten in der Tradition der nationalsozialistischen Verbrechen stünden. Die Weltöffentlichkeit schaue, ob man der historischen Verantwortung gerecht werde.
Die Verteidigung habe dem Angeklagten stets klar gemacht, dass sie seine Ideologie nicht teile und auch nicht diskutiere. An die Betroffenen gerichtet, äußerte Weber sein Mitgefühl. Es gehe hier im Prozess nun darum, die Schuld und Schuldfähigkeit des Angeklagten festzustellen.
Volksverhetzung, Holocaustleugnung, Mord und Mordversuch
So stellte Weber zu Beginn fest, dass die Tatbestände Volksverhetzung und Holocaustleugnung, belegt durch das Tatvideo, gegeben seien.
Bei dem Angriff auf die Synagoge habe es sich jedoch um einen Mordversuch gehandelt, von dem der Angeklagte selbst zurückgetreten sei. Der Angeklagte habe zu keinem Zeitpunkt seine Mordabsicht bestritten. Er habe dies im Gegenteil mit Nachdruck bestätigt. Der Angeklagte habe jedoch wegen der verschlossen Synagogentür keine Gelegenheit gehabt, seine Tatabsicht zu verwirklichen. Obwohl er durchaus hätte versuchen können, in die Synagoge weiter einzudringen, habe er von dem Versuch abgelassen. Aus Sicht des Verteidigers liegt aus diesem Grund der Tatbestand eines fehlgeschlagenen Versuchs nicht vor.
Der Mord an Jana L. vor der Synagoge erfülle den Straftatbestand des Mordes, so die Verteidigung. Ebenso der tödliche Schuss auf Kevin S., der Gast in dem Kiez-Döner in der naheliegenden Ludwig-Wucherer-Straße war.
Bei dem Feuergefecht mit der Polizei in der halleschen Ludwig-Wucherer-Straße sei es fraglich, ob es eine Tötungsabsicht gegeben habe. Eine versuchte Tötung, auch an Ismet Tekin, Inhaber des Imbisses, läge nicht vor, so Weber.
Fahrlässige und gefährliche Körperverletzung
Bei der Fluchtfahrt würden die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung erfüllt. Hier war der Angeklagte mit seinem Auto auf den Passanten Aftax I. zugefahren und hatte ihn dabei verletzt.
In Wiedersdorf, wo der Angeklagte auf Jens Z. und Dagmar M. geschossen hatte und ein Taxi für die Weiterfahrt verlangte, stellte die Verteidigung gefährliche Körperverletzung und räuberische Erpressung fest.
Hintergrund: Gerichtsverfahren und die Taten
Seit Juli 2020 läuft vor dem Oberlandesgericht Naumburg der Prozess um den Anschlag auf die Synagoge von Halle. Aus Platzgründen wird der Prozess aber in den Räumen des Landgerichts in Magdeburg geführt. Dort steht der größte Gerichtssaal Sachsen-Anhalts zur Verfügung.
Der 28-jährige Stephan B. hatte gestanden, am 9. Oktober 2019 schwer bewaffnet versucht zu haben, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Darin feierten gerade 52 Menschen den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Der Attentäter scheiterte jedoch an der Tür, erschoss daraufhin eine Passantin, die zufällig an der Synagoge vorbei kam, und später einen jungen Mann in einem Döner-Imbiss.
Stephan B. ist wegen zweifachen Mordes, versuchten Mordes in 68 Fällen, versuchter räuberische Erpressung mit Todesfolge, gefährlicher Körperverletzung, fahrlässiger Körperverletzung und Volksverhetzung angeklagt.
Verminderte Schuldfähigkeit
Für den Angeklagten sieht die Verteidigung eine verminderte Schuldfähigkeit. Es sei aber die ureigenste Aufgabe des Gerichtes, darüber zu entscheiden. Der Angeklagte habe in sozialer Isolation gelebt und sich im Netz radikalisiert. Ob er die Taten begangen hätte, wenn er Frau und Kinder hätte – die Verteidigung bezweifelte das. Ein Gutachter habe eine komplexe Persönlichkeitsstörung und Züge einer sogenannten Autismus-Spektrum-Störung, also einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, festgestellt. Gleichwohl sei eine volle Steuerungsfähigkeit gegeben gewesen.
Die Verteidigung lehnte eine Sicherungsverwahrung ab.
Die letzten Worte des Angeklagten
Im Anschluss an die Ausführungen der Verteidigung hatte der Angeklagte Stephan B. die Möglichkeit, abschließende Worte an das Gericht zu richten. Er sei von der Richtigkeit der Tat überzeugt. Der Angeklagte leugnete erneut den Holocaust.
Die vorsitzende Richterin protokollierte diese Aussage.
Am Montag, den 21. Dezember, soll das Urteil verkündet werden.
Quelle: MDR/mp
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 02. Dezember 2020 | 12:00 Uhr
ossi1231 am 11.12.2020
Nun wie unter Stalin 1936.1937 und 1938 ... nur dort nicht mehr als Frage formuliert.
Aber ich fürchte das Weltbild des MDR wird auf unerfindlichen Gründen hier einen Verstoß gegen die Netiquette finden.
ossi1231 am 11.12.2020
Nichts und das Gericht selbst auch nur psychologisieren und keine Aufklärung wie die Flucht aus der LuWu gelingen konnte.
Nüt Nada Nichts Niente Nothing.
ossi1231 am 11.12.2020
Und Kommentare mit den korrekten Anführungszeichen »zulässiges "szenetypisches Verhalten"« werden gelöscht und dann falsch zitiert?
Und warum sind meine Kommentare denn nicht Netiquette? Das können Sie hier oder per Mail oder auf Geomatiko beantworten.