Anschlag in Halle Vierter Prozesstag: Familie des Angeklagten verweigert Aussage
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29. Juli 2020, 16:13 Uhr
Beim Prozess zum Halle-Anschlag hatten am vierten Prozesstag die Zeugen das Wort. Während die Familienmitglieder des Angeklagten die Aussage verweigerten, sprachen ehemalige Lehrerinnen und Weggefährten.
Im Prozess um den Terroranschlag von Halle sind am vierten Prozesstag die Eltern und die Schwester des Angeklagten vor Gericht erschienen. Nach einer kurzen Belehrung durch das Gericht haben sowohl die Eltern als auch die Schwester von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Aussage zu verweigern. Damit kann keine der Aussagen, die die Familie bei Polizeibefragungen gemacht hat, vor Gericht verwendet werden.
Bis zum Mittag wurde der frühere Lebensgefährte der Schwester des Angeklagten befragt. Er berichtete, wie er und seine damalige Partnerin ein paar Mal versucht hätten, den Angeklagten mit zu Freizeitaktivitäten mitzunehmen. Zudem erinnerte der Mann sich an eine Situation in einem Supermarkt als der Angeklagte gegen zwei nicht Deutsch Sprechende ausfällig wurde. Ansonsten blieben die Antworten des Zeugen eher vage.
Lehrerin: Krankheit hat Angeklagten verändert
Eine einstige Lehrerin berichtete, dass der Angeklagte früher ein aufgewecktes Kind gewesen sei, das sich für vielen interessiert habe. Auch zur Mutter des Angeklagten, ihrer Kollegin, habe sie lange ein recht enges Verhältnis gehabt. Nach Ansicht der Lehrerin habe sich der Angeklagte nach seiner schweren Krankheit im Jahr 2013 verändert. Die menschenfeindlichen Positionen, die dessen Mutter in einem Brief geäußert hat, haben die Zeugin nach eigener Aussage sehr überrascht.
Der Brief war am Vortag im Gerichtssaal vorgelesen worden. Bis zum Ende des Verhandlungstages wurden noch weitere Zeugen gehört. Darunter eine weitere Lehrerin und ein früherer Stubenkamerad des Angeklagten aus Bundeswehrzeiten.
Der Prozess im Landgericht Magdeburg läuft seit vergangener Woche. Der Angeklagte hatte eingeräumt, dass er im vergangenen Oktober in die hallesche Synagoge eindringen wollte, um dort gezielt Juden zu töten. Als er an der Tür scheiterte, erschoss er eine Frau und einen Mann.
Anwälte bezweifeln Einzelgänger-These
Der 28-Jährige hatte stets beteuert, allein gehandelt zu haben und dass niemand von seinem Plan gewusst hatte. Daran zweifeln die Anwältinnen und Anwälte der Nebenkläger nach den Befragungen an den vergangenen Prozesstagen zunehmend. Der Angeklagte soll in seinem – wenn auch kleinen – Umfeld seinen Antisemitismus und Rassismus offen ausgesprochen haben. Das wurde bei den Befragungen durch die Anwälte und durch das Verlesen eines Briefes, welchen seine Mutter geschrieben hatte, deutlich.
Am Dienstag hatte als erster Zeuge ein Kriminalhauptkommissar ausgesagt, der an insgesamt fünf Vernehmungen beteiligt war. Zudem hatte erstmals ein Betroffener den Angeklagten befragt. Der US-Amerikaner Ezra Waxman war bei dem Anschlag im vergangenen Oktober selbst in der Synagoge gewesen.
Quelle: MDR/olei
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 29. Juli 2020 | 19:00 Uhr
Haller am 30.07.2020
"Ich denke es ist wichtig das diese Prozess nach unseren rechtsstaatlichen Grundsetzen abläuft." ... dann müsste auch die Möglichkeit falscher Geständnisse in Betracht gezogen werden.
Karl Schmidt am 30.07.2020
Tja, die paar Hundert Tote durch Rechtsextremisten kann keiner mehr fragen. Beim Thema "Erfurt/Staatskanzlei" lag der benutzer natürlich auch ordentlich daneben.
Eulenspiegel am 29.07.2020
Ich denke es ist wichtig das diese Prozess nach unseren rechtsstaatlichen Grundsetzen abläuft. Und bisher gibt es keinen daran zu zweifeln. Dazu gehört natürlich auch das diese Angeklagte ein Recht auf Achtung seiner Menschenwürde hat. Natürlich gehört auch dazu das die Familie das Recht hat die Aussage zu verweigern. Ich persönlich würde ihr das sowieso nahelegen. Dazu gehört dann auch das dieser Prozess nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet sondern öffentlich von allen Seiten betrachtet werden kann.