Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff besucht am Donnerstag, 2. August 2018, die Dreharbeiten zum Kinofilm £Immenhof
Dreharbeiten zum MDM geförderten Kinofilm "Immenhof - Das Abenteuer eines Sommers". Bildrechte: imago/Christian Schroedter

Studierende schreiben für den MDR Wie Filme in Sachsen-Anhalt klimafreundlicher produziert werden

09. Dezember 2022, 17:26 Uhr

Wer einen Film produziert, verbraucht Ressourcen. Darunter fallen Strom, Transport, Kulissen oder Catering. Ein Teil der Filmbranche will seinen CO2-Ausstoß künftig senken. Auch die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM) beteiligt sich an dem grünen Wandel. Die Förderanstalten für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen schlossen sich 2021 einer Initiative an, die Filmschaffende zu einer nachhaltigeren Produktionsweise verpflichtet. Ein Gastbeitrag einer Studentin aus Halle.

Laura Klar studiert den Master Multimedia und Autorschaft in Halle.
Bildrechte: Laura Klar

Dieser Text ist im Rahmen des Projekts "Studierende schreiben" in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entstanden.

Filmschaffende sollen sich künftig an Vorgaben halten, um eine nachhaltigere Produktionsweise zu garantieren. Wer mit den ökologischen Mindeststandards arbeitet, kann das Nachhaltigkeitssiegel "Green Motion" erhalten. Bisher konnten sich Filmförderungen, Sender und Partner aus der Medienbranche freiwillig dieser Initiative anschließen. Ab 2023 sollen die Mindeststandards bundesweit für den Bereich der Produktionsförderung gelten. Wie die Maßnahmen und deren Prüfung konkret aussehen sollen, wird aktuell noch verhandelt.

Für diese Bereiche gelten die ökologischen Mindeststandards

  • Green Consultant
  • Bilanzierung
  • Abschlussbericht
  • Ökostrom
  • Generatoren
  • Aufladbare Akkus
  • Licht
  • Reisen und Transportmittel
  • Unterbringung
  • Verpflegung
  • Papier
  • Materialien
  • Kostüme
  • Plastik
  • Mülltrennung

Die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM) hat sich 2021 der Initiative der ökologischen Mindeststandards angeschlossen. Für die interne Umsetzung ist Maria Dehmelt verantwortlich. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen arbeitet sie die Maßnahmen und deren Prüfung in den Förderprozess ein und weiß, dass hinter den Standards auch große Herausforderungen stecken. Sie schätzt die Branche zwar sehr offen für das Thema ein, sieht die Mindeststandards jedoch auch als notwendig an: "Man hat lange darauf gewartet, dass der Wille aus der Branche kommt, aber letztendlich braucht es den Druck von oben", erläutert sie. 

Grün beraten — der Green Consultant

Eine der 15 Vorgaben hilft dabei, den Überblick nicht zu verlieren: Nachhaltigkeitsberater, sogenannte "Green Consultants", unterstützen vor und am Filmset dabei, nach den ökologischen Mindeststandards zu arbeiten. Laut Dehmelt erfindet die Branche damit nichts Neues: "Es gibt schon so lange Firmen, die Nachhaltigkeitsberatung für Unternehmen machen. Es wurde nur versucht, den Beruf an die Eigenheit der Branche anzupassen." In Mitteldeutschland seien Nachhaltigkeitsberater und -beraterinnen für Filme noch rar gesät.

Mit der Einführung der Mindeststandards werde dieser Bedarf jedoch steigen. Die MDM versucht diesem Fachkräftemangel vorzubeugen und fördert eine Ausbildung zum "Green Consultant" für Personen aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen bis zu 100 Prozent. Interessierte sollten sich gut in der Branche auskennen und Erfahrungen aus der Filmproduktion mitbringen. 

Es gibt schon so lange Firmen, die Nachhaltigkeitsberatung für Unternehmen machen. Es wurde nur versucht, den Beruf an die Eigenheit der Branche anzupassen.

Maria Dehmelt, Verantwortliche der Mitteldeutschen Medienförderung für ökologische Mindeststandards

Die Sunday Filmproduktions GmbH aus Halle hat sich auf Nachhaltigkeitsberatung für Filmschaffende spezialisiert. Produzent und "Green Consultant" Thomas Jeschner beobachtet den grünen Wandel in seinem Arbeitsalltag. Manchen falle es noch schwer, Abläufe und Netzwerke nach 30 Jahren in der Branche neu zu denken, jedoch sehe Jeschner vor allem in der jüngeren Generation viel Potenzial an Innovation. "Es wird aber auch Projekte geben, die unsere beratende Tätigkeit in Anspruch nehmen, um für den Abschlussbericht einen Haken dahinter zu machen", befürchtet er. Die Gefahr von Greenwashing schließt er nicht aus.

Nachhaltige Technologien nur selten vorhanden 

Filmschaffende, die sich gewissenhaft an die Standards halten wollen, stoßen in manchen Bereichen noch an ihre Grenzen. Es hänge nach Jeschner zwar stark davon ab, ob es sich bei der Produktion um einen Spielfilm, eine Serie oder einen Animationsfilm handele, jedoch sehe er generell die größten Schwierigkeiten im technischen Bereich. "Die Ressourcen sind in Mitteldeutschland schnell überfragt", führt er aus. Dabei bezieht er sich vor allem auf ökologisch nachhaltige Elektroanschlüsse, mobile Stromversorgung, Licht und Fahrzeuge. Technikverleiher, die über ein Angebot gemäß den Standards verfügen, seien eher an großen Standorten wie Berlin angesiedelt. 

Dreharbeiten der MDR-Produktion “Die Hexen vom Brocken und ihre Mörder” auf Burg Querfurt in Sachsen-Anhalt.
Dreharbeiten der MDR-Produktion "Die Hexen vom Brocken und ihre Mörder" auf Burg Querfurt in Sachsen-Anhalt. Bildrechte: Imago/Star Media

Deswegen befinden sich die ökologischen Mindeststandards noch in Aushandlung und werden auch 2023 dynamisch bleiben. "Es wird immer darum gehen, was möglich ist und Sinn macht", erläutert Thomas Jeschner. Das zeigt sich zum Beispiel an Punkt fünf der Mindeststandards: An Drehorten ohne Netzanschluss setzen Filmcrews üblicherweise Dieselgeneratoren ein. Diese sollen zukünftig Solargeneratoren weichen oder mindestens der klimafreundlicheren Abgasnorm Stage-IIIA entsprechen. Eine Branchenbefragung hatte jedoch ergeben, dass kaum ein technischer Dienstleister über derartige Dieselgeneratoren verfügt. Die Initiative beschloss deswegen, die Maßnahme nur als Soll-Vorgabe, also nicht verpflichtend, beizubehalten. 

Um die Vorgabe verpflichtend einführen zu können, müssten Technikverleiher in nachhaltiges Equipment investieren. "Die haben teilweise einen Lagerbestand im Wert von einer Million Euro, das sie sich bewusst angeschafft haben, weil sie ihre Kunden kennen", erklärt Thomas Jeschner. Für eine Umstellung auf klimafreundliche Technologien müssten sie in Vorleistung gehen, weil sie nur indirekt von geförderten Projekten profitieren, selbst aber keine finanzielle Förderung beantragen können. Deswegen hält Maria Dehmelt mit der Einführung der Mindeststandards auch eine Wirtschaftsförderung für Technikanbieter für notwendig. 

Wirtschaftliche Risiken durch Mindeststandards? 

Besonders in Mitteldeutschland fehle es an Technik gemäß den Mindeststandards. Dies berge nach Dehmelt wirtschaftliche Risiken für die Region: Die Förderinstitute finanzieren Projekte insbesondere mit dem Ziel, dass das Geld wieder in regionale Unternehmen fließt. Dadurch werden sogenannte Regionaleffekte gestärkt. Mit den ökologischen Mindeststandards werden sich Filmschaffende jedoch Drehorte suchen, wo sie diese auch umsetzen können. Fehlt diese Infrastruktur an nachhaltiger Technologie, leidet letztendlich die regionale Wirtschaft darunter. Im Umkehrschluss schafft die Investition in klimafreundliche Technik aber auch einen attraktiven Filmstandort. 

Das Thema Regionaleffekte wirft außerdem das Problem des sogenannten "Fördertourismus" auf. Wenn die MDM zum Beispiel ein Projekt fördert, müssen auch Szenen in der Region gedreht werden, damit sich die Regionaleffekte bemerkbar machen. Die meisten Produktionen erhalten jedoch von mehreren Förderungen eine Finanzierung, müssen in den jeweiligen Regionen drehen und erhöhen dadurch massiv ihre Transporte — und damit auch ihren ökologischen Fußabdruck. Maria Dehmelt spricht sich deswegen für ein Umdenken im Fördersystem aus, um das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich mitzudenken. Trotzdem seien die ökologischen Mindeststandards ein erster wichtiger Schritt in die grüne Richtung. 

Laura Klar studiert den Master Multimedia und Autorschaft in Halle.
Bildrechte: Laura Klar

Über die Autorin Laura Klar studiert den Master "Multimedia und Autorschaft" an der Universität Halle-Wittenberg. Ihren Bachelor in Germanistik und Soziologie schloss sie zuvor in Hamburg ab und zog 2019 nach Leipzig. Nach Praktika im Musikjournalismus war sie als Autorin für die Ahoi, 365fe:male MCs und als Projektleiterin einer Imagekampagne tätig. Neben ihrem Studium arbeitet sie aktuell in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Musiker.

MDR (Lukas Kammer)

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