Corona-Langzeitfolgen "Mein Leben stand still" – wie eine junge Mutter gegen Long Covid kämpft
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13. Dezember 2021, 10:12 Uhr
Nicola Erbert ist verheiratet, hat zwei Kinder und liebt ihren Job. "Ich war es gewohnt, immer einhundert Prozent zu geben", sagt sie. Doch dann kommt Corona – und die Langzeitfolgen ändern alles. Es folgen Monate voller Leid und Traurigkeit. Das ist die Geschichte einer Long-Covid-Patientin.
Langsam wird es besser. Ganz langsam, aber immerhin. "Der innere Ruf nach Ruhepausen ist weniger geworden", sagt Nicola Erbert. "Ich bin nicht mehr so oft erschöpft – und habe endlich wieder einen Grund, optimistisch zu sein nach diesen Monaten mit viel Leid und Traurigkeit."
Nicola Erbert ist 32 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. "Eigentlich", sagt die Sozialarbeiterin aus Frankleben im Saalekreis, "stand ich voll im Leben." Doch dann kam Corona. Sie infizierte sich Ende April. "Das Virus", sagt sie heute, mehr als ein halbes Jahr später, "hat mich nicht umgebracht, aber es hat mein Leben still stehen lassen."
Bereits eine halbe Million Betroffene in Deutschland leiden an den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion. Nicola Erbert ist eine von ihnen. Das ist ihre Geschichte:
Symptome: "Erschöpfung, Luftnot, Herzkreislaufschwäche"
Ihr Mann und die zwei Kinder infizierten sich bereits im Februar 2021 mit dem Coronavirus. Leichte Verläufe, keine Langzeitfolgen. Nicola Erbert blieb komplett verschont. Nach dem Ende der Quarantäne ging ihr Leben ganz normal weiter.
Anfang Mai hatte sie einen Termin zur ersten Corona-Impfung. Doch eine Woche davor infizierte sie sich – in ihrem Job an einer Schule für Kinder mit geistiger und körperlicher Behinderung. Dort gab es mehrere Fälle. Die Einrichtung wurde vorübergehend geschlossen. Auch Erbert begab sich in Quarantäne. Und die Erkrankung nahm ihren Lauf:
Long Covid, wenn die Symptome länger als vier Wochen anhalten, oder Post Covid, wenn die Symptome auch nach drei Monaten nicht verschwunden sind – so werden die Langzeitfolgen von Corona-Erkrankungen genannt. Was dabei genau mit dem Körper passiert? Medizinisch gibt es noch viele Fragezeichen. Studien laufen.
Doch hinter den Begriffen stecken schon lange Einzelschicksale. Menschen, denen es Monate nach der Infektion nicht besser, sondern schlechter geht – und die einfach nicht in den Alltag zurückfinden. So, wie es auch bei Nicola Erbert war:
Belastung für Familienleben: "Ich war nicht mehr dieselbe"
Was fast alle Post-Covid-Patienten gemeinsam haben: Sie klagen über das chronische Fatigue- oder auch Erschöpfungssyndrom (kurz CFS). Bleierne Müdigkeit, Antriebslosigkeit, körperliche Schwäche und Schlafstörungen gehören zu den Symptomen. Mediziner haben dafür einige Hypothesen: Schäden an Nervenbahnen oder Immunsystem oder Durchblutungsstörungen.
Der Auslöser: das Coronavirus. "Das Virus, dem ich ausgeliefert war", wie Nicola Erbert sagt. Ihr Sohn ist zwei Jahre alt, die Tochter 13. Sie war als Mutter gefordert. Nur es ging nicht mehr. Die Familie wollte ein Haus bauen. Daraus wurde nichts. Und manche Situationen werden ihr für immer im Gedächtnis bleiben, sagt Erbert:
Nicht nur das Familienleben war belastet. Nicola Erbert konnte auch nicht mehr arbeiten gehen, obwohl sie wollte. "Ich bin es ja gewohnt, immer 100 Prozent zu geben, in der Familie und im Job", sagt sie. Doch die erste Rückkehr an den Arbeitsplatz verlief für die Sozialarbeiterin enttäuschend:
Leid und Traurigkeit: "Die ganze Situation ging auf die Psyche"
Arztbesuche wurden für Nicola Erbert zur neuen Normalität. Sie war monatelang krank geschrieben. Sie fühlte sich von den Ärzten gut betreut, doch richtig helfen konnte ihr niemand. Das Leben um sie herum ging weiter, nur sie war weiterhin "am Ende meiner Kräfte", wie sie sagt.
Dann Hoffnung: drei Wochen Reha in Bad Sulza. Im Oktober war das. Fünf Monate nach der Corona-Infektion. Es hieß: Atemtherapie, Sporttheraphie, Austausch mit anderen Long-Covid-Patienten. "Die ganze Situation ging auf die Psyche, auch deshalb hat die Reha mir gut getan", sagt Nicola Erbert, denn:
Seit der Reha geht es bei der 32-Jährigen bergauf. Seit Anfang Dezember geht sie wieder arbeiten, erst einmal für ein paar Stunden pro Tag. In der vergangenen Woche hat sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen – trotz Bedenken nach ihren Erfahrungen mit Long Covid:
"Das war meine Geschichte des Jahres 2021", erklärt Nicola Erbert und lächelt gequält. Ein verlorenes Jahr, sagt sie selbst. Long Covid hat es ihr geraubt.
Doch trotzdem: Sie verspürt auch Dankbarkeit, "dass wir in Deutschland leben mit so einem guten Gesundheitssystem", sagt sie. "Das ist ein Luxus, den du nach so einer Geschichte erst richtig zu schätzen weißt."
Und dann sei da noch Vorfreude auf das neue Jahr, Hoffnung auf Normalität – darauf, dass es langsam immer besser wird.
Wo Post-Covid-Patienten in Sachsen-Anhalt geholfen wird
Post-Covid-Patienten haben je nach Symptomen einen unterschiedlichen Rehabilitationsbedarf. Nach vorläufigen Daten der AOK, der größten Krankenkasse Sachsen-Anhalts, sind es überwiegend pulmologische (Lunge), kardiologische (Herz) oder neurologische (Nervensystem) Erkrankungen. "Selten ist ein psychosomatischer Bedarf als sogenannte Hauptdiagnose erkennbar", heißt es.
Reha-Einrichtungen, die auf derartige Indikationen spezialisiert sind, hätten inzwischen den individuellen Therapieplan für Long/Post-Covid-Patienten entsprechend angepasst. Damit seien Rehabilitationseinrichtungen in Sachsen-Anhalt entsprechend ausgerichtet, auch Post-Covid-Patienten zu therapieren.
In Sachsen-Anhalt gibt es drei neurologische (MEDIAN Kliniken in Magdeburg, Flechtingen und Bad Kösen) und zwei pulmologische (Bad Suderode, Flechtingen, außerdem befindet sich Bad Salzelmen im Aufbau) stationäre Rehabilitationsangebote.
Über Daniel George
Daniel George wurde 1992 in Magdeburg geboren. Nach dem Studium Journalistik und Medienmanagement zog es ihn erst nach Dessau und später nach Halle. Dort arbeitete er für die Mitteldeutsche Zeitung.
Vom Internet und den neuen Möglichkeiten darin ist er fasziniert. Deshalb zog es ihn im April 2017 zurück in seine Heimatstadt. Bei MDR SACHSEN-ANHALT arbeitet er seitdem als Sport-, Social-Media- und Politik-Redakteur, immer auf der Suche nach guten Geschichten, immer im Austausch mit unseren Nutzern.
Über Max Schörm
Max Schörm arbeitet seit März 2017 im Online-Team von MDR SACHSEN-ANHALT. Dort produziert er Erklärvideos, -grafiken und -texte. Aber als Social-Media-Redakteur treibt er sich auch in den endlosen Tiefen der Kommentarspalten herum.
Max Schörm ist gebürtiger Heidelberger, in Sandhausen aufgewachsen und hat nach seinem Masterstudium in Hamburg das Redaktionsvolontariat des MDR in Leipzig absolviert. Jetzt lebt er in Sachsen-Anhalt und ist – obwohl er es selbst kaum glauben kann – Wahl-Magdeburger.
MDR (Daniel George)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Dezember 2021 | 12:00 Uhr
Anita L. am 14.12.2021
"Ich habe allerdings auch beobachtet, dass vor Covid-19 die Menschen nach überstandenen Virus-Infektionen sehr allein gelassen wurden in der Diagnostik."
Wie bzw. in welcher Funktion haben Sie diese Beobachtungen gemacht? Um welche Viruserkrankungen handelt es sich dabei?
"Ebenso verhält es sich bei der Problematik, dass kein Mensch weiß, wie oft eine Viruserkrankung oder auch eine Impfung Autoimmunerkrankungen verursachen können, möglicherweise gibt es auch hier geschlechtsspezifische Ausprägungen."
Dazu gibt es Angaben beim RKI, auf den Aufklärungsbögen, auf den Internetseiten von Selbsthilfegruppen für Autoimmunerkrankte. Zum Beispiel hat der Sklerodermie e. V. einen Aufruf zur Teilnahme am Impfregister der DGRh und die Stellungnahme zur Impfempfehlung der Stiko verlinkt.
Jana am 14.12.2021
Ja an einer Covid Erkrankung stirbt man nicht nur, sondern man kann auch nach einer überstandenen Erkrankung noch lange an dieser Krankheit leiden und seinen Alltag nicht auf die Reihe kriegen.
Welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen und Kosten dies neben den persönlichen Problemen mit sich bringt, kann sich jeder gerne selbst vorstellen.
Von daher Leute lasst euch bitte impfen. Das Risiko ohne Impfung schwere Folgen einer eigentlich fast unvermeindlichen Sars-Cov-2 Infektion davon zu tragen , sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Jana am 14.12.2021
@Dermbacherin
Wie immer keine Quellen, keine konkreten Angaben und als Ersatz dafür reichlich dubiose Vermutungen einer Impfgegnerin. Da nutzt auch ihre langschweifige Einleitung nichts, wenn sie am Ende dann zu ihrem üblichen Sums zurück kehren.