Kaufhaus Galeria Karstadt mit alter Fassade.
Das Kaufhaus "Galeria Karstadt" in Magdeburg feiert 50. Jubiläum. Bildrechte: IMAGO/Jürgen Ritter

Insolvenzen im Konzern Karstadt Magdeburg: Unsicherheit zum 50. Geburtstag

Von Max Hensch, MDR SACHSEN-ANHALT

04. Dezember 2023, 18:42 Uhr

Das 50-jährige Jubiläum von "Galeria Karstadt" in Magdeburg steht unter schwierigen Vorzeichen. Die Filialleitung ist überzeugt, dass das Kaufhaus eine Zukunft hat, doch die gerade verkündete Insolvenz der Muttergesellschaft Signa-Holding sorgt für Unsicherheit. Droht nach 50 Jahren bewegter Zeit nun doch der Verkauf? Ein Rückblick auf die Geschichte der Magdeburger Filiale.

  • Das "Centrum Warenhaus" war zu DDR-Zeiten ein Vorzeigeprojekt. Hier gab es begehrte Ware, sehr viel Service und großen Andrang.
  • Mit der Wende und der Übernahme durch Karstadt begann für das Warenhaus eine Zeit voller Krisen, die das Kaufhaus bislang überlebt hat.
  • Durch die Insolvenz der Muttergesellschaft Signa droht nach 50 Jahren nun abermals der Verkauf.

"Hier war ein Ansturm, das kann mich gar nicht mehr vorstellen", sagt Jutta Biesenthal, wenn sie sich an den 3. Dezember 1973 erinnert. Die Tore zum Centrum Warenhaus mussten früher als geplant geöffnet werden – 11 statt 14 Uhr. Grund war der große Andrang in Verbindung mit schlechtem Wetter. Die ersten DDR-Bürger betraten dann ein Prestige-Projekt. Das zweitgrößte Kaufhaus des Staates, das mit seiner ungewohnten Größe und Vielfalt überzeugen wollte. Hochrangige DDR-Funktionäre waren bei der Eröffnung dabei, später wurden für das Projekt Orden verteilt.

Zwar musste das Kaufhaus schon am Nachmittag wegen eines Stromausfalls geräumt werden. Für Jutta Biesenthal war es dennoch ein ganz besonderer Tag. Die heutige Rentnerin gehörte vor über 50 Jahren zum engsten Kreis des ehemaligen Aufbaustabs für das Kaufhaus, als Auszubildende war sie eine der ersten fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Später wurde Biesenthal Gruppenleiterin, war zunächst für den Geldfluss und später für die Leitung der Damenbekleidung zuständig.

Zu DDR-Zeiten war das Kaufhaus in Magdeburg ein Vorzeigeprojekt

An die großen Renner vergangener Zeiten erinnert sie sich noch gut: "Lizenzplatten. Und auch Baumwollartikel – da kam man in der DDR nicht so leicht ran. 'China-Handtücher' beispielsweise. Und woran ich mich auch noch erinnere, das war natürlich die Bestellung der Farbfernseher." Da mussten auch die knapp 1.200 Angestellten auf die Warteliste. Bei vielen anderen Waren hatten Sie einen heißen Draht. "Wir waren schon privilegiert", schmunzelt Biesenthal.

1.200 Angestellte – bei damals noch deutlich kleinerer Warenfläche – waren nicht die einzige Service-Stärke des Hauses. Es gab einen Hostessendienst, einen Friseur, jeweils ein Restaurant für Angestellte und Kunden, eine Mocca-Bar, Kinderbetreuung, ein Krankenzimmer und sogar einen Pelzkühlraum. Die oberste Etage war damals noch komplett dem Personal vorbehalten.

Wiedervereinigung markiert Umbrüche für das Warenhaus

Besonders in Erinnerung bleibt Biesenthal auch die Wiedervereinigung. Nicht nur, dass plötzlich Ware aus dem Westen die Altbestände zu Ladenhütern und später Ramsch machte: Auch das Umzeichnen von DDR-Mark zur Deutschen Mark war kräftezehrend. "Das haben wir nach der Arbeitszeit gemacht. Manchmal bis in die Nacht hinein, freiwillig. Das war auch normal, wir waren ein tolles Team."

Bitter blieb ihr in Erinnerung, dass einige Ost-Artikel durch die Währungsunion deutlich teurer wurden, weil die Subvention wegfiel: "Ein paar Kinderschuhe hat dann auf einmal 70 statt 20 Mark gekostet." Außerdem hatte Centrum zunächst gar keine Portemonnaies, in die die gesamtdeutschen Scheine zu passen schienen. Die waren nämlich deutlicher größer.

"Centrum Wahrenhaus" wird nach der Wende zu "Karstadt"

1991 wurde das Magdeburger "Centrum" dann von Karstadt geschluckt, das zu diesem Zeitpunkt seine Hoch-Zeit bereits hinter sich hatte. Auf eine Abwärtsspirale mit mehreren Firmen-Fusionen folgte 2009 die große "Karstadt-Insolvenz". 2020 sprang die Bundesregierung ein, um die mittlerweile unter "Galeria" laufenden Filialen zumindest in Teilen zu retten. Seit März 2023 läuft das nächste Sanierungsverfahren, dutzende Warenhäuser werden schließen.

Filiale in Magdeburg überlebte stürmische Zeiten

All das hat die Magdeburger Filiale bislang überlebt. Die aktuelle Filialleiterin, Corinna Pugh-Gehrke, ist seit 2022 im Amt. Sie ist eine Rückkehrerin, arbeitete 1999 bis 2004 bereits in Magdeburg und will nun den Standort retten. Dementsprechend groß wird auch der Filial-Geburtstag aktuell gefeiert – mit Verlosungen, Live-Musik und Plätzchen-Backen für die Magdeburger Tafel.

"Man sieht es Weihnachten sehr gut – bei uns kann man alles dafür kaufen – Deko, Bräter, Kleidung, Lebensmittel. Es gibt auch noch Menschen, die ihre Ware vor dem Kauf mal anfassen möchten. Das ist unsere Chance. Aber auch online können wir hier nachordern."

Sorge um die Zukunft

Fest steht aber auch: Galeria in Magdeburg wird schrumpfen müssen, um Betriebskosten zu sparen. Dazu laufen Gespräche mit weiteren potenziellen Untermietern – auch der Stadt Magdeburg. Problematisch dabei: die Original-Außenfassade aus den 70er-Jahren mit den gewundenen Stabelementen kennt zwar jeder Magdeburger, sie steht aber auch unter Denkmalschutz und blockt Tageslicht für potentielle Büros. Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris ist sich jedoch sicher: hier kann eine Lösung gefunden werden. Sollte die Immobilie an sich zum Verkauf stehen, habe die Stadt zumindest Vorkaufsrecht.

Klar hat dieses Haus seine Hauptzeit schon erlebt. Es braucht Veränderungen. Aber das komplett weg zu rationalisieren halte ich für falsch.

Jutta Biesenthal, ehemalige Angestellte bei Galeria in Magdeburg

Die langjährige Angestellte Jutta Biesenthal meint: "Klar hat dieses Haus seine Hauptzeit schon erlebt. Es braucht Veränderungen. Aber das komplett weg zu rationalisieren halte ich für falsch. Es ist ein Haus, dass in diese Stadt gehört, das letzte in Sachsen-Anhalt. Das würde fehlen. Hier ist alles unter einem Dach und hier gibt es Nischenprodukte, die es selbst in großen Centern nicht gibt."

Galeria-Kaufhaus in Magdeburg droht der Verkauf

Mittlerweile muss sich Galeria aber nicht nur gegen die eigene Insolvenz stemmen. Auch die Insolvenz der Signa-Gruppe, zu der Galeria gehört, könnte einen Verkauf der Kaufhäuser von Galeria Kaufhof Karstadt bedeuten. Im Jahr 2024 könnte es für die Warenhausgruppe demnach erneut sehr eng werden.

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MDR (Max Hensch, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 03. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Micha R am 05.12.2023

@alter Ossi
"Für den Untergang sind für mich nicht die Kunden, die Angestellten oder der Online-Handel verantwortlich, sondern allein die Geschäftsführer..."
Laut einem Tagesschau-Artikel vom 30.11. hat das wohl andere Ursachen!
Demzufolge sind es auch "...die - Experten zufolge ohnehin völlig überzogenen - Mietzahlungen für seine Warenhausimmobilien an die Signa Holding..."
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/galeria-karstadt-kaufhof-signa-pleite-benko-100.html
Wie es nun weitergeht, scheint völlig offen zu sein!
Der Chef einer Handelsberatung wird wie folgt zitiert: "Der Sanierungsplan kann auf der Ertragsseite nicht aufgehen, weil Investitionen ausbleiben... Kaufhäuser hätten zwar eine Chance, doch Galeria habe in der jetzigen Form keine Zukunft. ..."
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/galeria-benko-signa-insolvenz-100.html

alter Ossi am 05.12.2023

Für den Untergang sind für mich nicht die Kunden, die Angestellten oder der Online-Handel verantwortlich, sondern allein die Geschäftsführer, die den Konzern verwalten. Aber die haben ausgesorgt fürs Leben.

rom.1 am 05.12.2023

Mangelndes Interesse der Geschäftsführung, namentlich Herr Benko, sind das tatsächliche Problem des Karstadt-Konzerns...

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