Lehrer Stefan Lenhart zeigt Kunstprojekt
Lehrer Stefan Lenhart zeigt Kunstprojekt der achten Klasse zum Geburtstag des Grundgesetzes Bildrechte: MDR/Tim Magas

75 Jahre Grundgesetz Wie ein Lehrer in Calbe kreativ die Werte des Grundgesetzes vermittelt

23. Mai 2024, 15:44 Uhr

Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat sich Lehrer Stefan Lenhart am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Calbe (Saale) ein großes Projekt überlegt. Er erzählt, wie man das Grundgesetz für die Schülerinnen und Schüler spannend machen kann und wie man den Grundgesetz-Geburtstag ordentlich feiert.

  • Sozialkundelehrer Stefan Lenhart hat sich am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Calbe ein kursübergreifendes Projekt überlegt.
  • Das macht er nicht alleine: Seine Kolleginnen und Kollegen ziehen mit und bringen eigene Ideen für kreativen Unterricht über das Grundgesetz mit.
  • Zum Abschluss veranstaltet die Schule eine Grundgesetz-Party, zu der auch Landtagspräsident Gunnar Schellenberger kommen wird.

Es klingelt zur fünften Stunde am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Calbe, aber Sozialkundelehrer Stefan Lenhart hat gerade keinen Unterricht. Er geht auf den Pausenhof, um sich das neueste Kunstprojekt der achten Klassen anzusehen. An den Glaswänden des Schulhauses stehen schon neun der 19 Artikel des Grundgesetzes in großen Buchstaben geschrieben. Stefan Lenhart ist sichtlich stolz auf seine Schüler und darauf, was sie aus seiner Idee alles geschaffen haben.

Die Idee kam ihm beim Spazieren mit seinem Hund. Stefan Lenhart hat dabei die Nachrichten gelesen, so wie er es immer tut, um seinen Schülern aktuelle Fragen beantworten zu können. Dabei fand er einen Artikel darüber, dass in Nordrhein-Westfalen Grundgesetze an alle Schüler verteilt werden sollen. "Und da Sachsen-Anhalt so eine Aktion nicht gestartet hat, dachte ich mir, die können wir einfach alleine starten", so Lenhart.

Er erinnert sich noch genau, wie das Grundgesetz zu seiner Schulzeit vermittelt wurde: "Ich war hier auch Schüler. Damals mussten wir das Grundgesetz wirklich durchkauen. Jedes einzelne Wort interpretieren. Ganz ehrlich: Wen interessiert es? Es geht darum, was sagt das Grundgesetz eigentlich aus?" Stefan Lenhart hat es sich zur Mission gemacht, den Unterricht über das Grundgesetz spannender zu gestalten.

Von der Idee zur Praxis – so kreativ kann Unterricht sein

Gesagt, getan. Stefan Lenhart machte mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus der Idee ein kursübergreifendes Projekt in den Klassenstufen neun bis elf. Sie legen großen Wert auf einen praxisnahen und schülerzentrierten Unterricht.

Im Sozialkunde-Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler der elften Klassen eine Laudatio über das Grundgesetz aus der Sicht einer berühmten Persönlichkeit schreiben. Vom Fußballprofi Thomas Müller, über Felix Lobrecht bis hin zu Aristoteles ist hier alles dabei. So lernen sie nicht nur das Grundgesetz auswendig, wie ihre Lehrer früher, sondern lernen es zu verstehen und sich kreativ damit auseinanderzusetzen.

Auch im Kunstkurs findet das Grundgesetz Platz. Hier malen die Schülerinnen und Schüler die Artikel auf die Glaswände des Schulgebäudes. Stefan Lenhart bewundert, mit wie viel Präzision die Achtklässler ans Werk gehen.

Schriftzug "Auszüge aus dem Grungesetz" auf Glastür
Das Kunstprojekt der achten Klasse an der Glaswand der Schule mit Artikeln des Grundgesetzes. Bildrechte: MDR/Tim Magas

Evany Huckenbeck ist ebenfalls Lehrerin am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Calbe. Sie hat ihr Referendariat in der vorigen Woche beendet und unterrichtet die 10. Klasse in Sozialkunde. In ihrem Kurs arbeiten die Schülerinnen und Schüler an Karikaturen zum Thema nachhaltige Mode. Auch hier konnten sie das Grundgesetz einbringen. In Gruppen diskutierten sie, welche Artikel sie einbeziehen möchten. Eine Gruppe zeichnete eine Näherin, die den ganzen Tag für wenig Geld schuftet. Ihr gegenüber zeichneten sie eine Influencerin, die Billigkleidung bewirbt.

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Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Den Schülerinnen und Schülern ist es wichtig, dass das Thema Nachhaltigkeit in das Grundgesetz aufgenommen wird: "Vielleicht könnte man gucken, dass man länderübergreifend Kompromisse im Grundgesetz verankern kann und so die Produktion (von Fast Fashion) verbessern oder zurückschrauben kann", sagt Schüler Niklas Wolter.

Lehrerin Evany Huckenbeck mit Schülern
Lehrerin Evany Huckenbeck mit ihren Schülern im Unterricht. Bildrechte: MDR/Tim Magas

Der krönende Abschluss: eine große Grungesetz-Fete!

Als Abschluss des Projekts sollen natürlich Grundgesetze an die Schülerinnen und Schüler verteilt werden. Dazu veranstaltet die Schule ein Fest auf dem Pausenhof. Es wird Brause in den Farben Schwarz, Rot und Gold geben (Cola, Himbeer- und Orangenbrause) und ein Bäcker steuert der Schule Brezeln bei. Dann werden die Grundgesetze von Landtagspräsident Gunnar Schellenberger ausgegeben. Der perfekte Abschluss für das Grundgesetzprojekt von Stefan Lenhart.

Er wünscht sich, dass diese Aktion Anklang in der Politik findet und noch mehr Grundgesetze an Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt und Deutschland verteilt werden. Er sagt: "In der Verfassung ist alles drin, was unser Leben beinhaltet. Das Tolle am Grundgesetz ist, dass es so allgemeingültig und selbstverständlich ist. Dass so viele Aspekte hier drinstehen, die für alle völlig normal sind. Andersherum muss man sagen, dass diese Selbstverständlichkeit auch dazu führt, dass man sich mit dem Grundgesetz fortlaufend auseinandersetzen muss" – so wie es die Schülerinnen und Schüler in Calbe in den vergangenen Wochen getan haben.

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MDR (Lonny Kirchner und Tim Magas)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Mai 2024 | 05:40 Uhr

8 Kommentare

Tom0815 vor 3 Wochen

@Nudel81
Zum Beispiel bei Wikipedia können Sie hierzu nachlesen:
"Während die Verhandlungen über den Einigungsvertrag (EV) liefen, entbrannten unter Verfassungsrechtlern sowie in der Öffentlichkeit der beiden damaligen deutschen Staaten heftige Diskussionen über den besseren Weg: einen Beitritt nach Artikel 23 Satz 2 GG oder eine staatliche Neukonstituierung nach Art. 146 GG.[10][11][12][13] Im August 1990 votierte die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) für den Beitritt nach Art. 23 GG..."

Was Sie schreiben stimmt so also nicht. Es gab zwei MÖGLICHKEITEN und man hat sich für eine davon entschieden. Also wenn wir über Gesetze sprechen (und ich bin kein Jurist) ist schon etwas Genauigkeit empfehlenswert. Gerade in Gesetzen sind eben keine Wunschlisten.

Nudel81 vor 3 Wochen

Die wahre Geschichte und dazu steht im Grundgesetz. Daß im Falle der Vereinigung von Deutschland ein neues gesamt deutsches Grundgesetz gegeben wird. Vielleicht auch erwähnen das diesen Artikel man seitens Westen unter den Tisch fallen lassen. Damit hat man von Anfang an den Ostdeutschen herabgesetzt. Bis heute kommt aus den alten Bundesländern der Vorwurf die Ossis seien nicht Demokratiefähig.

kleinerfrontkaempfer vor 3 Wochen

"Alles drin was unser Leben beinhaltet". =>
Z.B. das Recht auf Arbeit. Denn ohne die, ohne den Verkauf der Arbeitskraft ist alles nix in diesem System, im Leben.

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