Landwirte unter Druck Bauern unter Druck: Psychische Probleme nehmen zu
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13. Mai 2024, 18:37 Uhr
Hohe Kosten, schlechte Preise, schwindende Subventionen, zu viel Bürokratie: Viele Bauern sind am Limit. Das verursacht auch psychische Probleme. MDR exactly hat mit Bauern aus Mitteldeutschland über die Probleme gesprochen. Mit dabei Farmfluencer Michel Allmrodt aus Schönwalde. Der ist schockiert über das Ausmaß des Problems.
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- Der Landwirt Michel Allmrodt aus der Altmark klärt auf Instagram über Landwirtschaft auf und geht dabei auf Probleme ein.
- Viele Landwirte leiden inzwischen unter psychischem Druck. Dafür gibt es Hilfsangebote.
- Allmordt will trotz der Probleme weitermachen als Landwirt und die Menschen für das Thema begeistern. Die gesamte Reportage gibt es als exactly-Film.
Michel Allmrodt steht auf seinem Feld und filmt eine Rapspflanze. Hier in Schönwalde in der Altmark bewirtschaftet der unter dem Namen "instaerchel" auch als Farmfluencer bekannte Bauer über 600 Hektar Ackerfläche – und berichtet auf Instagram über das Leben als Landwirt. Gerade spricht er darüber, warum er seine Rapspflanzen vor Insekten schützen muss und zeigt seinen Followern die Schäden, die etwa durch den Rüssler entstanden sind.
Doch Allmrodt spricht nicht nur über die handwerklichen Seiten des Landlebens. Er äußert sich auch über Probleme in der Landwirtschaft. Dazu gehört die hohe Belastung, der sich viele Bauern ausgesetzt sehen. So nahm der Farmfluencer seine Follower unter anderem mit zu den sogennanten "Bauernprotesten" nach Berlin.
Viele Landwirte leiden unter psychischem Druck
In den vergangenen Wochen haben viele Landwirte mit Traktor-Konvois und Straßenblockaden in ganz Deutschland demonstriert. Die Kritik: hohe Kosten, schlechte Erzeugerpreise und viel Bürokratie. Das hat nicht nur finanzielle Folgen. Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigt: Der psychische Druck in der Landwirtschaft ist hoch.
"Das Thema ist sehr groß", weiß auch Farmfluencer Michel Allmrodt. Vor einigen Wochen hat Michel extra für die MDR-Reportage "exactly: Erschöpft und frustriert – Bauern am Limit?" eine Umfrage unter seinen Followern zu dem Thema gestartet. 900 Antworten gab es. Das Ergebnis: 27 Prozent hat eigene Erfahrungen mit starker psychischer Belastung gemacht, 37 Prozent im Freundeskreis. "Das sind irre Zahlen. Das hätte ich so hoch auch nicht eingeschätzt", meint Allmrodt.
Das sind laut einer Krisenhotline häufige Probleme
Carola Benn arbeitet bei einer Krisenhotline der Krankenversicherung SVLFG für die Grünen Berufe in Deutschland. Sie kennt viele Themen, mit denen sich Landwirte melden: "Im Prinzip das ganze Spektrum an sogenannten Überlastungssymptomen. Das heißt Dauererschöpfung, Schlafstörungen, fehlende Konzentration, aber auch Antriebs- und Lustlosigkeit, was eine Spätfolge von dieser Überlastung ist. Es geht bis hin zu Situationen, wo schon Lebensmüdigkeit vorhanden ist. Und ich würde prinzipiell sagen: Ein Gefühl der Überforderung und Ausweglosigkeit ist häufig vorherrschend, was eben auch den Landwirtinnen Sorgen und auch Angst machen kann."
"Dieser Hof ist dein Leben"
Michel Allmroth ist überzeugt, dass die Probleme kleine Betriebe besonders hart treffen. Er meint, dass zusätzlich zum hohen Druck insgesamt noch eine höhere persönliche Verbundenheit und Belastung mit den Betrieben zum Tragen kommt.
"Wenn du dann die Generation bist, die den Hof aufgeben oder zumachen musst, dann macht das mental was mit dir. Das heißt, dieser Hof ist nicht nur deine Arbeit, sondern das ist dein Leben", meint Allmrodt.
Er selbst sei auch nicht direkt von psychsichen Problemen betroffen, erzählt er. Aber seine Eltern hätten eine schwierige Phase durchgemacht und 2019 das Milchvieh zur Entlastung verkauft. Aufgeben kommt für Allmrodt, wie für viele andere, nicht in Frage. Er will weitermachen und die Menschen auch über seinen Instagramaccount für die Landwirtschaft begeistern und aufklären.
Hilfe bei psychischer Belastung
Wenn Sie psychologische Unterstützung brauchen, gibt es kostenfreie Hilfsangebote. Eine Anlaufstelle ist die Telefonseelsorge: 0800 – 111 0 111
Eine andere Anlaufstelle ist die Krisenhotline der SVLFG:
0561 785-10101
"Exactly"-Reportage zum Thema ab 13. Mai in der Mediathek
Dass Landwirtschaft für die meisten Landwirte mehr ist, als nur ein Job, zeigte sich auch bei den Gesprächen mit zahlreichen Landwirten aus Ostdeutschland für die MDR-exactly-Reportage. Trotz der Probleme und des als hoch empfundenen Drucks wollen die meisten weitermachen. Sie kämpfen sich durch die schwierigen Zeiten und suchen nach Lösungen.
Den gesamten Film zu dem Thema gibt es ab dem 13. Mai in der ARD-Mediathek, auf dem Youtube-Kanal von "MDR Investigativ" und am 15. Mai um 20.15 auch um MDR-Fernsehen.
MDR (Leonard Schubert, David Straub)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 15. Mai 2024 | 20:15 Uhr
pwsksk vor 30 Wochen
In Brüssel wurde gerade etwas von dieser Zwangsregulierung gekippt. Auch Özdemir war dafür.
Also haben sich die Gespräche der Bauern mit ihm gelohnt.
Ist also ein Anfang für Vernunft und Realität. Obwohl ich absolut kein Grüner bin.
nilux vor 30 Wochen
In diesem Land werden Menschen die sich anstrengen nicht belohnt. Körperliche Arbeit wird nahezu geächtet.
Es ist eine extrem problematische, gesellschaftliche Blockade an der wir noch lange wirtschaftlich leiden werden.
Georg11 vor 30 Wochen
Bürokratieabbau wird nicht gelingen: Warum:
- Es fehlt in der Politik an Expertise
- Es besteht eine Grundhaltung, Dinge über neue Gesetze und Regelungen zu steuern
- Hinzukommt, dass immer zu neue Regeln erfunden werden, ohne diese ordentlich mit bereits bestehenden Regeln abzugleichen oder dass dann bestehende Regeln ersetzt oder abgeschafft werden; dies wäre zu komplex, dann wären wir wieder bei der mangelnden Expertise
- Die Anzahl an „Profiteuren“ von Bürokratie (Experten (vermeintliche), Evaluierer, Überwacher) ist enorm
Wie anders will man folgendes bewerten:
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/buerokratie-regelungsdichte-zunahme-100.html
Am Stichtag 1. Januar 2014 gab es laut Bundesregierung 2.720 bundesrechtliche Verordnungen mit 38.192 Einzelnormen. Zehn Jahre später bestanden die zum Stichtag 1. Januar geltenden 2.854 Rechtsverordnungen des Bundes aus 44.272 Einzelnormen.