Altmarkkreis Salzwedel Warum Fahrgäste auf das Busunternehmen PVGS wütend sind
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19. Juli 2023, 10:47 Uhr
Eigentlich gilt der Altmarkkreis Salzwedel als ein Positivbeispiel, da dort in der ländlichen Region regelmäßig Busse fahren. Das Angebot nimmt Eva Stützel mit Blick auf den Klimaschutz regelmäßig wahr. Doch mittlerweile ist sie entsetzt und äußert Kritik am Unternehmen. Sie ist zugleich Sprecherin des Verkehrsclub Deutschland, Altmark West und sagt, sie sei mit ihrer Kritik nicht die Einzige. Das ist der Grund dafür.
- Fahrgäste im Altmarkkreis fühlen sich vom Busunternehmen PVGS schikaniert
- Die Frage: Ist die 3-Euro-Gepäckkarte für Laptoptaschen und Tagesrucksäcke gerechtfertigt?
- PVGS-Tarifbestimmungen für Reisegepäck sollen geschärft, aber nicht verschärft werden
Möglichst das Auto stehen lassen und dafür den öffentlichen Nahverkehr nutzen. In der Stadt ist das recht einfach, in ländlichen Gebieten schwieriger. Der Altmarkkreis Salzwedel gilt bislang als ÖPNV-Positivbeispiel für den ländlichen Raum, denn selbst die kleinsten Dörfer werden regelmäßig von den Bussen der Personenverkehrsgesellschaft Altmarkkreis Salzwedel mbH (PVGS) angefahren. Auch Eva Stützel nutzt die Busse der PVGS als bewusste Entscheidung für mehr Klimaschutz. Doch nun ist sie stinksauer und wirft dem Busunternehmen vor, das Unternehmen schikaniere seine Fahrgäste.
"Wir haben in der Altmark einen super Nahverkehr"
Eva Stützel ist abfahrbereit. Mit Tagesrucksack und Laptoptasche wartet sie an der Bushaltestelle des Ökodorf Sieben Linden auf den nächsten Bus der Linie 300 nach Wolfsburg zum Bahnhof, der zweistündlich auch das entlegene Ökodorf ansteuert. "Wir haben in der Altmark einen super Nahverkehr. Wo hat man das sonst schon in einer so dünn besiedelten Gegend. Bislang war ich darauf sehr stolz", sagt Eva Stützel, die zugleich Sprecherin des Verkehrsclub Deutschland, Altmark West, ist.
Eva Stützel: Entsetzen statt Stolz
Jetzt ist sie nicht mehr stolz, sondern entsetzt. "Die PVGS schikaniert ihre Fahrgäste", so lautet Stützels Vorwurf. Der Grund für ihren Unmut: Entgegen der Tarifbestimmungen, die Handgepäck bis 50 Kilogramm zuließen, forderten Busfahrer in letzter Zeit wiederholt 3-Euro-Gepäckkarten für Taschen und Tagesrucksäcke von Fahrgästen wie ihr. Damit aber Menschen den Nahverkehr nutzen, müssen Fahrpreise günstig sein, das zeigten Initiativen wie das 49-Euro-Ticket. Für die Sieben Lindenerin passt es daher nicht damit zusammen, die Gepäckmitnahme im Bus nun sogar noch zu verteuern? Denn genau diese Antwort erhielt sie, nachdem Sie sich bei der PVGS über die 3-Euro-Gepäckkarte beschwert hatte.
Auszug aus den Tarifbestimmungen der PVGS
"Die Beförderung von leicht tragbaren Gegenständen (Handgepäck bis höchstens 50 kg) ist unentgeltlich, wenn es sich zur Unterbringung im Fahrzeug eignet und ausreichender Platz vorhanden ist. (...) Für die Beförderung unbegleiteter Sachen (Bus-Kurierdienst) wird folgendes Entgelt erhoben: Je Stück bis zu 20 kg = 3,00 Euro (In Ausnahmefällen bis zu 50 kg.)"
Das bedeutet konkret, die Mitnahme von Gegenständen durch den Fahrgast kann entgeltfrei oder entgeltpflichtig sein. So besteht auch bei einem Handgepäck mit einem Gewicht von weniger als 50 kg im Einzelfall eine Entgeltpflicht, dies ergibt sich aus der Formulierung "Handgepäck bis höchstens 50 kg". Der einzelne Fahrer habe also einen Ermessensspielraum, wobei Richtschnur der Platzbedarf sei.
Eva Stützel war nicht die Einzige, die die neuerlichen 3-Euro-Gebühren für Handgepäck monierte. Ins Ökodorf Sieben Linden kommen jährlich bis zu 10.000 Tages- und Übernachtungsgäste. Die Ökodörfler halten ihre Besucher dazu an, für die An- und Abreise möglichst den ÖPNV zu nutzen und so CO2 zu sparen. Deswegen sitzen in den Bussen ins und aus dem Ökodorf oft Menschen mit Reisegepäck, was für die altmärkischen Busse ansonsten eher unüblich ist. "In einem leeren Bus Geld zu nehmen, nur weil Leute Gepäck dabeihaben, was sie zuvor in ihrer Heimatstadt und in der Bahn selbstverständlich umsonst mitnehmen konnten, was macht das für ein Image von der PVGS? Diese Fahrgastunfreundlichkeit ist eine echte Katastrophe", ärgert sich Eva Stützel.
Altmarkkreis Salzwedel widerspricht den Vorwürfen
Nun kümmert sich von Seiten des Altmarkkreises Inga Otte-Sonnenschein, Leiterin des Amtes für Kreisentwicklung, um das Problem. Auf den Kreis hatte auch der Betreiber PVGS auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT verwiesen. Inga Otte-Sonnenschein vom Altmarkkreis sagt: "Es ist weder ein Ansinnen der PVGS noch des Altmarkkreises Salzwedel, Fahrgäste, insbesondere durch die Erhebung eines Entgeltes für Gepäckstücke, zu schikanieren. Sollte der Eindruck in Einzelfällen entstanden sein, bedauere ich dies sehr. Allerdings darf hier nicht verkannt werden, dass, wo Menschen arbeiten, natürlich auch gelegentlich Fehler passieren." Der Altmarkkreis habe mit einzelnen Fahrern gesprochen und will auch noch mehr tun. Dennoch läge die letztliche Entscheidung über die Gepäckstück-Gebühr laut Tarifbestimmungen im Ermessen der Busfahrer. Sei der Bus zum Beispiel voll oder das Gepäckstück sehr sperrig, könnten die Busfahrer dafür Gepäckkarten verlangen, auch wenn das Gewicht die 50-Kilogramm-Marke nicht übersteige.
Schärfen, aber nicht verschärfen
Inga Otte-Sonnenschein gesteht aber auch ein: "Zugegebenermaßen ist die bestehende Regelung nicht eindeutig." Deswegen plant der Altmarkkreis gemeinsam mit der PVGS die Tarifbestimmungen zu schärfen, nicht aber zu verschärfen. Sie sollen für ÖPNV-Nutzer im Altmarkkreis also nicht schlechter werden, sondern lediglich präzisiert und damit eindeutiger für Fahrer und Fahrgäste. Als Sprecherin des Verkehrsclub Deutschland, Altmark West, will Eva Stützel an dem Thema dranbleiben und hofft, auch in Zukunft weiter gerne die Busse der PVGS zu nutzen – auch wenn sie Gepäck dabei hat.
MDR (Carina Emig, Johanna Daher)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Juli 2023 | 06:30 Uhr
Ein Dorfjunge am 20.07.2023
Bei mehr Koffern oder was auch immer was immer (einige transportieren ja auch gerne mal den ganzen Hausstand) kostet es nur nicht zusätzlich, weil der gesunde Menschenverstand jeden Zugbegleiter, Busfahrer oder wem auch immer davon abhält die entsprechenden Beförderungsbedingungen durchzusetzen. Oft kann es zudem auch gar nicht kontrolliert werden.
Bei der DB heißt es dazu:
"Neben Ihrem Handgepäck dürfen Sie ein weiteres größeres Gepäckstück oder einen weiteren Gegenstand kostenlos mitführen, sofern diese sogenannte Traglast von einer Person allein getragen werden kann. "
Ähnlich lauten die Bedingungen auch bei anderen Verkehrsunternehmen.
Alles was ich ganz normal tragen oder bewegen kann, ist kostenfrei, alles darüber müsste theoretisch bezahlt werden.
Etwas anderes geben die Bedingungen der PVGS auch nicht her und deshalb haben die Busfahrer auch keinen Ermäßensspielraum bei einfachen Handgepäck, Rucksack oder einem Koffer, das darf kostenfrei mitgeführt werden.
Reuter4774 am 19.07.2023
Sie widersprechen sich selbst. In Ihrem vorherigen Kommentar schreiben Sie das Gegenteil von diesem. Das es nämlich nicht um ( mehrere) Koffer geht sondern ums übliche Handgepäck. ( sie wollten einfach doppelt kommentieren oder hatten den vorherigen Kommentar schon verdrängt? )
Harka2 am 19.07.2023
Das stimmt nicht. Immerr wieder reisen Personen auch mit mehreren Koffern und das kostet nie etwas bei Bus oder Bahn.
Und wenn kein Platz ist, dann ist das so wie wenn 10 Kinderwagen rein sollen: wenn voll dann voll.