Landtag berät über Vermisstenfall Mutter der vermissten Inga: "Ich wünsche mir Aufklärung – das ist das Allerwichtigste"
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10. März 2023, 11:12 Uhr
Fast acht Jahre ist es her, dass die damals fünf Jahre alte Inga aus Schönebeck spurlos verschwand. Eine heiße Spur gibt es bis heute nicht. Am Donnerstag hat sich der Innenausschuss des Landtags mit dem Fall befasst, auch wegen möglicher Pannen in den Ermittlungen. Ingas Mutter hofft, dass der Fall komplett neu aufgerollt wird.
- Mutter und Anwältin der seit 2015 vermissten Inga aus Schönebeck hoffen auf komplett neue Ermittlungen in dem Vermisstenfall.
- Am Donnerstag hat der Innenausschuss des Landtags über den Fall beraten – auch wegen neuer Vorwürfe über mögliche Versäumnisse in den Ermittlungen.
- Das damals fünf Jahre alte Mädchen war im Mai 2015 verschwunden. Im Jahr 2019 wurden die Ermittlungen in dem Fall eingestellt.
Knapp acht Jahre nach dem Verschwinden von Inga aus Schönebeck hat sich die Mutter der damals Fünfjährigen für neue umfassende Ermittlungen der Polizei ausgesprochen. Victoria Gehricke sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwoch, die bisherigen Ermittlungen böten noch ausreichend Ansatzpunkte, um "völlig neu" auf den Fall gucken zu können. Als Beispiel nannte sie die erneute Befragung von Zeugen rund um den Wilhelmshof bei Uchtspringe im Landkreis Stendal. Dort war das Mädchen Anfang Mai 2015 spurlos verschwunden.
Victoria Gehricke hofft auf neue Ermittlungsgruppe
Gehricke steckt zudem Hoffnungen in den Innenausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt, der sich am Donnerstag mit dem Vermisstenfall befasst hat: "Meine größte Hoffnung ist, dass untersucht wird, wieso dieser Fall im Sande verlaufen ist", sagte sie. Wichtig sei eine gründliche Untersuchung der bisherigen Ermittlungsarbeit. Gehricke erklärte außerdem, sie wünsche sich, dass sich eine unbelastete Ermittlungsgruppe den Fall Inga komplett neu vornehme und gründlich alles aufrolle. "Dass jede Spur, die in der Akte vorkommt, noch mal geprüft wird." Dabei hoffe sie auch auf moderne Ansätze der Kriminalistik.
Meine größte Hoffnung ist, dass untersucht wird, wieso dieser Fall im Sande verlaufen ist.
Gehricke betonte zudem, sie wolle niemandem Vorwürfe machen, dass das Verschwinden ihrer Tochter bis heute nicht aufgeklärt sei. Allerdings wundere sie schon, dass der Kontakt ihrer Anwältin zu den Ermittlern zuletzt eher schleppend gewesen sei. "Man hat als Betroffene immer Angst, dass es an bestimmten Stellen nicht so gemacht worden ist, wie man das hofft", sagte sie.
Was sie sich wünsche, sei Aufklärung. "Das ist das Allerwichtigste." Das Bedürfnis, aufzuklären, was mit ihrem Kind passiert ist, sei über die Jahre immer größer geworden.
Anwältin: Vermisstenfall an das LKA übergeben
Für eine Überprüfung der polizeilichen Ermittlungen sprach sich auch die Anwältin von Gehricke aus. Die Juristin Petra Küllmei aus Magdeburg sagte MDR SACHSEN-ANHALT, sie hoffe, es werde die Empfehlung geben, einen Untersuchungsausschuss mit Blick auf die Arbeit der Polizei einzurichten. Aus anwaltlicher Sicht hätten sich "Ungereimtheiten" aus der Akte ergeben, die aufgeklärt werden müssten. Küllmei sprach sich zudem dafür aus, dass Cold-Case-Ermittler aus dem Landeskriminalamt den Fall neu aufrollen. Auch sie betonte jedoch, die Ermittler in Stendal hätten viel getan. "Aber über die Zeit – und das ist das Problem – wird man wahrscheinlich auch etwas überdrüssig".
Auch die Staatsanwaltschaft muss sich der Anwältin zufolge unangenehme Fragen stellen lassen. Alle Ermittlungsansätze und Ermittlungsergebnisse seien dort besprochen worden. Wenn es dann beispielsweise keine zweite Zeugenbefragung gegeben habe, sei das eine Anweisung der Staatsanwaltschaft gewesen. "Und wenn von der Staatsanwaltschaft die Akten unvollständig an mich als Anwältin herausgegeben werden, dann ist das auch die Verantwortung der Staatsanwaltschaft und nicht der ermittelnden Polizeibehörde."
Im Innenausschuss sicherte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) am Donnerstag zu, es werde weiter in dem Vermisstenfall ermittelt. "Der Fall Inga wird nicht zu den Akten gelegt", sagte sie. Für die Landespolizei sei die Aufklärung dieses Falles von herausragender Bedeutung. Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft erklärten, es werde nach wie vor allen Hinweisen nachgegangen. Trotz intensiver Ermittlungen sei aber weiter unklar, was genau geschehen ist. So seien etwa rund 2.000 Personenspuren erfasst worden. "Eine so genannte heiße Spur gab es zu keinem Zeitpunkt", sagte Landespolizeidirektor Mario Schwan.
Innenausschuss will über mögliche Versäumnisse beraten
Dass der Innenausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt über den Fall des vermissten Mädchens aus Schönebeck beraten hat, hatten die Fraktionen von SPD und Linken beantragt. Am Vortag der Sitzung hatte die Bild-Zeitung über mögliche Versäumnisse in den Ermittlungen berichtet. Demnach wirft ein Anwalt aus Berlin den Ermittlern vor, Akten verschlampt und Spuren zu einem verurteilten Pädophilen nicht verfolgt zu haben.
Website soll Hinweise bringen Vor wenigen Wochen hatten mehrere Anwälte im Auftrag von Ingas Familie eine Website veröffentlicht, über die Zeugen Hinweise zum Verschwinden des Mädchens einreichen können. Zusammen mit Privatermittlern erhoffen sich die Juristen, noch Zeugen zu finden und neue Ansatzpunkte in dem Vermisstenfall zu bekommen. Die Website ist unter www.inga-suche.de erreichbar.
Die damals fünf Jahre alte Inga aus Schönebeck war am 2. Mai 2015 von einer Familienfeier im Diakoniewerk Wilhelmshof bei Uchtspringe im Landkreis Stendal verschwunden. Dort sollte ein Grillfest mit mehreren befreundeten Familien stattfinden. Inga hatte am Waldrand gespielt, dann verloren die anderen sie aus den Augen. Auch Ingas Mutter berichtete MDR SACHSEN-ANHALT jetzt, sie habe ihre Tochter beim Vorbereiten des Essens noch aus der Küche gesehen. "Ich habe sie gesehen, gesehen, wo sie hingelaufen ist. Ich habe sie in Sicherheit gewähnt, weil andere erwachsene Personen dabei waren."
Ich habe sie vom Fenster der Küche aus gesehen, habe gesehen, wo sie hingelaufen ist. Ich habe sie in Sicherheit gewähnt, weil andere erwachsene Personen dabei waren.
Eine große Suchaktion der rasch verständigten Polizei blieb dennoch ohne Erfolg. Beamte hatten nach Aussagen der Mutter zeitnah und bis zum Einbruch der Dunkelheit im Wald nach dem Mädchen gesucht. "Ich hatte einen guten Eindruck, dass alles Erdenkliche getan wird, um mein Kind zu finden", sagte ihre Mutter jetzt.
Fall Inga 2019 offiziell eingestellt
Die Ermittlungen in dem Fall wurden 2019 offiziell eingestellt. Nachdem ein Berliner Rechtsanwalt eigene Ermittlungen in dem Fall angestellt hatte, landete das Thema jetzt auf der Tagesordnung des Landtags-Innenausschusses.
MDR (Lars Frohmüller, Mario Köhne, Marcel Knop-Schieback, Luca Deutschländer) | Erstmals veröffentlicht am 09.03.2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 09. März 2023 | 19:00 Uhr
Reuter4774 am 10.03.2023
Goldlöckchen
Laien, die von dem jeweiligen Beruf null Ahnung haben, sollten nicht so voreilig duxxe Aussagen treffen. Das der Mdr das ungeprüft durchlässt? Immerhin ist das ja offensichtlich keine Polizistin bzw in dem Bereich Arbeitende.
Reuter4774 am 10.03.2023
Es ist verständlich, dass die Familie endgültige Gewissheit braucht. Und es ist menschlich, Schuldige zu suchen. Das hilft allerdings nicht weiter und bringt die Tochter nicht zurück. Es wurde sofort intensiv gesucht und schon da nichts gefunden im Umkreis. Es ist fast aussichtslos menschliche Überreste nach so vielen Jahren wer weiß wo zu finden. Die Ermittler haben sicherlich alles getan.
Hallo am 09.03.2023
Woran machen Sie das fest? Welche konkreten Vorwürfe machen Sie den Ermittlern? Kennen Sie die Ermittlungsakten?
Solche Einschätzungen sind einfach unqualifiziert!
Nichts wissen aber Vorwürfe machen.