Notruf Zentrale Polizeidirektion Goerlitz Führungs, Disponent bei der Arbeit
Wer in den Landkreisen Bautzen oder Görlitz die 110 wählt, landet im Führungs- und Lagezentrum Görlitz. Bildrechte: Polizeidirektion Görlitz

Blick hinter die Kulissen Polizeidirektion Görlitz warnt vor Missbrauch: Scherzanrufe belasten Notrufnummer

12. März 2024, 06:00 Uhr

Im Lagezentrum der Polizeidirektion Görlitz klingeln die Telefone vormittags fast im Minutentakt. Wenn jemand aus den Landkreisen Bautzen oder Görlitz die 110 wählt - kommt er oder sie hier raus. Doch nicht immer handelt es sich dabei um einen echten Notruf. Einige missbrauchen die Notrufnummer als Kummerkasten oder erlauben sich böse Scherze mit ernsten Konsequenzen.

Statistisch gesehen ist jeder fünfte Anruf bei der 110 kein Notfall. Das teilte Anja Leuschner von der Polizeidirektion Görlitz mit. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr fast 46.000 Anrufe im Lagezentrum der Polizeidirektion Görlitz ein, so die Polizeisprecherin.

Jeder Notruf ist anders. Geht es um Menschenleben, zählt jede Minute. Von Mord bis zur Gefahrenabwehr sei alles vertreten: Vermisstenfälle, Unfälle mit und ohne Personenschäden, Einbrüche und Überfälle, Sexualstraftaten oder Betrugsfälle, Betäubungsmitteldelikte und Fahndungen. Doch manchmal rufen Leute auch an, weil sie mit bestimmten Situationen überfordert sind, weiß Polizeikommissar Lars Wiesner. Er nimmt die Telefonate im Lagezentrum entgegen.

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Falsche Notrufe gefährden Menschenleben

Ein Problem sind jedoch sogenannte Spaßanrufe. Im vergangenen Jahr waren es laut Polizeidirektion Görlitz 60 solcher Fälle. Die Polizei findet solche Anrufe alles andere als witzig. Sie verschwenden Zeit, Ressourcen, blockieren die Leitungen für wirkliche Notsituationen und gefährden dadurch möglicherweise Menschenleben.

Einige der vermeintlichen Scherze sind nicht sofort als solche zu erkennen und führen gelegentlich zu Einsätzen. Polizeisprecherin Anja Leuschner nennt ein Beispiel: "Da gab es einen Anruf, da hieß es: 'Die Halle brennt. Hier sind noch Leute drin.' Dann fahren wir dorthin mit allem, was wir haben, auch mit Feuerwehr, und dann kommen wir dorthin und da ist nichts."


Auch diese Anrufe sind schon bei der Polizeidirektion Görlitz eingegangen: "Meine Freundin denkt, dass ich sie verwanzt habe. Können Sie ihr bitte mitteilen, dass das nicht stimmt?"

"Ich war heute in den Pilzen. Dort gibt es nichts Neues."

"Ich habe Stress mit meiner Ex, die schickt mir die ganze Zeit Nachrichten. Was kann ich denn da machen?"

"Ich habe eine Vorladung erhalten, ich brauche die Polizei, um das Dokument zu bestätigen. Können Sie gleich vorbeikommen?"

"Hallo. Ich rufe an, weil meine Frau heimlich die Pille abgesetzt hat und nun schwanger ist. Aber ich wollte gar kein Kind und sie schiebt mir das jetzt unter. Was soll ich denn jetzt machen?"

Notrufnummer rund um die Uhr besetzt

Im Führungs- und Lagezentrum der Polizeidirektion Görlitz nimmt die Polizei Anrufe rund um die Uhr entgegen. Die sieben Arbeitsplätze sind ausgestattet mit mehreren Monitoren, einem Headset, einem bedienbaren Touchscreen und einem Fußtaster unter dem Tisch, mit dessen Hilfe Telefonate angenommen werden können. Für den Fall, dass die Technik mal streikt, stehen außerdem zwei zusätzliche Telefone am Arbeitsplatz.

Doch wer zum Hörer greift, sollte genau überlegen, ob es sich tatsächlich um einen Notfall handelt, so die Polizeidirektion. Für nicht dringliche Angelegenheiten seien Online-Anzeigen die bessere Alternative oder der Anruf beim Polizeirevier um die Ecke.

Wann die Notrufnummer wählen?

Ob Notfall oder nicht, ist oft an das subjektive Empfinden eines Anrufers gekoppelt, weiß Polizeisprecherin Anja Leuschner. Der Polizeidirektion Görlitz zufolge helfen folgende Fragen dabei, die richtige Entscheidung zu treffen:

  • Gibt es eine Straftat oder Gefahrensituation, bei der ich Opfer geworden bin?
  • Bin ich Zeuge oder Zeugin eines solchen Vorfalls?
  • Fühle ich mich bedroht?
  • Befindet sich jemand in Not?
  • Habe ich einen Verdacht bezüglich einer Straftat?


Wer diese Fragen mit "Ja" beantworten kann, sollte unbedingt die 110 wählen!

Was tun bei Ruhestörungen und Co?

Bei Ruhestörungen und Parkverstößen ist prinzipiell das Ordnungsamt zuständig. Da dieses aber nicht immer erreichbar ist, können Betroffene im Ausnahmefall auch die Polizei informieren, ermutigt Anja Leuschner. Schreie und ein überquellender Briefkasten können Hinweise auf eine Notsituation sein. "Zögern Sie hier also nicht, Hilfe zu rufen", so die Polizeisprecherin. In weniger dringenden Fällen sei es aber besser, das zuständige Revier unter der Telefonnummer zu kontaktieren. "Diese finden Sie unter dem Stichwort "Polizei" im Telefonbuch oder im Internet.

Wann der Anruf bei der 110 strafbar ist

Wenn absichtlich und wissentlich ein falscher Notruf abgesetzt wird, ist das strafbar - etwa wenn ein Unglücksfall vorgetäuscht wird. Wenn ein Fake-Notruf zu einem Einsatz führt, muss der Anrufer oder die Anruferin in jedem Fall die Kosten für den Einsatz übernehmen. Auch droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Auch vermeintliche Scherze werden zur Anzeige gebracht.

Polizeisprecherin Anja Leuschner sagt: Kontakt zur Notrufzentrale oder dem zuständigen Polizeirevier aufzunehmen, sei besser, als zu spät oder gar nicht zu handeln. Wer beobachtet, dass jemand in Schlangenlinien fährt, sich aggressiv im Straßenverkehr verhält, sollte die 110 wählen. Auch wer sich selbst bedroht fühlt oder eine Straftat beobachtet, sei bei der Notrufnummer richtig.

MDR (kav/jcz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 11. März 2024 | 14:30 Uhr

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