Junghackertag Von wegen Nerds: Chaostreff Chemnitz gibt Starthilfe für Computergenies

16. Oktober 2022, 15:34 Uhr

Dreidimensional Drucken, Roboter bauen, Computer reparieren und programmieren: Warum sollen diese Tätigkeiten Erwachsenen vorbehalten sein? Einmal im Monat machen sich im Chemnitzer Chaostreff Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren als Junghacker ans Werk und nähern sich der Materie unter kundiger Anleitung.

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Bis Ruben Seidel einen Rechner als "reif für die Tonne" bezeichnet, muss schon viel passieren. Dem kleinen weißen Notebook, an welchem er sich gerade ausprobiert, wollten die Computerbegeisterten vom Chemnitzer Chaostreff kein zweites Leben schenken. Zu alt, zu wenig Rechenleistung, sagt Robert Köpferl vom Verein. Doch der elfjährige Ruben sah in dem Gerät noch Potenzial.

"Ich nehme den Laptop aber nur zum Schreiben. Youtube wird darauf zum Krampf, das schafft er nicht", sagt der Schüler und ist dennoch sichtlich stolz darauf, das Gerät am Leben zu halten, daran zu bauen und zu basteln - im Rahmen des Junghackertags des Chemnitzer Vereins Chaostreff.

Kinder schrauben an Computern

Computer und vor allem das Wiederaufbereiten der Geräte, treiben ihn schon lange um, wie er erzählt. "Ich will selbst mit Hand anlegen und mag auch alte PCs und Betriebssysteme", sagt der Junge, der selbst so alt ist wie das Betriebssystem Windows 7. Ruben besucht den Junghackertag des Chemnitzer Chaostreff, der an jedem dritten Sonnabend im Monat einlädt, schon zum dritten Mal. Er ist also von Anfang an dabei.

 Ich will selbst mit Hand anlegen und mag auch alte PCs und Betriebssysteme.

Ruben Seidel Schüler

Was ist der Chemnitzer Chaostreff? Der Chemnitzer Chaostreff ist ein Verein in Chemnitz mit derzeit 21 Mitgliedern. Gemeinsam loten sie technische Grenzen aus, arbeiten alte Computer auf und vergeben diese an Bedürftige, lösen Computerprobleme und programmieren. "Wir sind eine Sammlung technikbegeisterter Menschen, die im intellektuellen Austausch miteinander sind", erklärt Vereinsmitglied Robert Köpferl. Derzeit interessieren sich die Vereinsmitglieder zum Beispiel besonders für Programme, die aus Texten Videos oder Bilder generieren. Sie haben sich aber selbst auch einen Bildungsanspruch auf die Agenda gesetzt, dem sie mit Workshops und dem Junghackertag nachkommen wollen. Zum bekannten Chaos Computer Club gehören sie nicht. "Wir sind mit dem Chaos Computer Club im Geiste verbunden, aber ein eigener Verein", sagt Köpferl. Robert Köpferl, Verein Chaostreff Chemnitz

Viele der Kinder und Jugendlichen ab zehn Jahren, die mit Voranmeldung in die Räume des Vereins kommen, werden von einem konkreten Problem angetrieben. Der 13-Jährige Marvin brachte seinen kaputten Laptop, der immer wieder Überhitzte, mit zum Treff. Schon nach kurzer Zeit lief er wieder.

"Wir haben Wärmeleitpaste genutzt und Linux draufgespielt. Ich hatte mir vorher schon gedacht, dass es vielleicht am Betriebssystem liegen könnte", sagt der Schüler. Im Anschluss probiert er sich an Passwort-Programmen aus. Einen regelmäßigen Besuch kann er sich durchaus vorstellen, wie er sagt.

Nur Jungen hacken? Ein Klischee!

So geht es auch seiner 11-jährigen Schwester Melissa, die gemeinsam mit ihrem Bruder am Samstag erstmals den Junghackertag besuchte. Während der Bruder am Notebook werkelt, sucht sie sich aus dem Internet eine Vorlage für einen Schlüsselanhänger aus dem 3D-Drucker aus.

Während ein kleiner Wolf am Gerät entsteht, überlegt sie schon, was sie als nächstes Ausprobieren möchte. "Ich würde gerne programmieren lernen, am liebsten Spiele", sagt sie. Als Männerdomäne sieht die Gymnasiastin die Computerbranche übrigens nicht. "Das ist ein Klischee, es gibt auch Jungs, die gar nichts am Computer können und Mädchen, die sehr viel drauf haben", sagt sie.

 Irgendwann sollen Lehrer ihre Schüler schicken

Robert Köpferl und seine Kollegen betreuen die anwesenden Kinder, machen ihnen Angebote und helfen, wenn nötig. Er hoffe, dass sich der Junghackertag künftig verstetigen und wachsen werde. "Idealerweise schicken irgendwann Eltern und Lehrer die Kinder zu uns, wenn sie ihnen nicht mehr weiterhelfen können", sagt Köpferl. Im Verein könne man gemeinsam kreative Lösungen finden und Kinder und Jugendliche behutsam an die Materie Computer heranführen, ihnen Möglichkeiten zeigen, in denen sie tätig werden können.

Ruben Seidel zumindest scheint seine Berufung gefunden zu haben. Das Programmieren interessiert ihn weniger, seine Leidenschaft gilt dem Basteln am Gerät. Und dafür hat er im Chaostreff den richtigen Ort gefunden. Der Verein nimmt nämlich alte Computer und Laptops als Spende an, möbelt sie wieder auf und gibt sie an Bedürftige weiter. "Der Ruben hilft uns dabei mit, das ist voll sein Hobby", sagt Robert Köpferl und der Schüler stimmt zu.

Ab 18 Jahren dürfen die Junghacker dann übrigens auch dem Chaostreff beitreten und bei den Erwachsenen mitmischen.

MDR (sho)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Genial digital | 07. Oktober 2022 | 11:20 Uhr

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