Prozessauftakt Chemnitzer JVA-Beamter bestreitet sexuellen Missbrauch einer Gefangenen

04. Mai 2023, 09:36 Uhr

Am Chemnitzer Amtsgericht fand am Mittwoch der Prozessauftakt gegen einen Justizbeamten statt. Ihm wird sexueller Missbrauch einer Gefangenen vorgeworfen. Zwei Zeugen sagten aus, die Gefangene blieb aus gesundheitlichen Gründen fern und der Angeklagte platzte mit seiner Sicht der Dinge heraus.

Am Ende des ersten Verhandlungstages wegen sexuellen Missbrauchs gegen einen JVA-Beamten am Chemnitzer Amtsgericht platzte der Angeklagte fast mit seiner Version der Ereignisse heraus. Er gebe zu, mit der Gefangenen telefonischen und Kontakt über WhatsApp gehabt zu haben. "Und das war auch großer Mist von mir", sagte er. Es habe auch Umarmungen und Küsse gegeben. "Aber alle anderen Vorwürfe bestreite ich", so der Angeklagte nachdrücklich. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-Jährigen vor, während seiner Dienstzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Chemnitz eine Gefangene sexuell missbraucht haben.

Angeklagter: Hat keinen Sex gegeben

An zwei nicht mehr genau bestimmbaren Tagen im März vergangenen Jahres hatte der Angeklagte der Anklage zufolge eine Insassin der Anstalt aufgefordert, ihn zu Reinigungsarbeiten in die Kellerräume zu begleiten. Dort soll er die Frau gezwungen haben, sich auszuziehen. Anschließend habe er mit ihr oralen Geschlechtsverkehr ausgeführt. "Ich war einmal mit ihr in dem Kellerraum", gab der Angeklagte zu, der in der JVA für technische Dinge zuständig war. "Aber sie hat geputzt und ich habe in einer offenen Tür gestanden, damit sie nicht zufällt." Dabei habe ihn auch jemand gesehen. Ein zweites Mal sei er nicht mit der Gefangenen im Keller gewesen. Es habe keinen Sex gegeben.

Gefangene wegen Krankheit nicht bei Gericht

Die Gefangene selbst konnte am Mittwoch nicht vor dem Amtsgericht befragt werden. Sie war kurzfristig erkrankt. Stattdessen wurden zwei JVA-Beamte als Zeugen vernommen, die im April 2022 die Gefangene zuerst zu den Vorkommnissen befragt hatten. Die 35 Jahre alte Frau und der 56 Jahre alte Mann erklärten übereinstimmend, dass es zwei Gespräche mit der Gefangenen gegeben habe. Beim ersten Gespräch habe sie die Telefonate, Whatsapp-Kontakte und Umarmungen beziehungsweise Küsse zugegeben. Erst in dem zweiten Gespräch habe sie über die sexuellen Kontakte gesprochen.

Beide Beamte hatten während dieser Gespräche kein Protokoll geführt, was der Anwalt der Verteidigung als "seltsam" anmerkte. Auch der Richter erkundigte sich, ob dies ein übliches Vorgehen sei. Ebenfalls "bemerkenswert" fand der Verteidiger, dass die Gefangene keinerlei Konsequenzen aus den Vorfällen zu spüren bekam. "Sie blieb weiter im offenen Vollzug und musste keinerlei Vergünstigung abgeben", sagte er. "Im Normalfall werden Gefangene, die eine solche Beziehung hatten, in eine andere Anstalt verlegt."

Gefangene bei Aussage unter Druck gesetzt?

Der Angeklagte wirft dem JVA-Kollegen vor, die Gefangene massiv unter Druck gesetzt zu haben, damit sie vorgibt, eine sexuelle Beziehung mit ihm gehabt zu haben. "Ich habe eine SMS von ihr, in der sie sich sogar dafür bei mir entschuldigt", sagte er. Auch in einer polizeilichen Aussage soll die Gefangene angegeben haben, unter Druck gesetzt worden zu sein. Der Verteidiger hatte vorab die beiden Beamten danach gefragt. Beide gaben an, dass keinerlei Druck auf die Gefangene ausgeübt wurde. "Wir haben versucht, ihr die Angst zu nehmen und ihr sogar psychologische Hilfe angeboten", so die Beamten.

"Mein Mandant steht sehr unter Druck", sagte der Verteidiger nach der Verhandlung. "Es gibt für mich Anhaltspunkte, dass im Hintergrund Intrigen ablaufen." Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist derzeit noch unklar. Der Richter kann den Termin erst festsetzen, wenn klar ist, wann die Gefangene wieder gesund genug ist, um vor Gericht zu erscheinen. Der Angeklagte ist derzeit krankgeschrieben und von seiner Arbeit in der JVA freigestellt.

MDR (ali)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 03. Mai 2023 | 12:30 Uhr

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