Staatsoperette Dresden Kindercasting: Wenn Mama und Papa draußen bleiben müssen

09. Juni 2022, 11:42 Uhr

Weder Catering noch Publikum oder Scheinwerfer, auch kein roter Teppich warteten auf zehn Jungs und ihre Eltern beim Casting für ein Musical. Dafür standen ein Flügel, eine leere Bühne und eine Kamera in der Staatsoperette Dresden bereit.

Vor dem Personaleingang des Kraftwerks Mitte in Dresden stehen Mateo und sein Vater Gabriel Moreno auf dem Treppenabsatz. Musikerinnen mit Cellokästen auf ihren Rücken, Bläser mit schwarzen Instrumentenkoffern und Frauen, die wie Tänzerinnen mehr schweben als gehen, laufen an den beiden vorbei ins Gebäude. Vater und Sohn warten, dass sie für ein Kindercasting abgeholt werden. Die Staatsoperette Dresden sucht Jungen im Alter von acht bis 14 Jahren für eine Rolle in einem Musical. Welches, das verrät das Haus erst Ende Juni bei der großen Programmvorstellung für die neue Spielzeit ab Herbst. Nur so viel: Das Stück soll Ende Januar 2023 Premiere haben.

Zu besetzen ist die Rolle eines frechen, etwas vorlauten, selbstbewussten aber auch sympathischen Jungen.

Staatsoperette aus dem Castingaufruf

Vier bis sechs Jungen gesucht

Mateo ist mittlerweile in der vierten Etage angekommen. Die musikalische Leiterin des Kinderchores der Staatsoperette, Carola Rühle-Keil, begrüßt den Zehnjährigen und nimmt ihn gleich zum Einsingen mit. Ein paar Lockerungs- und Atemübungen, dann singen beide die Tonleiter hinauf und hinunter. Sie lobt: "Schön so, gut."

Sechs Jungs für eine Rolle nötig

Auf der Probebühne 1 nebenan wartet schon der Supervisor Musical Peter Christian Feigel am Konzertflügel. Der Kapellmeister und musikalische Leiter der anstehenden Musicalproduktion sagt: "Wir suchen vier bis sechs Kinder, denn wir wollen das Stück über mehrere Spielzeiten spielen."

Ich mag es, Rollen zu spielen. Texte auswendig zu lernen, finde ich eigentlich nicht schwer.

Mateo Moreno Zehnjähriger aus Dresden

Später erklärt Theaterpädagogin Marie-Claire Nickel, warum mehrere Sänger als feste Besetzung und Springer für diese eine Rolle nötig sind. Es könne ja immer jemand krank werden, ausfallen, vielleicht wieder abspringen oder in den Stimmbruch kommen. Beim Vorsingen und Dialog einer Szene, aber vor allem später auf der Bühne sollten die Jungs keine Angst haben, sich zu präsentieren und sicher die Töne halten können. "Ein Stück müssen sie allein singen, bis das Orchester einsetzt", erklärt Feigel.

Coole Kinder drinnen, aufgeregte Eltern draußen

Um die Bühnenpräsenz seines Sohnes sorgt sich Gabriel Moreno nicht. "Mateo ist eine Rampensau. Er steht gerne auf der Bühne", erzählt der Vater während des Wartens auf dem Gang. Bei der Spielemesse in der Ballsportarena war die Familie auf den Info-Stand der Staatsoperette aufmerksam geworden. Das Casting habe sich der Sohn gewünscht. Sechs Jahre lang tanzte er in Vereinen, war beim Kinderballett, HipHop und hatte in der Schule schon eine Musicalrolle. "Er soll alles ausprobieren. Vielleicht wird er ja genommen? Dann lernt er Neues kennen", meint der Vater.

Die Kinder bekommen ein Taschengeld. Aber es geht nicht ums Geld verdienen, sondern darum, Erfahrungen zu sammeln. Wenn man reich werden will, sollte man andere Dinge tun.

Peter Christian Feigel Kapellmeister und Supervisor Musical über die spätreren Kinder-Darsteller auf der Bühne

Über Instagram hatte Mutter Alexandra Neuwert vom Casting erfahren, Sohn Leon angemeldet und tags darauf die Einladung erhalten. Nun wartet auch sie im Flur darauf, dass die Stahltür zur Probebühne aufgeht. "So sehr aufgeregt war er nicht. Aber ich", sagt die Mutter lachend und hofft, dass ihr Sohn "Noten und Text auswendig konnte". Sollte er genommen werden, müsste sie ihn zu Abendproben und Vorstellungen begleiten. Eltern müssen dafür auch Zeit aufbringen, wenn der Nachwuchs beim Musical mitmacht. Für sie wäre das kein Problem. "Ich lass mich überraschen, was wird. Hauptsache, Leon hat Spaß dabei."

In dem Moment geht die Tür auf und ein Blondschopf rennt auf Alexander Neuwert zu. "Hat Spaß gemacht", ruft Leon seiner Mutter zu. Unterdessen nimmt Carola Rühle-Keil die nächsten Kandidaten zum Einsingen mit in den Probenraum. Insgesamt zehn Kinder wurden an diesem Nachmittag zum Casting eingeladen.

Ich fand's cool. Hat Spaß gemacht.

Leon Kohl Zehn Jahre alter Castingteilnehmer

Talentsuche in der Musikstadt Dresden

Sollten keine passenden Darsteller gefunden werden, will die Staatsoperette einen zweiten Castingtag organisieren. "Wir haben glücklicherweise auch unseren Kinderchor im Haus, den wir nach Corona wieder aufbauen. Im Chor haben wir gute Kinderstimmen. Wir wollten uns aber orientieren und sehen, was wir noch finden können", meint der musikalische Leiter Peter Christian Feigel.

Zwar haben noch nicht alle vorgesungen, laut Feigel seien "manche doch überfordert" gewesen. Er hatte Chorerfahrung als Voraussetzung verlangt. "Aber was das tatsächlich heißt, nunja, da gibt es unterschiedliche Meinungen", sagt Feigel diplomatisch. Er ist dennoch zuversichtlich, in der Musikstadt Dresden talentierte Kinder für das Musical zu finden. "Wir suchen weiter, bis wir fündig werden."

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | OPERNMAGAZIN | 18. Juni 2022 | 20:00 Uhr

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