Mit einem Traktor wird 2022 bei Sonnenaufgang ein Feld mit Gülle gedüngt.
Landwirte müssen sich an Regeln halten, wenn sie Pestizide auf ihren Feldern ausbringen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Nach Kita-Vorfall in Dohna Welche Regeln für Bauern bei der Anwendung von Pestiziden gelten

18. Mai 2024, 05:00 Uhr

Im sächsischen Dohna mussten Erzieherinnen und Kinder einer Kita mit Atembeschwerden ärztlich behandelt werden. Der Grund: Auf einem nahen Feld wurde Pestizid versprüht und offenbar durch Wind in den Außenbereich der Kita geweht. Was müssen Landwirte bei solchen Dingen beachten?

Für Andreas Jahnel, Referatsleiter Acker- und Pflanzenbau beim Sächsischen Landesbauernverband, scheint die Sache klar. Wenn Menschen in Gefahr geraten, weil Pestizide oder andere Chemikalien auf dem Acker nebenan versprüht wurden, dann hat der Landwirt sie nicht sachgemäß benutzt: "Wenn ein Pflanzenschutzmittel zugelassen ist, gibt es gewisse Anwendungsbestimmungen. Diese werden in einer Art Beipackzettel mitgeteilt. Die sind dem Landwirt dann bekannt und daran hat er sich bei der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels auch entsprechend zu halten."

Diese Regeln gelten für Landwirte bei der Anwendung von Pestiziden

Die Zulassung der Mittel erfolgt durch EU und Bundesinstitute. Ob sie korrekt angewendet werden, kontrolliert das Sächsische Landesamt für Umweltschutz, Landwirtschaft und Geologie. Udo Heilmann leitet dort die Kontrollabteilung Pflanzenbau und Pflanzenschutz und erklärt die Grundregeln, die Landwirte einhalten müssen: "Das betrifft zum Beispiel die Temperaturen: Über 25 Grad dürfen keine Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Bei unter 30 Prozent Luftfeuchtigkeit dürfen sie auch nicht ausgebracht werden. Aber auch bei der Windgeschwindigkeit von über fünf Meter pro Sekunde – das sind circa 18 km/h – dürfen oder sollten Pflanzenschutzmittel nicht ausgebracht werden."

Hinzu kommen Mindestabstände zu Anwohnern und Umstehenden, die allerdings mit zwei bis fünf Meter recht gering erscheinen. Im Fall der verletzten Kinder und Erzieher in der Dohnaer Kita ist also wahrscheinlich, dass der Landwirt wegen stärkerer Windböen das Sprühen hätte einstellen müssen, er den Mindestabstand nicht einhielt oder auch eine Kombination aus beidem.

200 Kontrollen pro Jahr

Proben von Acker und Kita-Gelände haben Heilmann und seine Leute bereits genommen. Doch auch unangekündigt rücken Heilmanns Außendienstler immer wieder aus. Etwa 120 Kontrollen führen sie im Jahr bei Betrieben durch. Hinzu kommen weitere 80 nach Anzeigen durch Bevölkerung oder Anlieger. Bei 3.600 Betrieben in Sachsen, die Pflanzenschutz einsetzen, könnte er allerdings ein paar weitere Kontrolleure gebrauchen, findet Heilmann.

Zudem droht bei festgestellten Verstößen erstmal nur der pädagogische Zeigefinger, weil der Bauer die sogenannte "gute fachliche Praxis" missachtet hat: "Die Betriebe bekommen von uns eine Verwarnung im Rahmen der guten fachlichen Praxis, weil sie die Anwendungsbestimmung, die sie einhalten müssten, nicht eingehalten haben. Also, es ist kein bußgeldrelevanter Verstoß in dem Fall."

Umweltschützer fordern stärkeren Verzicht auf Pestizide

Bußgelder drohen erst, wenn die Behörden Änderungen anordnen und Landwirte diese Anordnung ignorieren -- ein Fakt, den Umweltschützer immer wieder kritisieren. Sie fordern, den Pestizid-Einsatz generell deutlich zu reduzieren. Die Bauernproteste in den vergangenen Monaten haben aber dafür gesorgt, dass entsprechende Vorhaben in der EU und in Deutschland scheiterten.

Die Landwirte hingegen betonen, dass der sparsame Gebrauch von Pestiziden auch in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse liege und sie sich darauf verlassen wollen, dass eine Zulassung auch bedeutet, dass das Mittel unbedenklich ist. Zumindest bei sachgemäßem Einsatz.

Anm. der Redaktion: In dem Zitat von Herrn Heilmann ist unserem Experten ein Versprecher unterlaufen. Der Wert ist nicht – wie Herr Heilmann im Beitrag sagte – eine Unter- sondern eine Obergrenze. Die Luftfeuchte muss also mindestens 30 Prozent betragen. Wir haben den Fehler nach Rücksprache im Online-Artikel angepasst.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | RADIO | 18. Mai 2024 | 06:06 Uhr

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