Briefwahlchaos Wahlleiter: Zustellpanne ohne Einfluss auf OB-Wahl in Dresden

11. Juli 2022, 20:00 Uhr

Vor der zweiten Runde der Oberbürgermeisterwahl in Dresden mussten Briefwähler lange auf ihre Unterlagen warten. Einige kamen erst kurz vor dem Wochenende. Die Piratenpartei will Personen unterstützen, die die Wahl wegen verspäteter Briefwahldokumente anfechten wollen. Die Grünen fordern eine transparente und umfassende Aufarbeitung "dieses Organisationsversagens".

Die verspätete Zustellung von Briefwahlunterlagen in einigen Bezirken von Dresden hat laut kommunalem Wahlbüro keinen Einfluss auf das Ergebnis der Bürgermeisterwahl gehabt. Für Wahlleiter Markus Blocher sprechen mehrere Indizien dafür, dass die Wahl ordnungsgemäß abgelaufen sei, wie er MDR SACHSEN erklärte.

Zustellungsprobleme bei Postmodern

So habe der private Briefdienst Postmodern letztlich alle angeforderten Unterlagen vor dem Wahlwochenende zugestellt. Bei der Zustellung war es zu Verzögerungen gekommen, sodass die letzten Wahlzettel erst am Mittwoch rausgingen. Es seien aber nur wenige Zustellbezirke betroffen gewesen, sagte Blocher.

Es hat nur wenige Zustellbezirke betroffen.

Markus Blocher Dresdner Wahlleiter

Wegen der Verspätung schaltete die Stadt ein Bürgertelefon, um Anfragen nach den ausbleibenden Dokumenten zu klären. Die Anzahl der Anfragen sei moderat geblieben: "In der Woche vor der Wahl wurden insgesamt 156 Wahlscheine neu ausgestellt", so Blocher. Eine einzige Person sei am Sonnabend wegen fehlender Briefwahlunterlagen direkt ins Briefwahlbüro gekommen. Auch sei die Wahlbeteiligung bei der Briefwahl im Vergleich zum ersten Wahlgang nicht eingebrochen.

Logo MDR 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio So 10.07.2022 18:49Uhr 00:34 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/politik/kommunalwahlen/buergermeisterwahl/audio-2076158.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Piraten suchen gescheiterte Briefwähler

In der vergangenen Woche gab es trotzdem bei den Briefwählern und Briefwählerinnen reichlich Irritation. Einige hatten wenige Tage vor der Wahl noch keine Unterlagen bekommen. Die Piratenpartei hatte wegen des Briefwahlchaos einen Aufruf gestartet und nach Betroffenen ohne Unterlagen gesucht. Bisher kommt sie auf etwa 30 Meldungen. "Wir erhalten vor allem jetzt, nach der Wahl, noch weitere Anfragen", erklärte Steve König, Sachsens Landesvorsitzender der Piratenpartei.

Es gab auf jeden Fall Menschen, die wählen wollten, aber nicht konnten, weil sie keine oder zu spät zugesandte Briefwahlunterlagen erhalten haben.

Steve König Piratenpartei

König geht davon aus, dass der Briefwahlanteil im zweiten Wahlgang eigentlich gestiegen sein müsste. Briefwähler des ersten Wahlgangs erhielten ihre Unterlagen für die neuerliche Entscheidung automatisch, dazu kämen sicher einige, die explizit für den zweiten Wahlgang Unterlagen beantragt haben. "Dennoch liegt der Briefwahlanteil für den zweiten Wahlgang 0,9 Prozent unter dem des ersten Wahlgangs,", so der Politiker. Es habe auf jeden Fall Menschen gegeben, die wählen wollten, aber nicht konnten, weil sie keine oder zu spät zugesandte Briefwahlunterlagen erhalten haben.

Die Piraten wollen nun diejenigen unterstützen, die die Wahl aufgrund mutmaßlich verspäteter oder nicht zugesandter Briefwahlunterlagen anfechten möchten. Dazu solle es zeitnah eine Infoveranstaltung geben, kündigt König an.

Grüne fordern Aufarbeitung des "Organisationsversagens"

Die Dresdner Grünen fordern eine umfassende und transparente Aufarbeitung der Probleme beim Versand der Briefwahlunterlagen. Auch bei ihnen waren einige Beschwerden eingegangen, wie Grünen-Stadtbezirksrat Klemens Schneider berichtet. "Es darf nicht passieren, dass Wählerinnen und Wähler durch dieses Organisationsversagen in der Wahrnehmung ihres Wahlrechts beschnitten werden." Ein früherer Versand der Briefwahlunterlagen für den zweiten Wahlgang hätte sicher zu einer etwas höheren Wahlbeteiligung geführt, aber nicht den Wahlausgang geändert, so seine Meinung.

Es darf nicht passieren, dass Wählerinnen und Wähler durch dieses Organisationsversagen in der Wahrnehmung ihres Wahlrechts beschnitten werden.

Klemens Schneider Die Grünen

Hilbert siegt mit sieben Prozent Vorsprung

Beim zweiten Wahlgang der Dresdner Oberbürgermeisterwahl am Sonntag hat fast die Hälfte der Wähler (49,2 Prozent) ihre Stimme per Brief abgegeben. Der Anteil der Briefwähler habe noch nie seit 1990 bei einer Dresdner Wahl so hoch gelegen, teilte die Stadtverwaltung am Montag mit. Genau 87.867 Menschen hätten die Möglichkeit der Briefwahl genutzt. Den Sieg hatte sich der amtierende Oberbürgermeister Dirk Hilbert (UBfD) mit 45,3 Prozent aller Wählerstimmen vor seiner stärksten Herausforderin Eva Jähnigen (Grüne) mit 38,3 Prozent der Stimmen geholt.

Niedrige Wahlbeteiligung insgesamt

Die Wahlbeteiligung insgesamt war die viertniedrigste seit 1990. Eine noch niedrigere Beteiligung in Dresden gab es laut der Stadt lediglich im zweiten Wahlgang der Oberbürgermeisterwahl 2008 (33,9 Prozent), beim Bürgerentscheid zum Thema Krankenhäuser im Jahr 2012 (37,1 Prozent) und beim Volksentscheid zum Thema Sparkassen im Jahr 2001 (19,3 Prozent).  

MDR (ma)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport | 11. Juli 2022 | 16:30 Uhr

Mehr aus Dresden und Radebeul

Mehr aus Sachsen

Nachrichten

Ein Mädchen steht blickt in eine Kamera und lächelt. 1 min
Mädchen einer 9. Klasse besuchten das MDR-Landes-funk-haus Sachsen in Dresden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 25.04.2024 | 20:15 Uhr

Zum heutigen Girls- und Boys-Day haben Jugendliche die Möglichkeit genutzt, in verschiedene Berufsfelder hineinzuschnuppern. So besuchten Mädchen einer 9. Klasse das MDR-Landesfunkhaus Sachsen in Dresden.

Do 25.04.2024 18:47Uhr 00:25 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/video-girlsday-boysday-dresden-mdr-geschlechterrollen-klischees-102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video