Waldbrand Sächsische Schweiz Helfer in Bad Schandau: Im Dauereinsatz unter Helikoptern

02. August 2022, 19:57 Uhr

Es ist die zweite Woche, in der es im Nationalpark Sächsische Schweiz brennt. Die Feuerwehrleute brauchen einen langen Atem, denn das Feuer ist bisher nicht unter Kontrolle. Schwerpunkte der Löscharbeiten liegen an der Grenze zu Tschechien und im Gebiet um die Bärenfangwände. Die Organisation der Einsatzkräfte hat sich mittlerweile gut eingespielt.

Wenn am Morgen Fahrzeuge mit verschiedenen Kennzeichen die Kleinstadt Bad Schandau verlassen, lenken diese weniger Touristen auf Abreise, als viel mehr müde Feuerwehrleute. Wieder ist eine Zwölf-Stunden-Schicht vorbei. Es ist die zweite Woche und in der Sächsischen Schweiz brennt der Wald noch immer. Jetzt braucht es den sogenannten langen Atem.

Die Ablösung kommt

Gut, wenn dann ausgeruhte Kollegen ankommen. So hält um 9 Uhr am Pennymarkt ein Mannschaftwagen der Freiwilligen Feuerwehr aus dem erzgebirgischen Satzung. Ein halbes Dutzend Feuerwehrmänner und eine Feuerwehrfrau haben sich früh auf den Weg gemacht. Sie holen ihre schweren Stiefel aus dem Kofferraum. Man wolle die Erzgebirger Kameraden ablösen, die seit Freitag den Brand bekämpfen, erklärt Satzungs Wehrleiter Michael Rothe. "Wir tauschen Kräfte aus, damit die Jungs wieder nach Hause können."

Unter anderem für solche Wechsel ist wenige Meter weiter ein kompletter Parkplatz zum Bereitschaftsplatz umfunktioniert worden. Hier warten Kameraden aus Glashütte und Mittelsachsen gerade auf ihren Einsatzbefehl. In zwei großen Zelten stehen Getränke, Lebensmittel und es sind Feldbetten aufgeklappt.

Alltag in Bad Schandau

Eine Rentnerin geht am Platz vorbei zum Einkaufsmarkt. Was die Feuerwehrleute leisten müssen, meint die 74-Jährige anerkennend, die den Brand nun den neunten Tag mitverfolgt. Heute früh habe sie wegen der Rauchschwaden wieder die Fenster ihrer Wohnung schließen müssen, sagt sie und zeigt auf ihr Haus. Doch im Grunde genommen bekommt man in Bad Schandau vom Feuer wenig mit. Man sieht Alltägliches: Touristen zu Fuß und auf dem Fahrrad, Anwohner mit Einkäufen, Straßenbaustellen.

Ab dem Hotel Lindenhof geht es für Fahrzeuge nur noch mit gutem Grund weiter. Die Hauptstraße nach Schmilka ist wegen des Waldbrandes eine Sackgasse. Ein Polizist stoppt mit roter Kelle einen alten Mann in seinem Pkw. Nach kurzem Wortwechsel darf der Anwohner passieren.

Dreh- und Angelpunkt Feuerwehrhaus

Wenige Meter weiter steht das Feuerwehrhaus von Bad Schandau - der Dreh- und Angelpunkt für die Löschtrupps. Es ist der Eintritt in eine andere Welt: Mit lautem Geknatter hebt ein Hubschrauber der Bundespolizei ab, während ein Soldat über den Hof zum Einsatzplan läuft und eine Frau in hellbrauner Nationalparkkluft den Jeep vorfährt.

Man sieht Männer und Frauen im Blau des Technischen Hilfswerks (THW), Feuerwehrleute in den typischen schwarzen Hosen mit Leuchtstreifen, weiße Shirts der Rotkreuzhelfer blitzen zwischen dem Rot der Bergwacht. Alle Helfer sind vor Ort. Die Leute wirken ruhig und konzentriert. Die Arbeitsschritte haben sich eingespielt.

Feuerwehrfrauen kümmern sich um Spenden

Auf der kleinen Zufahrt des Feuerwehrhauses befindet sich der Spendenpunkt. Hier nehmen Feuerwehrfrauen und weitere Helfer Lebensmittel und andere nützliche Dinge entgegen. Mit dabei ist die 36 Jahre alte Maya von der Frauengruppe der Freiwilligen Feuerwehr Bad Schandau. Ihr Mann war lange im Einsatz, erzählt die Mutter von drei Kindern.

Die fünfjährigen Zwillinge hatten den Papa sechs Tage lang nicht sehen können. Und ihr Mann freue sich gerade, auch den jüngsten Sproß, vier Monate alt, im Arm halten zu können. "Papa ist jetzt zu Hause. Morgen geht es wieder los", sagt Maya. Sie nutzt nun das Zeitfenster, um bei der Spendenlogistik zu helfen.

Papa ist jetzt zu Hause. Morgen geht es wieder los.

Maya Frau eines Feuerwehrmanns aus Bad Schandau

Am Montag vor einer Woche hatten die Feuerwehrfreuen noch allein die Lebensmittelversorgung gewuppt. Bereits am Dienstag war das wegen der Vielzahl an Brandbekämpfern nicht mehr händelbar und der Katastrophenschutz des Arbeitser-Samariter-Bundes (ASB) übernahm. Seitdem kümmern sich die Feuerwehrfrauen unter Leitung von Katrin Hohlfeld um die Spendenstelle. "Von der Organisation her sind wir mittlerweile richtig gut aufgestellt", sagt sie zufrieden.

Getränke und Snacks sind immer gefragt

Am dringendsten würden kleine, handliche Getränkeflaschen und -packungen gebraucht. "Wasser, isotonische Getränke oder auch mal was mit Geschmack", sagt Katrin Hohlfeld. "Der Feuerwehrmann kann nicht den ganzen Tag nur Wasser trinken. Der braucht auch mal was mit Zucker und Energie."

Snacks wie Müsli- und Energieriegel seien ebenso eine sinnvolle Spende. "Aber nichts mit Schokolade bitte", wehrt die Feuerwehrfrau ab. "Das brauchen wir bei den Temperaturen gar nicht mit rausgeben, das zerläuft, sobald wir es in die Tüten packen."

Der Feuerwehrmann kann nicht den ganzen Tag nur Wasser trinken. Der braucht auch mal was mit Zucker und Energie.

Katrin Hohlfeld Feuerwehrfrau in Bad Schandau

Zudem kümmern sich die Helfer um die Kleidung der Bad Schandauer Kräfte nach ihren Einsätzen. Im Feuerwehrhaus laufen Waschmaschinen und Trockner rund um die Uhr. Da würden sicherlich auch in anderen Ortswehren noch Waschmaschinen und Trockner benötigt, vermutet Katrin Hohlfeld.

Ohrstöpsel sind ebenfalls gefragt, bestätigt die Feuerwehrfrau, während lärmend wieder ein Hubschrauber aufsteigt. Aber nicht wegen der Helikopter, die aus der Elbe Löschwasser holen oder Leute zu den Einsatzplätzen fliegen. "Die Ohrstöpsel sind für die Kameraden, die den ganzen Tag an den Tragkraftspritzen stehen, die auch entsprechend laut sind", ruft Katrin Hohlfeld in das Dröhnen der Rotorblätter.

Pumpenmotoren unter hoher Belastung

Tragkraftspritzen sind einen Meter hohe, mehr als hundert Kilo schwere Pumpenmotoren. Sie transportieren unter Druck das Löschwasser durch die Schläuche. Ein Lkw vom Technischen Hilfswerk beladen mit solchen Pumpen aus Zwickau fährt gerade auf den großen Hof.

Es befinden sich sehr viele der Pumpen im Wald, sagt Susan Schmidt vom THW-Ortsverband Pirna, die am Lastwagen steht. Durch die langen Wege müsse mit einem höherem Druck um die 13 Bar gearbeitet werden. Da kämen die Maschinen an die Grenzen.

Unser Personal deckt 24 Stunden ab.

Susan Schmidt Technisches Hilfswerk

30 defekte Pumpen habe man bis jetzt gehabt, zählt Susan Schmidt zusammen. Zu 80 Prozent könnten sie an der Reparaturstation am Feuerwehrhaus wieder geflickt werden, der Rest diene als Ersatzteillager. Nach kurzer Besprechung fährt der blaue Lkw die neuen Pumpen raus zu den  Brandstellen. Mehr als 25 Kilometer Schlauch seien im Wald verlegt worden. "Das kann man sich kaum vorstellen", findet die 45-Jährige.

Das THW ist für die Materiallogistik verantwortlich – 24 Stunden. Tagsüber sind 45, nachts etwa 30 Leute im Dienst. Eine wichtige Aufgabe ist das Liefern von Kraftstoff und Öl für die Maschinen, wie Susan Schmidt erklärt.

Um in dem unwegsamen Gelände nicht wertvolle Zeit zu vergeuden, sind mittlerweile Zwischenlager aufgebaut worden. Auch helfen Mitarbeiter von der Nationalparkverwaltung und fahren von dort aus die Kanister auf ihren Quads weiter.  

Bodenfeuer und Glutnester

"Wir arbeiten Hand in Hand zusammen", sagt auch Björn Rosenkranz von der technischen Einsatzleitung der Feuerwehr. Aber der Einsatz bleibe schwierig, auch wegen des anhaltend trockenen Wetters. Auf 150 Hektar gebe es Bodenfeuer und Glutnester. "Es ist noch nicht absehbar, wann der Einsatz beendet ist", so der Leiter.

"Das Feuer kriecht im Boden und man sieht an verschiedenen Stellen Rauchsäulen aufsteigen", beschreibt Landkreissprecher Thomas Kunz die Situation. Wenn sich solche Glutnester durch Wind ausbreiten, habe man schnell den nächsten Vollbrand. "Deswegen können wir auch noch nicht sagen, dass wir das Feuer unter Kontrolle haben", sagt er in den Motorenlärm des nächsten Hubschraubers.

Das Feuer kriecht im Boden und man sieht an verschiedenen Stellen Rauchsäulen aufsteigen.

Thomas Kunz Sprecher Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge

Die Glutnester liegen vor allem im Bereich der Bärenfangwände und an der Grenze zu Tschechien zwischen dem Großen Winterberg und dem Zschandgebiet. Dort zögen die Feuerwehrleute Gräben, um das Feuer einzugrenzen, so der Landkreissprecher.

Wichtig sei, dass keine Wohnbebauung betroffen ist, betont Thomas Kunz. "Und die deutsch-tschechische Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Wir haben Bremsen gelöst."

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 02. August 2022 | 19:00 Uhr

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