Landgericht Dresden Betrug mit Corona-Attesten: Prozess gegen Ärztin beginnt

14. November 2023, 18:54 Uhr

Eine Ärztin aus Sachsen soll während der Pandemie massenhaft falsche Atteste ausgestellt haben, damit Patienten Corona-Impfungen, Corona-Tests oder das Tragen vom Mundschutz umgehen können. Echte medizinische Gründe lagen bei den Menschen nicht vor. Nun steht sie vor Gericht - achteinhalb Monate nach ihrer Verhaftung.

Am Landgericht Dresden hat am Dienstag ein Prozess gegen eine eine Ärztin begonnen, die während der Corona-Pandemie falsche Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben soll. Laut Staatsanwaltschaft bescheinigte sie Hunderten Patienten zu Unrecht, dass sie keine Maske tragen brauchten oder aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden dürften.

Mehr als 1.000 solche Gefälligkeitsatteste soll sie ausgestellt haben. In mehreren Bundesländern hätten Sammeltermine stattgefunden. Dafür soll die 66 Jahre alte Angeklagte Geld genommen haben. Die Pauschale soll mindestens 25 Euro betragen haben. So seien laut Staatsanwaltschaft insgesamt mehr als 48.000 Euro zusammengekommen.

Auch Polizisten kauften Atteste

Auch drei Männer und eine Frau der sächsischen Polizei hatten bei der Angeklagten falsche Atteste gekauft. Laut Polizeidirektion Dresden sind die Strafverfahren der Polizisten gegen Geldauflagen eingestellt worden.

Angeklagte schweigt zu Vorwürfen

Zu den Vorwürfen hat sich die Ärztin vor der Hauptverhandlung nicht geäußert. Die Beschuldigte hat sich laut Staatsanwaltschaft selbst als Angehörige des "Indigenen Volkes der Germaniten" bezeichnet und wird der Reichsbürgerszene zugeordnet. Sie befindet sich seit Februar in Untersuchungshaft.

Prozessbeginn unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen

Der heutige Prozessauftakt fand im Hochsicherheitsgebäude des Landgerichts in Dresden statt. Das Gericht hatte den Prozess dorthin verlegt, weil bis zu 150 Anhänger der Angeklagten regelmäßig vor dem Chemnitzer Frauengefängnis gegen die Inhaftierung der 66-Jährigen demonstriert hatten.

Einer der Verteidiger selbst Attestkäufer?

Nach der Anklageverlesung beantragte Verteidiger Carsten Brunzel die Aussetzung des Verfahrens. Er kritisierte, dass ein Mitverteidiger erst am Freitag vom Oberlandesgericht aus dem Prozess ausgeschlossen worden wäre, weil er im Verdacht stehe, sich selbst mehrere Atteste von der Angeklagten ausgestellt haben zu lassen. Ein dritter Anwalt sei gegen seinen Willen vom Gericht als Pflichtverteidiger bestellt worden. Brunzel selbst beanstandete weiter, keine ausreichende Akteneinsicht bekommen zu haben.

Der Prozess soll am 28. November fortgesetzt werden. Das Landgericht Dresden hat insgesamt 40 Sitzungstage bis Ende Juni 2024 geplant.

Ermittlungen und Durchsuchungen schon 2022

Gegen die Ärztin war im vergangenen Jahr ermittelt worden. Wegen des Verdachts auf Erstellung falscher Gesundheitszeugnisse in der Corona-Pandemie hatte die Polizei im September des Vorjahres mehr als 80 Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht. Insgesamt 225 Beamte waren damals an der Aktion in Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg beteiligt. Während der Durchsuchungen im vergangenen Jahr stellte die Polizei 317 mutmaßlich falsche Atteste sicher.

MDR (ama/cnj)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 14. November 2023 | 10:00 Uhr

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