Bauern demonstrieren 2 min
Video: Sehen Sie hier einen Beitrag zu den Bauernprotesten in Berlin. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Agrarpolitik Mehr als 1.000 Thüringer Bauern protestieren in Berlin - weitere Blockaden im Freistaat

15. Januar 2024, 23:30 Uhr

Die Bauernproteste erreichen Montag mit Tausenden Traktoren in Berlin einen neuen Höhepunkt. Laut Bauernverband nehmen 1.200 Thüringer Landwirte teil. Im Freistaat gab es weitere Aktionen mit mehr als 1.000 Traktoren.

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Bauern mit insgesamt gut 5.000 Traktoren und Landmaschinen erwartet die Bundespolizei am heutigen Montag in Berlin. Angemeldet wurde die Veranstaltung für 10.000 Teilnehmer. Etwa 1.200 Landwirte kamen dabei nach Angaben des Landesbauernverbandes (TBV) aus Thüringen. Bereits seit Sonntagnachmittag reisten protestierende Bauern aus dem gesamten Bundesgebiet in die Hauptstadt - zum Finale der Proteste gegen die Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung.

Anreise nach Berlin wohl ohne Auswirkungen in Thüringen

Mehrmals kam es aber auch im Freistaat zu Kundgebungen. Hier erfahren Sie mehr zu den Beeinträchtigungen im Verkehr.

Wie eine TBV-Sprecherin MDR THÜRINGEN mitteilte, sollten etwa 500 Thüringer Bauern mit elf organisierten Bussen nach Berlin fahren. Andere Landwirte - etwa aus den Kreisen Nordhausen und Unstrut-Hainich - reisten privat an - teils schon am Sonntag und mit Traktoren. Anders als in Potsdam, Brandenburg und Berlin waren in Thüringen durch die Anreise keine Verkehrsbeeinträchtigungen zu erwarten. Ein Polizeisprecher sagte, größere Konvois aus Thüringen seien nicht angemeldet. Man beobachte aber die Lage.

Laut einer nicht repräsentativen Umfrage von MDRfragt hat der größte Teil der Bevölkerung Verständnis für die Bauernproteste. Einem Viertel der Befragten gehen sie jedoch zu weit. Was Gründe für die Ablehnung der Bauernproteste sind, lesen Sie hier.

Lokale Proteste weiterhin in Ostthüringen

Nach den vielen Blockaden, Sternfahrten und Kundgebungen in der zweiten Januarwoche hat es auch am Montag in Thüringen verschiedene Proteste geben. Zwischen Stadtroda und Jena war am Vormittag ein angemeldeter Korso mit etwa 250 Fahrzeugen geplant. Nach Angaben der Polizei startete der Konvoi von Landwirten, Fahrzeugen aus der Logistikbranche und lokalen Handwerksbetrieben gegen 9 Uhr in Stadtroda. Insgesamt waren rund 500 Fahrzeuge unterwegs. Dadurch gab es erhebliche Verkehrsprobleme und Rückstaus.

In Hermsdorf blockierten 28 Traktoren und mehrere Lkw haben am Montag zeitweise die Zufahrt zum Lidl-Logistikzentrum. Wie die Polizei mitteilte, konnten wegen der gesperrten Zufahrten zeitweise keine Waren angeliefert und abgeholt werden. Den Angaben nach wurde die Blockade im Vorfeld telefonisch mit dem Verweis auf die Agrarpolitik angemeldet.

Polizei eskortiert Schwangere durch Bauernprotest

Anwohner hatten sich am Rand der Proteste über einen weithin zu hörenden Dauer-Sirenenton beschwert. Polizeibeamte stellten die Personalien des Verantwortlichen fest. Laut Polizei verlief der Protest friedlich. Im Rückstau kam es jedoch zu einem Notfall. So mussten eine schwangere Frau und ihr Mann von der Polizei ins Klinikum zur bevorstehenden Geburt begleitet werden.

Auch direkt in Jena wurden tagsüber Verkehrsbehinderungen und Verspätungen wegen weiterer Kundgebungen erwartet. In Gera blockierten Landwirte seit dem frühen Montagmorgen im Stadtteil Leumnitz einen Kreisverkehr, der zur A4-Auffahrt Gera-Leumnitz und in ein Gewerbegebiet führt. Auch auf der B2 nördlich von Gera wird nach Angaben der "Ostthüringer Zeitung" die Abfahrt zum Amazon-Logistikzentrum und in ein weiteres Gewerbegebiet blockiert. Die Blockaden sollen den Angaben nach 24 Stunden dauern.

Vereinzelt Aktionen in Nord- und Westthüringen

Ebenfalls kam es im Kreis Gotha am Montag zu Verkehrseinschränkungen. Auf der B176 zwischen Döllstädt und Andisleben pendelten Landwirte den Angaben zufolge mit etwa 150 Traktoren hin und her.

Landwirte behinderten mit ihren Protesten zum Wochenbeginn auch den Straßenverkehr in Nordthüringen. Wie die Polizei mitteilte, blockierten Traktoren mehrere Kreisverkehre in Heiligenstadt. Betroffen waren die Ortseinfahrten aus Richtung Uder und Leinefelde sowie der Zubringer zur A38. Gegen 13 Uhr wurden die Kreisel wieder freigegeben. Der Konvoi zog am Montagnachmittag von Heiligenstadt aus durch das Südeichsfeld.

In Leinefelde hatten Demonstranten die Kreuzung Berliner Straße/Heiligenstädter Straße blockiert. In Breitenworbis besetzten Bauern für kurze Zeit den Kreisverkehr an der Ostausfahrt.

Mehrere Traktoren blockieren am Donnerstag zwischen dem Abzweig nach Schleusingen und Schleusingen die Fahrbahnen.
So sieht es aus, wenn Landwirte den Verkehr lahmlegen (hier: in Schleusingen am Donnerstag). Bildrechte: News5

Blockaden auch in Suhl und Meiningen - 1.600 bei Kundgebung in Sonneberg

Auch in Südthüringen wurden am Montag Straßen und Verkehrsknoten blockiert. Am Mittag sperrten laut Polizei etwa 70 Fahrzeuge unter anderem die Viaduktkreuzung in der Innenstadt von Suhl. Autofahrer wurden umgeleitet. Im Anschluss versammelten sich die Fahrer auf dem Platz der Deutschen Einheit. An den Protesten waren vor allem Pkw und Lkw sowie Firmenfahrzeuge beteiligt. Der im Vorfeld angemeldete Traktoren-Konvoi auf der Bundestraße 19 wurde laut Polizei wie geplant gegen 13 Uhr beendet. An der Aktion hatten sich den Angaben nach etwas 55 Fahrzeuge beteiligt.

An einem Verkehrskreisel im Gewerbegebiet Rohrer Berg in Meiningen hatte sich laut Polizei aufgrund einer Blockade ein kleiner Rückstau gebildet. Begonnen hatte die Protestaktion gegen 8 Uhr in Wasungen.

An einer Kundgebung am Montagabend in der Innenstadt von Sonneberg nahmen rund 1.600 Menschen teil. Zudem waren rund 350 Landwirte mit Traktoren und Landmaschinen versammelt. Sie waren in Form einer Sternfahrt mit Traktorkorsos unter anderem aus Neuhaus, Hildburghausen, Föritz oder Coburg sowie Kronach in Bayern nach Sonneberg gekommen. Nach Angaben der Polizei verlief der angemeldete Protest friedlich. Die Demonstration habe den Verkehr beeinträchtigt, Zwischenfälle habe es aber keine gegeben.

Am Sonntag hatte es in Thüringen dagegen nur wenige Proteste gegeben. Nach Angaben der Polizei waren in Kaltennordheim und Rosa im Landkreis Schmalkalden-Meiningen Aktionen mit 30 und mit 40 Teilnehmern angemeldet.

Warum die Bauern protestieren

Die Proteste der Landwirte richten sich gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung. Schrittweise abgeschafft werden soll danach die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Bundesbauernverband nicht aus. Am vergangenen Montag hatten rund 6.500 Menschen an einer zentralen Kundgebung in Erfurt teilgenommen.

Neue Kommission für Bauern kein Lösungsansatz

Am Mittwoch hatte der Thüringer Bauernverband (TBV) mit Skepsis auf einen Vorschlag reagiert, für die Landwirtschaft ein der Kohlekommission ähnliches Gremium einzurichten. "Es gab ja zum Beispiel die Borchert-Kommission und die hat aufgehört, obwohl sie gute Arbeit geleistet hat", sagte die Verbandssprecherin Förster. Wie zielführend eine weitere Kommission sei, sei also fraglich.

Zuvor hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) angesichts der anhaltenden Proteste von Landwirten ein solches Gremium vorgeschlagen. In der "Rheinischen Post" hatte er gefordert, dass der Bund eine Kommission mit relevanten Vertretern zur Zukunft der Landwirtschaft einberufe. Auch der Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt schloss sich dieser Idee an. Es brauche jetzt ein "belastbares Format für eine vernünftige Lösung für unsere Landwirtschaft", schrieb Voigt auf der Plattform X.

Umgang der Polizei mit Protesten wird Thema im Landtag

Der Umgang der Thüringer Polizei mit Straßenblockaden durch Bauern oder Spediteure beschäftigt nun auch die Landespolitik. Er sehe es kritisch, dass die Beamten bei unangemeldeten Blockaden in der Regel nicht eingeschritten seien, sagte der Linke-Innenpolitiker Sascha Bilay der "Deutschen Presse-Agentur". In einer mündlichen Anfrage an die Landesregierung wolle er deshalb unter anderem wissen, warum an die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" Gebührenbescheide wegen mutmaßlich illegaler Blockaden verschickt worden seien, dies bei den oft unangemeldeten Blockaden im Zuge der Bauernproteste aber nicht geschehe.

Beim Thüringer Bauernverband stößt Bilays Kritik auf Unverständnis. Verbandspräsident Klaus Wagner sagte, Bilay müsse erst einmal beweisen, wann und wo es zu unangemeldeten Blockaden gekommen und wo dann auch keine Rettungsgasse freigehalten worden sei. Ihm sei von solchen Vorfällen nichts bekannt, so Wagner. Der Bauernpräsident zeigte sich mit den bisherigen Protesten zufrieden. Überrascht habe ihn die Unterstützung aus der Bevölkerung, sagte er.

In Bildern Tausende Bauern protestieren in Thüringen

Tausende Bauern haben am Montag in Erfurt protestiert: Blick auf die Löberstraße und den Juri-Gagarin-Ring.
Tausende Bauern haben am Montag in Erfurt protestiert: Blick auf die Löberstraße und den Juri-Gagarin-Ring. Bildrechte: MDR/David Straub
Tausende Bauern haben am Montag in Erfurt protestiert: Blick auf die Löberstraße und den Juri-Gagarin-Ring.
Tausende Bauern haben am Montag in Erfurt protestiert: Blick auf die Löberstraße und den Juri-Gagarin-Ring. Bildrechte: MDR/David Straub
Traktoren blockieren eine Staße bei der Bauerndemo in Erfurt
Laut Polizei versammelten sich etwa 4.500 Menschen auf dem dafür gesperrten Juri-Gagarin-Ring. Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel
Ein Schild zeigt Politikergesichter bei der Bauerndemo in Erfurt
Die Stimmung war teils aufgeheizt. Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel
Bodo Ramelow spricht auf einer Bühne während der Bauerndemo in Erfurt
Immer wieder wurde der Redebeitrag von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit lauten Pfiffen und Zwischenrufen unterbrochen. Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel
Viele Menschen und Traktoren bei der Bauerndemo Erfurt
Auch ein Appell des Thüringer Bauernpräsidenten Klaus Wagner, sich zuzuhören, zeigte kaum Wirkung. Ramelow betonte die Bedeutung der Landwirtschaft für Deutschland, während ihm "Buh! Hau ab!", "Lügner" und "Volksverräter" entgegengerufen wurde. Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel
Bodo Ramelow ist im Gespräch mit den Teilnehmern der Bauerndemo.
Bodo Ramelow suchte das Gespräch mit Teilnehmern der Demonstration. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Bauerndemo Erfurt
Unter den Teilnehmenden der Kundgebung waren nicht nur Bauern und Vertreter von Spediteuren und anderen Wirtschaftszweigen, die mit der Landwirtschaft eng zusammenarbeiten. Bildrechte: MDR/Karina Heßland-Wissel
Viele Menschen demonstrieren auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt
Laut der Nachrichtenagentur dpa war unter den Teilnehmern auch eine Flagge der im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2022 erwähnten Gruppierung "Freies Thüringen" zu sehen, andere Teilnehmer gaben sich als "Montagsspaziergänger" zu erkennen. Weitere hielten Deutschland-Fahnen hoch, auf denen auch Bananen abgebildet waren. Bildrechte: MDR/Michael Hesse
Ein Mann hält eine AfD Fahne auf der Bauerndemo in Erfurt.
Ein Mann trägt eine AfD-Fahne auf der Demonstration in Erfurt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Traktoren und Landwirtschaftsmaschinen sind auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt und bringen ihre Forderungen mit Plakaten zum Ausdruck
Traktoren und Landwirtschaftsmaschinen auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt. Mit Plakaten brachten Landwirte ihre Forderungen zum Ausdruck. Bildrechte: MDR/Wolfgang Hentschel
Bauern protestieren mit ihren Traktoren
Protestierende Bauern mit ihren Traktoren in Erfurt. Bildrechte: MDR/Florian Girwert
Eine Traktorenkolonne am Montagmorgen im Erfurter Norden auf dem Weg in Richtung Innenstadt. Dort versammelten sich vormittags mehr als 1.600 Traktoren.
Eine Traktorenkolonne am Montagmorgen im Erfurter Norden auf dem Weg in Richtung Innenstadt. Dort versammelten sich vormittags mehr als 1.600 Traktoren. Bildrechte: MDR/Isabelle Fleck
Die Traktoren kamen auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt an.
Die Traktoren kamen auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt an. Bildrechte: MDR Thüringen/Andreas Kehrer
Bereits am frühen Montagmorgen hatte die Polizei den Juri-Gagarin-Ring in Erfurt gesperrt.
Bereits am frühen Montagmorgen hatte die Polizei den Juri-Gagarin-Ring in Erfurt gesperrt. Bildrechte: MDR Thüringen/Jan Schönfelder
Mit dem Auto, großen Fahrzeugen oder kleineren Traktoren rollten die Teilnehmer nach Erfurt ein.
Mit dem Auto, großen Fahrzeugen oder kleineren Traktoren rollten die Teilnehmer nach Erfurt ein. Bildrechte: MDR/Mayte Müller
Die Bauern protestieren mit ihren Traktoren am Schmidtstedter Knoten in Erfurt.
Die Bauern protestierten mit ihren Traktoren am Schmidtstedter Knoten in Erfurt. Bildrechte: MDR/Juliane Maier-Lorenz
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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 08. Januar 2024 | 10:00 Uhr

Hintergründe zu den Bauernprotesten

MDR (dst/mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 15. Januar 2024 | 07:30 Uhr

103 Kommentare

Peter Pan vor 14 Wochen

@Ralf G
Also was wollen Sie jetzt eigentlich? Noch mehr Subventionen für die bauern, oder eher doch nicht und Sie als Bürger wollen also eher keinen beitrag leisten, damit es den Bauern besser geht, wenn man nicht nur in einer Blase leben würde, wüsste man, das es Tierwohlabgabe schon länger gibt.

camper21 vor 14 Wochen

martin, googeln Sie mal bitte, Präventivhaft klimakleber Bayern oder Automobilmesse Bayern. Die sind letztes und vorletztes Jahr direkt von der Strasse über eine Gerichtsentscheidung am gleichen Tag ins Gefängnis gewandert, nur für 2 Wochen.
Sie haben recht, es gab auch ein paar wenige Bauern, die sich nicht an die Regeln gehalten haben,aber die wurden auch, vielleicht nicht unbedingt in Thüringen, zur Verantwortung gezogen. Kennen Sie noch den Klimakleber, dem seine Hand mit dem Asphalt abgestemmt wurde und dier Strassenbelag zerstört wurde? Haben die Bauern auch so einen Schaden verursacht?

martin vor 14 Wochen

@ralf g: Der Markt regelt: Gewinne privatisieren; Verluste (und möglichst auch: Kosten) sozialisieren. Für einen kleinen Teil der Bevölkerung ist das eine prima Regelung. Die anderen müssen vom Lottogewinn träumen und eine Menge Steuern zahlen, um die sozialisierten Kosten zu bezahlen.

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