Oberverwaltungsgericht Kemmerich verliert Stadtratsmandat in Erfurt

06. August 2021, 17:11 Uhr

FDP-Chef Thomas Kemmerich verliert sein Stadtratsmandat in Erfurt, das hat das Oberverwaltungsgericht am Freitag bestätigt. Da sein Hauptwohnsitz in Weimar ist, hätte Kemmerich 2019 nicht zur Erfurter Stadtratswahl antreten dürfen.

FDP-Chef Thomas Kemmerich verliert sein Stadtratsmandat in Erfurt. Wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar am Freitag mitteilte, sitzt Kemmerich zu Unrecht im Stadtrat, da er zur Wahl 2019 in Erfurt nicht wählbar war. Damit hat das OVG per Beschluss das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts als rechtmäßig bestätigt. Eine Berufung am OVG ist somit nicht möglich.

Kemmerich zeigte sich am Freitag enttäuscht über die Entscheidung des Gerichts. Er sagte MDR THÜRINGEN, er beharre auf seiner Position: Sein Lebensmittelpunkt sei seit Jahrzehnten auch beruflich bedingt Erfurt und nicht Weimar, wo seine Familie wohnt. Er sei nicht glücklich darüber, dass er seine politische Arbeit in der Landeshauptstadt nicht mehr als Stadtrat fortsetzen könne. Er werde als FDP-Kreisvorsitzender von Erfurt aber weiter versuchen, liberale Politik für die Stadt zu machen.

Die Erfurter Linke forderte Kemmerich auf, sein Stadtratsmandat so schnell wie möglich niederzulegen. Auch solle der FDP-Politiker seine Aufwandsentschädigungen für einen wohltätigen Zweck spenden oder an die Stadtkasse zurückzahlen.

OVG: Kemmerich hätte nicht zur Wahl antreten dürfen

Laut Gericht hätte Kemmerich 2019 nicht für den Erfurter Stadtrat antreten dürfen, da er seinen Hauptwohnsitz bei seiner Familie in Weimar hat. Als Stadtrat in einer Stadt kann aber nur kandidieren, wer dort seinen Hauptwohnsitz hat. Kemmerich hatte - wie auch der Kläger Christian Prechtl - beim OVG Berufung eingelegt und ist damit nun gescheitert.

Alle anderen Einwände des Klägers - wie die mutmaßliche Scheinkandidatur von Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) - sah das Gericht als nicht gegeben an. Eine Wahlanfechtung müsse hier nicht gerichtlich geklärt werden, da der Oberbürgermeister die Wahl nicht angenommen und einen Nachrücker bestimmt habe, so die Richter.

Prechtl enttäuscht über Entscheidung zu OB Bausewein

Kläger Christian Prechtl zeigte sich enttäuscht, dass das Gericht seinen Revisionsantrag ebenfalls nicht zugelassen hat und somit die Kandidatur von Bausewein für den Stadtrat nicht weiter juristisch verfolgt. Dass er bei seiner Wahlanfechtung in Sachen Kemmerich Erfolg hatte, freue ihn, sagte Prechtl MDR THÜRINGEN. Damit sei das jetzt juristisch geklärt.

Quelle: MDR THÜRINGEN/fno

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 06. August 2021 | 15:30 Uhr

30 Kommentare

Anita L. am 08.08.2021

"Nein, Gerichte legen den Lebensmittelpunkt nicht fest. Sie legen geltendes (vom Parlament beschlossenes) Recht aus, wie bestimmte Sachverhalte zu bewerten sind. Danach hätte Herr Kemmerich seinen Erstwohnsitz in Weimar anmelden müssen."

Widerspricht das eine nicht dem anderen? Nach Ihrer Auffassung legt das Gericht zwar nicht den Lebensmittelpunkt fest, verdonnert Herrn Kemmerich aber mit dem Urteil, seinen Erstwohnsitz zu ändern, genau dazu. Mich würde schon interessieren, welche Faktoren das Gericht dazu bewogen hat, die Einschätzung Herrn Kemmerichs als falsch zu beurteilen. Und soweit ich es verstanden habe, hat Herr Kemmerich sich ja auch nicht nicht amtlich gemeldet, nur halt laut Gerichtsurteil im "verkehrten" Verhältnis. Herr Kemmerich sagt Erfurt Erst und Weimar Zweit; das Gericht Weimar Erst und Erfurt Zweit. Und das allein mit der Begründung, dass Herrn Kemmerichs Familie nicht in Erfurt, sondern in Weimar lebt?

Anita L. am 08.08.2021

@Maennlein, hier geht weder jemand doppelt zur Wahl noch lässt er sich doppelt wählen. Da sind Sie in Ihrem Eifer vielleicht etwas übers Thema hinausgeschossen?

Anita L. am 08.08.2021

"Tatsächlich weicht sein Hauptwohnsitz nicht vom Familienwohnsitz ab. Zu dieser Überzeugung scheint jedenfalls die Justiz gekommen zu sein."

Und genau das sehe ich halt schon ein bisschen kritisch, wenn die Justiz entscheidet, wo der Lebensmittelpunkt eines Bürgers zu sein hat. Laut Herrn Kemmerich befindet er sich eben ganz offenbar - wie eben auch bei der mir bekannten Familie - nicht dort, wo auch die Familie lebt. Aber ich bin nicht der Richter und möglicherweise wurden hier noch andere Faktoren berücksichtigt.

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