Flaschen auf Spielplatz
Die Situation an diesem Montagmorgen ist noch harmlos. Teilweise fanden Eltern Tausende Scherben im Sand. Bildrechte: Melanie Kahl

Frustrierte Eltern Flaschenkrieg auf Erfurter Espach-Spielplatz

09. November 2023, 18:35 Uhr

Erfurter Eltern sind sauer. Immer wieder kommt es zu massiven Verschmutzungen an einem beliebten Kinderspielplatz. Das Problem: Die Verursacher hinterlassen oft unzählige Scherben im Sand.

Scherben, Müll, Kippen und Jointreste - immer wieder findet man diese an Treffpunkten von Jugendlichen in Erfurt. Bisher waren das zum Beispiel der Luisenpark in Erfurt oder der Brühler Garten. Neuester Treffpunkt: Der Spielplatz am Espach-Café.

Seit ungefähr einem Jahr, so erinnert sich Beate Köper-Fleck, häuften sich die Vorfälle. Die Ausmaße der Verschmutzung seien teilweise extrem. Beate Köper-Fleck ist Vorsitzende des Elternbeirats der Kita "Rasselbande". Der Kindergarten befindet sich direkt neben dem Spielplatz und wird von den Kindergartenkindern gerne genutzt.

Jedes Mal, wenn man an diesen Spielplatz geht, weiß man nicht, muss man jetzt erst nochmal eine Runde drehen und Scherben sammeln.

Beate Köper-Fleck, Vorsitzende Elternbeirat Kita Rasselbande

Tausende Scherben im Sand

Die Eltern des Kindergartens seien beunruhigt und verunsichert. "Jedes Mal, wenn man an diesen Spielplatz geht, weiß man nicht, muss man jetzt erst nochmal eine Runde drehen und Scherben sammeln. ", so die Mutter von zwei Kindern.

Eher empört statt beunruhigt, wirkt Thomas Nicolai. Er ist ebenfalls Vater eines Kindergartenkindes. Mit drastischen Worten beschreibt er eine Situation: "Es ist unverständlich. Es waren mindestens drei Kästen Bier. Und diese Flaschen waren nicht nur verstreut. [...] Die waren zerdeppert und es waren Tausende von Scherben hier in diesem Sand."

Es ist unverständlich. Es waren mindestens drei Kästen Bier. Und diese Flaschen waren nicht nur verstreut. [...] Die waren zerdeppert und es waren Tausende von Scherben hier in diesem Sand.

Thomas Nicolai, Vater

Wie die Scherben in den Sand kommen, kann er sich nicht erklären. Doch beim benachbarten Espach-Café weiß man es genau.

Jugendliche spielen "Flaschenkrieg"

"Flaschenkrieg" heißt das bevorzugte Spiel der Jugendlichen, auch "Bierball" oder "Flunkyball" genannt. Ziel ist es, eine Flasche mit einer anderen zu treffen. Wird die Flasche getroffen, darf die Mannschaft des Werfers Alkohol trinken.

Bis zu hunderte Jugendliche treffen sich an manchen Sommerabenden, so Café-Betreiberin Lisa Schneider. Auch der Lokal-Betrieb sei dann beeinträchtigt. Besonderen Ärger verursachen aber die nächtlichen Beschädigungen an der zugehörigen Gäste-Terrasse.

Die herbeigerufene Polizei könne wenig unternehmen. Die Stadtverwaltung habe bisher nicht auf ihre E-Mails reagiert. Mittlerweile, so Schneider, fehle ihr die Kraft für weitere Aufräumaktionen.

Offener Brief an die Stadt brachte wenig

Mit einem offenen Brief an die Fraktionen im Stadtrat versuchte es Vater Thomas Nicolai. Die ersten Reaktionen seien durchaus positiv gewesen - passiert sei letztlich wenig.

Die Stadt schickte Reinigungskräfte, statt Ordnungsdienst. Die Ursachen der Verschmutzungen werden so nicht bekämpft, ist Nicolai überzeugt. Für ihn wäre sogar eine nächtliche Sperrung des Parks eine mögliche Lösung. Auch in anderem Ländern gebe es teilweise Öffnungszeiten für öffentliche Flächen.

"Ein paar Pfeifen gibt es überall"

Eine Anfrage von MDR THÜRINGEN ließ die Stadt bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Auch deswegen wenden wir uns an den Streetworker eines freien Trägers. Jens Hase von "Streetwork Stadtmitte" hat Verständnis für die Sorgen der Anwohner. Er kennt aber auch die Perspektive der Heranwachsenden.

Für diese zähle nur der Moment. Über die Konsequenzen machen sich die Jugendlichen wenig Gedanken. Die allermeisten wären jedoch einsichtig, wenn man auf sie zuginge. Ein paar "Pfeifen" gebe es natürlich überall, so Hase.

Sein Rat: Geschulte Streetworker sollten den Kontakt zu den Jugendlichen aufnehmen. Bisher sei jedoch noch niemand an ihn und seine Kollegen herangetreten.

Partys, Lärm und Müll in Erfurt

MDR (nis)

44 Kommentare

MDR-Team vor 26 Wochen

Hallo Bierkieg-Spieler aus Erfurt,
Danke für Ihr Feedback.
Wir können natürlich nur das schreiben, was wir im Gespräch mit den Anwohnern herausgefunden haben. Interviews mit den minderjährigen Spielern sind ohne Einverständnis der Eltern schwierig.
Wenn Sie genauer beschreiben können, wie das Spiel funktioniert, dann freuen wir uns, wenn Sie das hier tun.
Vielleicht haben Sie eine Erklärung dafür, wie die vielen Scherben in die Sandkiste kommen? Im Video und im Artikel wird ganz klar benannt, dass vermutlich nur ein kleiner Teil der Jugendlichen für den hinterlassenen Müll verantwortlich ist.

Mit freundlichen Grüßen
MDR Thüringen – Online Redaktion

Anita L. vor 26 Wochen

"Nein, die landen schon da. Ich meinte einfach nur, dass es nicht im irgendwelchen Blödsinn geht."

Für mich ist, Glas(scherben) auf Spielplätzen (oder auf Fuß-/Radwegen, Straßen, in Parks, Wäldern, auf Wiesen,...) liegen zu lassen, sie sogar mutwillig zu verursachen, sogar sehr großer Blödsinn.
Es wurde hier auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es Räume gibt, an denen man sich sinnvoll beschäftigen kann. Saufen kann man auch zuhause. Dort betrifft der liegen bleibende Müll wenigstens keine unbeteiligten Mitmenschen.
Natürlich kann man Corona, fehlende Zuwendung oder sonst welche Probleme für den eigenen Blödsinn verantwortlich machen. Aber ganz ehrlich? Ne! Jeder ist für sich selbst und sein Handeln verantwortlich.

Bierkrieg-Spieler aus Erfurt vor 26 Wochen

Ich bin wirklich enttäuscht, dass die Berichterstattung viel pauschalisiert und das Spiel unklar präsentiert.

Bei dem Spiel wird zwar mit einer Flasche auf eine andere in der Mitte geworfen, aber ich habe noch nie erlebt, dass beide aus Glas bestehen. Die Wurfflasche ist eigentlich immer aus Plastik, da man sonst pro Wurf (ein Spiel hat im Schnitt 10) 2 neue Flaschen bräuchte, da sie sonst immer brechen würden. Skateparks sind leider keine Alternative für das Spiel, da hier noch mehr Flaschen auf dem Asphalt brechen würden. Sandiger Wegboden ist ideal.

Ich finde die Verwüstung, die hier gezeigt wird in keinster Art und Weise berechtigt. Aber eine so kleinteilig zersplitterte Flasche habe ich beim Bierkrieg nie gesehen.

Die Zerstörungen und Verwüstungen kommen von einem kleinen Teil der Jungendlichen, nicht der Mehrheit. Die meisten räumen zumindest die Flaschen zur Seite, sodass Pfandsammler sie mitnehmen können. Und an die Verbote halten sich so oder so nur die "Unschuldigen".

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