Altlasten Behörden streiten um Sanierung der DDR-Deponie bei Dornburg

27. August 2022, 14:08 Uhr

Zu DDR-Zeiten wurde an mancherorts im staatlichen Auftrag das hingekippt, was auf offiziellem Weg nicht entsorgt werden konnte. Oft, ohne die Eigentümer zu fragen. So wie in Dornburg im Saale-Holzland-Kreis.

Ein verrostetes Tor, dahinter ein Waldweg. Auf dem Galgenberg bei Dornburg sind wir unterwegs mit Klaus Sammer, dem stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Dornburg. Er führt uns ans Ende des Weges, wo in einem alten Steinbruch unter schwarzer Folie das liegt, was DDR-Betriebe aus der Region um Jena bis 1989 hier hinkippten.

Altölreste, Medizinprodukte und Blei-Chromat

"Hier war eine offizielle Deponie für Stoffe, die nicht in jeder Hauptmülldeponie gelagert werden durften", sagt Klaus Sammer. "Haupteinlagerung waren eigentlich Altölrestbestände." Doch bis Ende November '89 landeten nach Informationen von MDR THÜRINGEN auch Blei-Chromat, Lackreste und Medizinprodukte auf der Kippe.

Die Stadt Dornburg als Eigentümerin des Grundstücks hatte kein Mitspracherecht, die Mitarbeiter durften das Gelände nicht einmal betreten. Mit dem Ende der DDR kassierte die Treuhand das volkseigene Gemeinde-Grundstück. Sammer sagt, später hätten die Treuhand-Mitarbeiter gemerkt, was sie da enteignet hatten, und schnell wieder die Gemeinde ins Grundbuch eingetragen.

Geheimniskrämerei der Behörden

Lars Polten ist Umweltpädagoge und beschäftigt sich seit Jahren mit Thüringer Deponien und Umwelt-Altlasten. Er beklagt vor allem die Geheimniskrämerei der Behörden: "Man sagt dann: aus Datenschutzgründen dürfen wir keine Informationen herausgeben."

Die Gefahr sei, dass viele gerade kleine Ablagerungen aus dem Gedächtnis der Menschen verschwinden. Deshalb führt Polten Schüler bei Wanderungen, um das Bewusstsein für die Natur in der Region gerade bei der jüngeren Generation zu stärken.

17.000 Verdachtsfälle listete das Thüringer Altlasteninformationssystem 2003 auf, im letzten Jahr waren es noch knapp 12.000 Fälle. Nicht jeder Fall habe sich bestätigt, heißt es aus dem Landesamt für Umwelt. Vor allem die kleineren "Bürgermeistermüllkippen" nahe der Ortschaften sind inzwischen zugewachsen. Nur Eingeweihte wissen noch, was an diesen Orten liegt.

Landratsamt sieht derzeit keine Gefahr

Auf dem Galgenberg bei Dornburg wurde das brisante Material Anfang der 1990-er Jahre mit einer Folie abgedeckt, damit Regenwasser nichts ins Grundwasser spült. Doch die Bürger sind verunsichert und wollen, dass endlich etwas passiert. Das Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises sieht aktuell keine Gefährdung durch die Deponie: Das Gelände sei abgeschlossen, der Müll abgedeckt, und niemand könne hier zu Schaden kommen.

Trotzdem ist das Areal eine tickende Zeitbombe. Seit Jahren streitet die Stadt Dornburg mit dem Land und dem Landkreis darüber, wer den Müll beseitigen muss. Das Landratsamt würde gern die Stadt als Eigentümerin des Grundstücks in die Pflicht nehmen. Die Stadt verweist auf das Land Thüringen, da die Müllablagerungen auf Anweisung des Rates des Bezirkes Gera passierten und der Freistaat Rechtsnachfolger sei.

Die Stadt sieht sich auch finanziell außerstande, für die Beseitigung der Altlasten aufzukommen. Dornburg befinde sich in der Haushaltssicherung, sei also pleite, sagt Klaus Sammer. Und außerdem habe nicht die Stadt den Müll dorthin gekippt.

Weiteres Vorgehen unklar

Zumindest kleine Fortschritte gibt es seit einem Jahr. Zwei Probebohrungen sollen klären, wie groß die Gefahr wirklich ist. Finanziert wird das Projekt vom Land, ein Ingenieurbüro soll ein Gutachten erstellen. Doch erst, wenn alle Ergebnisse vorliegen, sollen weitere Schritte beraten werden. Federführend dafür ist die Untere Bodenschutzbehörde im Landratsamt in Eisenberg. Auf unsere Frage, warum seit den 1990er Jahren nichts auf der Deponie passiert ist, sagt die Behörde, sie sei erst seit 2008 zuständig.

Laut Klaus Sammer ist noch unklar, ob die Deponie abgetragen und der Müll ordnungsgemäß entsorgt wird, oder der Steinbruch einfach komplett verfüllt wird. Wenn es nach den Dornburger Einwohnern geht, soll der Müll lieber heute als morgen vom Galgenberg verschwinden.

MDR (nis)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 27. August 2022 | 19:00 Uhr

25 Kommentare

hinter-dem-Regenbogen am 29.08.2022

@Frau K.
Jedes Windrad hat eine beschränkte Laufzeit ( ca. 20-25Jahre) , was auch die Laufzeit der Finanzierung und einer möglichen Ertragszeit ausmachen dürfte .

Die Kosten für die Beseitigung der AKW-Anlagen aus Deutschland wurden bereits dem Bürger übergestülpt und so wird das auch mit den dann irgendwann 60 oder gar 80ig Tausend Windrädern in Deutschland sein.
Mit den Mülldeponien ist es doch nicht anders.

Der Mensch produziert den Dreck und der Mensch bezahlt für diesen Dreck - dazwischen befinden sich gewiefte, teilweise auch listig-krimminelle Geschäftsleute, die es sich leisten können, wenn die Region ausgesaugt ist und keinen Ertrag mehr abwirft, dann weiter ziehen, an einem anderen Standort und dort beginnt der Kreislauf dann von neuem.

> Wir wollten es so haben , weil wir uns nicht gewehrt haben <

knarf2 am 28.08.2022

hinter dem Regenbogen:Sind Sie desswegen so bockig weil Sie nicht Recht bekommen?
Verantwortlichkeiten können Sie nur verlangen wenn es nach Gesetz auch noch möglich ist!Schauen Sie sich doch die Linke Mal unvoreingenommen einmal an!Die besteht doch hauptsächlich aus Personen die zur Wendezeit noch Kinder waren.Und die wollen Sie für die Fehler deren Eltern und Großeltern bestrafen?Erscheint mir etwas abwegig,oder habe ich Sie falsch verstanden?

knarf2 am 27.08.2022

Burgfalke:Wie Sie sehen werden wir wohl ewig solche Kommentare lesen
von Leuten die nicht wahrhaben wollen dass die damaligen DDR-Verantwortlichen weg sind vom Fenster wie gesagt die Verantwortlichen!

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