Wahlplakte Stichwahl Saale-Orla-Kreis in Pößneck Uwe Thrum AfD und Christian Herrgott CDU
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Wahlen AfD und CDU in der Stichwahl für neuen Landrat: Wie die Stimmung im Saale-Orla-Kreis ist

25. Januar 2024, 12:44 Uhr

Im Saale-Orla-Kreis müssen die Wähler am Sonntag erneut an die Wahlurne. Vor zwei Wochen holte keiner der vier Kandidaten die absolute Mehrheit. Nun wird sich entscheiden, ob AfD oder CDU den neuen Landrat stellt.

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Schon von weitem sind die beiden Wahlkampfstände auf dem Marktplatz von Neustadt an der Orla zu sehen. Nur wenige Meter voneinander entfernt kämpfen Uwe Thrum von der AfD und CDU-Bewerber Christian Herrgott um Wählerstimmen. Während Thrum im ersten Wahlgang mit 45,7 Prozent der Stimmen einen komfortablen Vorsprung hatte, muss Herrgott vor allem die Wähler der beiden ausgeschiedenen Kandidaten überzeugen.

"Die Stimmung im Landkreis ist gespalten", sagt Christian Herrgott. "Wenn ich gewählt werde, möchte ich die Menschen wieder zusammenführen." Seit dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen zieht der CDU-Kandidat buchstäblich von Tür zu Tür, besuchte außerdem Wahlforen im Landkreis. Dort stellten sich jeweils beide Kandidaten den Fragen der Wähler.

Menschen stehen an einem Tisch auf einem Platz.
CDU-Kandidat Christian Herrgott trifft sich vor der Stichwahl auf dem Marktplatz in Neustadt an der Orla mit potentiellen Wählern. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Viele rechnen mit geringerer Wahlbeteiligung im Saale-Orla-Kreis

Rein rechnerisch könnte Herrgott die Wahl am Sonntag für sich entscheiden - wenn er die Stimmen der SPD- und Linkenwähler erhält. Immerhin vereinten die beiden Unterlegenen Regina Butz und Ralf Kalich zusammen 21,1 Prozent. Damit käme Herrgott in 45 der 59 Stimmbezirke auf die absolute Mehrheit. Doch viele zweifeln daran, dass die Wahlbeteiligung am Sonntag ähnlich hoch ist wie beim ersten Durchgang.

Deshalb macht sich ein Bündnis aus Unternehmen, sozialen Trägern und Privatpersonen stark für eine hohe Wahlbeteiligung. Eine Empfehlung für einen Kandidaten gibt die Initiative nicht. Doch viele der Unterzeichner fürchten um den Zusammenhalt im Saale-Orla-Kreis, wenn der AfD-Kandidat gewinnen sollte.

Christian Herrgott hatte gleich nach der Wahl vor zwei Wochen eine Wahlempfehlung abgelehnt. Er will die Wählerstimmen aus eigener Kraft erreichen. Am Dienstag stand dafür nochmals ein Wählerforum auf dem Programm. Knapp zweihundert Interessierte hatten sich zu einer Veranstaltung der "Ostthüringer Zeitung" in der Wisentahalle in Schleiz angemeldet. Hier sollten die beiden Kandidaten speziell zu Landkreisthemen befragt werden.

AfD-Kandidat Uwe Thrum sagte allerdings am Montag seine Teilnahme ab und begründete das mit "einer Hetzjagd der Medien in den letzten Tagen gegen ihn". Konkret kritisierte er die Auswahl der Moderatoren. Geplant war, dass Marius Koity, Redaktionsleiter der "Ostthüringer Zeitung" im Saale-Orla-Kreis, und Politikredakteur Fabian Klaus die Veranstaltung moderierten. Auch wollte Thrum, dass ihm die zu beantwortenden Fragen schon im Vorfeld übermittelt werden. Das hatte die Zeitung abgelehnt.

Kritik an Absage des AfD-Kandidaten für Wählerforum

Im Landkreis sorgt die Absage für Kritik und Unverständnis. "Wenn Herr Thrum zum Landrat gewählt würde, muss er auch kritische Fragen aushalten", so ein Passant in Schleiz. Seine Begleiterin nennt den AfD-Kandidaten einen Feigling.

Uwe Thrum rechtfertigt in Neustadt seine Vorgehensweise: "Wir hatten viele öffentliche Termine in den letzten Wochen. Es ist alles gesagt, und ich muss nicht über jedes Stöckchen springen, das mir diese sogenannte unabhängige Tageszeitung vor die Füße wirft." Thrum will sich noch bis Samstag bei verschiedenen Wahlkampfterminen zeigen.

Menschen stehen an einem stand der AfD.
AfD-Kandidat Uwe Thrum (Dritter von links) hat im ersten Durchgang 45,7 Prozent der Stimmen erhalten. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Christian Herrgott steht am Dienstagabend als einziger Kandidat in der Wisentahalle. Immerhin knapp fünfzig Menschen sind gekommen, um dem CDU-Kandidaten in der "Boxenstop"-Bar ihre Fragen zu stellen. Herrgott spricht über seine Schwerpunkte im Falle eines Wahlerfolges. Mit Aussagen über seinen Kontrahenten hält er sich zurück, ruft aber die Gäste auf, am Sonntag auf jeden Fall wählen zu gehen.

Während mehrere Wahlinitiativen sich mit Empfehlungen zurückhalten, werden viele Unternehmen und Bürger deutlicher. Vor allen bei Touristikern oder Pflegediensten wächst die Sorge, dass nach einem AfD-Wahlsieg dringend benötigte Arbeitskräfte wegbleiben. Auch fürchten viele, dass ein AfD-Landrat neue Gräben aufreißt, anstatt Brücken zu bauen.

Wir dürfen nicht noch einmal diese großen Fehler machen, wie wir sie zur Corona-Zeit hatten. Die haben selbst Familien gespalten und Freundschaften auseinandergebracht.

Christian Korb Landwirt aus Friesau

Mehrere Menschen in einem Raum.
CDU-Kandidat Christian Herrgott bestreitet nach der Absage von Uwe Thrum das Wählerforum in Schleiz allein. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Auch Landwirt Christian Korb in Friesau ist wie viele seiner Kollegen unzufrieden mit der aktuellen Politik. Er vermisst aber bei der AfD konkrete Lösungsvorschläge und Dialogbereitschaft. "Wir müssen unbedingt im Gespräch bleiben", sagt der Agrarexperte. "Wir dürfen nicht noch einmal diese großen Fehler machen, wie wir sie zur Corona-Zeit hatten. Die haben selbst Familien gespalten und Freundschaften auseinandergebracht."

Menschen mit Behinderung sorgen sich um Zusammenhalt

In Altengesees ist Ronny Mantai mit einem Gabelstapler unterwegs auf dem Gelände der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Die Diakonie-Einrichtung bietet geschützte Arbeitsplätze und setzt die Mitarbeiter mit Handicap entsprechend ihrer Fähigkeiten ein. Ronny Mantai ist überrascht vom Ergebnis des ersten Wahlganges.

"Wir wünschen uns in unserem heimischen Saale-Orla-Kreis auch weiterhin eine demokratische Zukunft für jeden. Ich mache mir um die schwachen Menschen in unserer Gesellschaft ernsthafte Gedanken." Mantai fürchtet, dass ein AfD-Landrat zuerst bei sozialen Projekten sparen könnte.

Ein Mann sitzt in einem Gabelstapler.
Ronny Mantai arbeitet in den Diakonie-Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Auf einer Wahlkampfveranstaltung der AfD am Montag in Bad Lobenstein warben mehrere Redner für Uwe Thrum. Allerdings spielten wie schon im Wahlkampf des AfD-Landrats Robert Sesselmann vor allem bundespolitische Themen eine Rolle. Unweit der Kundgebung demonstrierten rund 150 Menschen gegen einen zweiten AfD-Landrat in Thüringen.

Am Sonntag wird sich zeigen, ob Uwe Thrum oder der CDU-Kandidat Christian Herrgott als neuer Chef ins Landratsamt in Schleiz einziehen wird.

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 25. Januar 2024 | 19:00 Uhr

140 Kommentare

Wessi vor 13 Wochen

Auch dieser Kritik hat man sich in Demokratie zu stellen, denn die Medien-Unternehmen sind Teil des Landes.Wenn der AfD-Mann nicht erträgt, daß man grundsätzlich gegen ihn sein kann, dann hat er auf einem Landratsposten rein gar nichts zu suchen.Für mich ganz einfach: er ist so feige,undemokratisch+diktaturverwurzelt, daß er andere Meinungen nicht hören will.Passt ganz prima zu den Deportationsplänen für politische Gegner à la Potsdam.

Stefan Der vor 13 Wochen

@DanielSBK, es ist nicht der private Kampf. Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben, in den letzten Tagen sind Millionen Menschen in D auf die Strasse gegangen gegen diese Demokratie- und Menschenverachtende Partei. Es hat auch viel bei mir und anderen verändert. Ich drücke die Daumen für einen CDU- Kandidaten. Das wäre mir früher nicht passiert. Auch ich habe die AFD für eine Randnotiz, wenn auch starke, gehalten. Nach den Recherchen von Correctiv muss jedem klar sein, mit wem wir es zu tun haben. Wenn Ihnen das weiterhin und trotz der Erkenntnisse gefällt, dass sind Sie ganz einfach mein politischer Feind, den es zu bekämpfen gilt. Fertig aus. Ganz einfach.

Kleingartenzwerg vor 13 Wochen

"..genau die scheint der user zu meinen.Mal wertfrei: das muß der Mann aushalten, auch wenn ihm die Kritik nicht passt."

Das habe ich auch vermutet.
Ich wäre an Stelle der AFD- Manns auch nicht zu einer Veranstaltung eines Unternehmens der freien Medienwirtschaft gegangen wenn ich im voraus weiß, das deren Vertreter grundsätzlich gegen mich und meine politische Einstellung sind und in dieser Hinsicht aktiv agieren. Die Funke Mediengruppe war Veranstalter und nicht eine örr. Medienanstalt, also für mich ist das kein Kneifen.

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