Südthüringen "Wirtschaftlicher Niedergang": Dritter Autozulieferer schließt in Brotterode-Trusetal
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21. März 2024, 07:32 Uhr
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Nach den beiden Unternehmen Grammer und Marelli hat nun der nächste Autozulieferer in Brotterode-Trusetal seine Schließung angekündigt. Das Unternehmen BOS Plastics Systems will seinen Standort in der Kleinstadt im Landkreis Schmalkalden-Meiningen Mitte nächsten Jahres schließen. Das bestätigte die Werksleitung MDR THÜRINGEN am Mittwoch. Die Produktion soll auf andere Standorte des Unternehmens verlegt werden.
BOS stellt unter anderem Armlehnen für Autos und Zubehör für Kofferräume her. Das Unternehmen nennt in einer Mitteilung "Entwicklungen auf dem globalen Automarkt" als Grund für das Ende des Standortes in Südthüringen, ohne weitere Details zu nennen.
Dritter Autozulieferer in der Region schließt
Bürgermeister Kay Goßmann (CDU) spricht vom "wirtschaftlichen Niedergang seiner Region auf breiter Front". Er sei sprachlos, da nun bereits die dritte Firma schließe. Als Verwaltungschef könne er da wenig machen, er stehe hilflos an der Seite. Durch die drei Industriebetriebe und die Ende vergangenen Jahres geschlossene Familienbildungsstätte, einer Einrichtung der Erwachsenenbildung, seien rund 1.000 Arbeitsplätze weggefallen.
Von der Schließung des Autozulieferer BOS sind Goßmann zufolge 80 Mitarbeiter betroffen. Sie seien am Dienstag von der Werksleitung über das "Aus" informiert worden. Es soll laut Unternehmen nach sozialverträglichen Lösungen gesucht werden. Gespräche über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für die Mitartbeiter sollen in Kürze aufgenommen werden.
Das sagen unsere User:
Nudel81 sah die Schließung als "Folgen der Wirtschaftspolitik der Ampel". Mit E-Autos werde die Autoindustrie kaputt gemacht, denn niemand wolle sehr teure E-Autos. Noch grundsätzlicher Gucker: "Beginnend beim Verbrenner Verbot geht es hier um eine Transformation der Wirtschaft und der Mobilität. Das ist grüne Politik, welche in Berlin und Brüssel genauso gewollt ist", was astrodon spöttisch zurückwies: "Die Ampel hat befohlen, dass die Industrie E-Autos zu bauen hat? Und hat auch gleich die teuren Preise festgelegt? Und ich hatte geglaubt, wir lebten in einer Marktwirtschaft." Auch emlo sah keinen Zusammenhang, denn Armlehnen würden auch in Verbrennern eingebaut. Peter verwies auf den von der Firma genannten Grund "Krise im globalen Automarkt", während von politisch bedingten Gründen nicht die Rede sei. Bleifuss sah als Ergebnis eigener Recherchern, dass es dem Konzern "prima" gehe und nur der Standort Trusetal nicht mehr in die Zeit passe. "Im Automobilbereich sind schon immer Firmen den Bach runter gegangen und gleichzeitig neue entstanden."
Intensiv wurden die weiteren Perspektiven der deutschen Autobranche insgesamt diskutiert. Britta.Weber: "Das E-Auto ist ein Nischenprodukt, es ist aber nicht das Auto der Zukunft. Die deutschen Verbrenner waren und sind Weltspitze und technologisch top, dem E-Auto überlgen, und sie waren und sind die Basis unseres Wohlstandes." Das helfe jetzt nicht mehr, meinte dagegen Lavendel: "Niemand kann sich heute mehr etwas davon kaufen, dass er den besten PKW Zweitaktermotor baut und ähnlich wird es mittelfristig bei anderen Verbrenern aussehen."
martin sah die Autoindustrie zwischen Baum und Borke. Noch gehe es ihr gut, die Aussichten seien aber schlecht, "weil man lieber auf das fröhliche "Weiter so" gesetzt hat/setzt, statt die Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen und größere Teile statt in Boni und Dividenden lieber in Forschung und Entwicklung zu stecken." Chichi86 fasst seine ähnliche Kritik sarkastisch zusammen mit "Akkus werden ständig besser, aber deutsche Autobauer hinken 10 Jahre hinterher. Ich frag mich wann der erste Lada Audi übertrifft. Verbrenner sind Retro."
Sommer61 brachte noch einen bisher kaum thematisierten Aspekt ein: "Ein Hauptpunkt ist der geforderte steigende Anteil an grüner Energie bei den Komponentenlieferanten. Wenn der nicht vorhanden ist, wird ein anderer Standort gesucht. Hab‘s selber erlebt, als eine Linie für Carbonfasern nicht bei uns in Bayern, sondern in USA an‘s Netz ging. Grund: Die Amis hatte grünen Strom."
Mehr Nachrichten aus Südthüringen im Radiobeitrag zum Anhören:
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 20. März 2024 | 15:30 Uhr
Jana vor 28 Wochen
Wir leben nicht mehr in der DDR.
Die Industrie muss das bauen, was ihre Kunden fordern, oder sie wird es nicht verkauft bekommen.
Weltweit werden mittelfirstig E-Autos von den Kunden gefordert und in den wichtigsten Absatzmärkten gibt es dann Verbote oder massive Beschränkungen für Verbrenner.
Das kann man gerne ignorieren, aber das wäre halt dumm und tödlich für eine Branche die zu 3/4 ihre Produkte in den Export schickt.
Britta.Weber vor 28 Wochen
emlo, das ist eine "Milchmädchenantwort." Alle 'Unternehmen in Deutschland leiden unter schlechteren Rahmenbedingungen dank ampel (hohe Energiekosten, Abgaben, Bürgergeld etc). Umstellungen in der Autoindustrie führen zu anderen Verträgen, Produkten,Abnahmebedingungen etc, kleine Unternehmen können das oft nicht schultern.
Britta.Weber vor 28 Wochen
Erna, danke sehr guter Beitrag! Die Arbeiter und Normalbürger bezahlen immer für wirtschadtliche Fehlentscheidungen der Politik. Die Gewerkschaften ernten nun das, was sie mitgetragen haben - mal sehen, ob und wann ihre Mitglieder das kapieren.