Thüringer Wald Das Knüllfeld in Steinbach-Hallenberg soll touristisch attraktiver werden

16. Februar 2023, 17:00 Uhr

Schon seit Jahren wird in Steinbach-Hallenberg darüber diskutiert, wie das Natur-Kleinod Knüllfeld umgestaltet werden könnte. Ziel der Stadt ist es, das Hochplateau zwischen zwei Bergen als Ausflugsziel für Touristen interessanter zu machen. Jetzt kommt neue Bewegung in das Vorhaben.

Ganzjahres-Skihang, Kletterfelsen, Baumhäuser und Ferienbungalows. An Visionen für das Knüllfeld in Steinbach-Hallenberg fehlt es nicht. Dennoch liegen die Pläne seit bald drei Jahren in der Schublade. Während der Coronakrise waren andere Themen wichtiger als der Tourismus.

Erster Schritt: umfangreiche Stellungnahme

Jetzt scheint bei der touristischen Weiterentwicklung des Knüllfelds aber die nächste Hürde überwunden zu sein. Das sogenannte Scoping-Verfahren, bei dem die Meinungen wichtiger Träger öffentlicher Belange abgefragt werden, bevor ein Bauplan auch nur skizziert wird, ist abgeschlossen.

Gestartet wurde die Abfrage vor etwa einem Jahr von der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Über 30 Stellungnahmen mit Hinweisen und Einwänden von Nachbargemeinden, oberen und unteren Behörden sowie Naturschutzverbänden sind eingegangen. Die LEG hat jetzt eine Zusammenfassung aller Stellungnahmen an die Stadt Steinbach-Hallenberg übergeben.

Entscheidungshilfe für den Stadtrat

Das über 50 Seiten starke Dokument, das Bürgermeister Markus Böttcher jetzt in den Händen hält, wurde von vielen vor Ort ungeduldig erwartet, in der Annahme aus dem Papier die Zukunft des Knüllfelds ablesen zu können. Tatsächlich ist das Dokument vor allem eine Entscheidungshilfe für den Stadtrat - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Formulierungen wie: "Das geht auf keinen Fall" oder "das geht auf jeden Fall" enthält es nicht.

Kaum berührte Natur am Knüllfeld

Das Knüllfeld ist ein wunderbarer Ort. Darüber sind sich alle in Steinbach-Hallenberg einig. Ganz objektiv lässt sich sagen: Das Hochplateau zwischen "Dicker Berg" und "Großer Hermannsberg" ist ein einzigartiger Fleck kaum berührter Natur. Ein Ort mit bestechendem Panorama, das jeden Naturfreund staunen lässt.

Wie mit diesem Kleinod und seinem Potenzial umzugehen ist, darüber sind sich aber nicht alle Steinbach-Hallenberger einig. Bisher findet sich auf dem Knüllfeld neben Wanderwegen ein Skilift mit cirka 1.000 Metern Länge, ein Loipengarten und eine Rodelwiese. Außerdem gibt es den "Waldgasthof", eine Gaststätte, die allerdings nur unregelmäßig geöffnet hat.

Für Einheimische reicht das, um überregionale Touristen anzulocken, fehlt das Alleinstellungsmerkmal. Was Vorrang haben sollte - neu gestalten, um Touristen anzulocken und wirtschaftliches Potenzial zu heben, oder auf bauliche Eingriffe zugunsten von Pflanzen- und Tierwelt zu verzichten - daran scheiden sich die Geister. Die Haltung von Bürgermeister Markus Böttcher lautet, die zwei Ziele schließen sich gar nicht aus: "Niemand, wirklich niemand will die tolle Natur auf dem Knüllfeld zerstören." Im Gegenteil, es gehe darum, die tolle Natur mit anderen Menschen zu teilen. Dafür brauche es aber auch Anreize, damit Menschen sich auf den Weg machen.

Seit Jahren werden Ideen gesammelt

Grundlage der Diskussion ist ein Konzept zur Weiterentwicklung des Areals, das schon im Jahr 2020 im Rahmen eines offenen Bürgerdialogs erarbeitet wurde. Unter Einbezug der Zivilgesellschaft wurden Ideen und Vorschläge gesammelt, von denen 18 in die engere Auswahl gekommen sind.

Darunter finden sich neben einem Ganzjahres-Skihang und einem Kletterfelsen zum Beispiel auch ein fluoreszierender Radweg und ein Pferdeparkplatz. Darüber hinaus schlägt das Konzept auch Baumhäuser und Ferienbungalows für Übernachtungsgäste vor. Anspruch war es, nicht nur lose Einzelideen, sondern ein ganzheitliches Konzept für das Knüllfeld unter dem Motto "sanft, nachhaltig, naturnah" zu liefern. Zuvor hatte der Stadtrat einer neuen touristischen Erschließung des Knüllfelds grundsätzlich zugestimmt.

Kritik von Naturschützern

Die lauteste Kritik an den Plänen kommt von Naturschützern. Das hat sich in dieser Woche auch bei einem Treffen zwischen Bürgermeister Markus Böttcher und Carsten Feller, Staatssekretär aus dem Finanzministerium, gezeigt. Zu dem Termin vor Ort kamen auch etwa 15 Menschen, die der kritischen Arbeitsgruppe "Naturschutz für das Knüllfeld" beziehungsweise dem BUND angehören.

AG und BUND-Kreisverband Schmalkalden-Meiningen agieren nach eigenen Angaben als Einheit. Beide lehnen "alle weiteren Planungen und Infrastrukturmaßnahmen" auf dem Knüllfeld ab, wie in einer Stellungnahme zu lesen ist. Weiter heißt es darin, die Pläne hätten keinen touristischen Mehrwert. Zudem fehle eine hinreichende Begründung für ein gesellschaftliches Interesse an dem Vorhaben.

Entscheidung trifft die Stadt

BUND-Kreisvorsitzender Thomas Wey sagte, er sei zudem grundsätzlich sehr kritisch gegenüber einer Neu-Versiegelung von Boden eingestellt. Das Land befürworte die Pläne grundsätzlich, wie Staatssekretär Carsten Feller bei dem Termin mitteilte. Es täte der Region gut auch rechts und links neben dem Dreigestirn aus Masserberg, Oberhof und dem Inselsberg - dessen Plateau auch gerade neugestaltet wird - naturtouristische Magnete zu entwickeln. Wie die Zukunft des Knüllfelds am Ende aussieht, sei jedoch allein Entscheidung der Stadt, so Feller.

Laut Bürgermeister Böttcher sollen alle Einwände und Hinweise jetzt vom Stadtrat geprüft werden. Eins zeichnet sich aus seiner Sicht aber jetzt schon ab: Stand heute sei es unrealistisch, dass alle 18 Vorschläge umgesetzt werden können. Selbst, wenn der Stadtrat dafür wäre. Allein schon, weil sich die Förderkriterien geändert hätten und der Eigenanteil für die Stadt erheblich gestiegen sei. Trotzdem plädiere er dafür, nicht darauf zu setzen, dass sich künftig regelmäßig Oberhof-Urlauber nach Steinbach-Hallenberg verirren, sondern das eigene touristische Potenzial zeitgemäß weiterzuentwickeln.

MDR (gh)

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 15. Februar 2023 | 18:00 Uhr

2 Kommentare

omg am 17.02.2023

"... Hochplateau zwischen 'Dicker Berg' und 'Großer Hermannsberg' ... ": Dem Text zufolge ist der eine Berg nach irgendetwas mit Namen „Dick“ benannt, der andere nach etwas mit Namen „Groß“. Ich glaube aber kaum, daß das so ist; der Dicke Berg heißt wohl wegen seiner Gestalt so und zum Großen Hermannsberg gibt es sicher auch einen Kleinen Hermannsberg. Hat zwar nicht direkt etwas mit dem Berichtsinhalt zu tun, berührt aber dennoch sehr unangenehm.

Gurg am 17.02.2023

Die Pläne klingen tatsächlich nach vermeidbaren Eingriffen und Naturzerstörung ohne wirklichen Mehrwert für Gesellschaft und Wirtschaft.

Vielleicht wäre ein erster Schritt eine freundlichere, hochwertigere und zumindest geöffnete Gastronomie ohne „Reserviert“ auf jedem Tisch bei fast leerem Laden wie in der DDR. Das bringt mehr für den Tourismus als baulicher Pipifax in der Landschaft. Zudem ist touristische Attraktivität kein Selbstzweck und „Attraktionen“, die sich finanziell nicht rechnen, sind es nicht wert subventioniert und auf Kosten der Natur errichtet zu werden.

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