Füße in Kuschelschuhen kommen aus einem Raum, aus dem weißer Nebel steigt
Extreme Kälte wirkt durchblutungsfördernd und entzündungshemmend. Das hilft auch gegen Schmerzen. Bildrechte: MDR/Juliane Maier-Lorenz

Kältetherapie Schmerzen durch Kälte ausschalten

21. November 2023, 05:00 Uhr

Wer regelmäßig zwei bis drei Minuten in einer Kältekammer aushält, bleibt gesund und ist aktiv gegen Krankheiten geschützt. Doch die Kälte wirkt nicht nur prophylaktisch: Vor allem schmerzende Gelenkentzündungen lassen sich mit Minusgraden erfolgreich behandeln.

Kalte Wickel, Kühlkompresse, Eis-Spray: Dass Kälte bei unterschiedlichsten Beschwerden hilft, ist kein Geheimnis. Eine Steigerung in Effektivität und Wirkung stellt die Ganzkörper-Kryotherapie dar, entwickelt 1980 in Japan zur Behandlung der rheumatischen Arthritis. Dabei wird der Patient für kurze Zeit niedrigsten Temperaturen ausgesetzt. Zur Eingewöhnung beginnt man 30 Sekunden in einer Vorkammer bei minus 60 Grad.

Anschließend begibt man sich für maximal drei Minuten in die sogenannte Kältekammer. Hier herrschen minus 110 Grad. Der Patient trägt dabei nur Badekleidung; sehr kälteempfindliche Körperteile wie Hände, Füße und Ohren werden abgedeckt. Wird die Kammer mit Stickstoff betrieben, schaut der Kopf oben hinaus. Bei elektrisch betriebenen Kammern kann er mitgekühlt werden. Schwangeren, Diabetikern und Patienten mit Herzschrittmachern ist die Therapie nicht erlaubt.

Entzündungshemmend und schmerzlindernd

Extreme Kälte regt den Zellstoffwechsel an, wirkt durchblutungsfördernd und entzündungshemmend. Das macht die Therapie vor allem für Menschen mit Schmerzerkrankungen des Bewegungsapparates oder entzündlichen Erkrankungen der Gelenke relevant, z.B. Patienten mit rheumatoider Arthritis oder mit Spondyloarthritiden.

"Gut angenommen wird die Behandlung auch von Schmerzpatienten, beispielsweise Menschen mit Fibromyalgie, da bei all diesen Indikationen die Schmerzwahrnehmung gestört ist, sich ein sogenanntes Schmerzgedächtnis aufgebaut hat. Das geht nur sehr schwer mit Medikamenten allein zu behandeln", sagt Professor Eugen Feist, Rheumatologe in der Helios-Klinik Vogelsang-Gommern. Die Ganzkörperkältetherapie helfe deswegen bei der effektiven Behandlung selbst schwer zu behandelnder Fälle.

Das bewirkt der Kältereiz genau

Was macht Kryotherapie so wirksam gegen Schmerzen? "Die Kälte ist ein physiologischer Reiz, den wir über bestimmte Thermorezeptoren der Haut wahrnehmen", erklärt Feist. "Sie leiten das Signal dieser Kälteeinwirkung sehr schnell an unser zentrales Nervensystem weiter und überbrücken bzw. überspielen damit die Leitung von Schmerzsignalen. Damit werden die Schmerzen erträglicher." Weil erkrankte Gelenke sich anschließend besser bewegen lassen, wird der Aufenthalt in der Kältekammer oft mit anschließenden Bewegungstherapien ergänzt. Auch in der Sportmedizin findet die Kryotherapie Anwendung, vorrangig zur Leistungssteigerung und Regeneration. Mehrere Untersuchungen belegen ihre Wirksamkeit bei der Vorbeugung von Muskelkater.

Wer im tiefsten Winter ohne Handschuhe vor die Tür tritt, weiß: Kälte wirkt sofort. Diesen Effekt macht sich die Kryotherapie zunutze. "Die Ganzkörperkältetherapie wirkt unmittelbar nach der Anwendung. Besonders intensiv ist die Wirkung in den ersten drei Stunden. Die Therapie kann aber auch, wenn regelmäßig in Serie angewendet, einen langanhaltenden schmerzlindernden Effekt haben", so Feist.

Wann bezahlt die Krankenkasse?

Speziell bei stationärer Aufnahme hat sich laut Feist die serielle Anwendung – zwei Mal täglich, kurz nach dem Aufstehen und noch einmal nachmittags – durchgesetzt, weil sie sich als besonders effektiv erwiesen hat: "Diese sogenannte Komplextherapie oder auch multimodale Schmerztherapie ist eine Kassenleistung, gerade zur Behandlung therapieresistenter Patienten, bei denen man mit Medikamenten allein nicht zurechtkommt oder bei denen man das Ziel hat, die medikamentöse Therapie abzubauen".

Bei der Ganzkörperkältetherapie handelt es sich um ein alternatives Heilverfahren. Lässt sich die Therapie zur Abschwächung eines Krankheitsverlaufs als medizinisch notwendig begründen, kommt oft die Krankenkasse für die Kosten auf. Wurden Kältekammern lange Zeit vorrangig in Krankenhäusern eingesetzt, gibt es inzwischen vor allem in größeren Städten eine Reihe von Studios, die Sitzungen anbieten. Der Preis einer Anwendung liegt dabei gewöhnlich zwischen 20 und 40 Euro. Wer in eine Flatrate investiert, kann dabei kräftig sparen.

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MDR (cbr) | Erstmals erschienen am 21.04.2021.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 23. November 2023 | 21:00 Uhr

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