Ein Paar schläft in einem Bett.
Guter Schlaf ist nicht selbstverständlich. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Tipps und Warnungen Rund um den Schlaf: Fragen an den Arzt

29. September 2023, 16:11 Uhr

Ungefähr fünf bis sechs Millionen Deutsche haben Ein- und Durchschlafstörungen. Dabei ist ein erholsamer Schlaf sehr wichtig, egal ob für Schüler oder Rentner. Mediziner Dr. Thomas Dietz beantwortet Fragen rund um den Schlaf: Zu welcher Uhrzeit sollte wirklich jeder schlafen? Was ist der größte Fehler, den man nachts machen kann? Und was passiert, wenn der Schlaf dauerhaft zu kurz kommt?

MDR um 4: Was sind die Hauptursachen für Schlafstörungen?

Dr. Dietz, Mediziner: Im Regelfall sind es die Volkserkrankungen. Die Klassiker, die zu Schlafstörungen führen, sind Diabetes mit den entsprechenden Nervenschädigungen, Bluthochdruck mit der dann notwendigen Medikation und psychische Störungen.

Außerdem werden abends lange Handy oder Fernseher genutzt. Das ist nicht gut. Dieses blaue Licht weckt uns wieder und Melatonin wird erst später gebildet – also das natürliche Hormon, das eigentlich dafür sorgt, dass wir schlafen wollen. Und dann liegt man lange wach.

Auch Alkoholkonsum ist ein ganz interessanter Punkt, weil er das Einschlafen erst einmal befördert, aber das Durchschlafen problematisch macht. Und wir unterscheiden ja die Ein- von der Durchschlafstörung.

Immer mal wach? Es ist normal, wenn es drei bis vier Tage im Monat gibt, an denen man nicht gut (ein)schläft. Das hat noch keinen "Krankheitswert". Man spricht erst von einer Erkrankung, wenn die Ein- und Durchschlafstörungen häufiger als drei Mal pro Woche auftreten und länger als einen Monat anhalten.

Was passiert, wenn man dauerhaft zu wenig schläft?

Die Ruhe in der Nacht ist für den Biorhythmus des Menschen unglaublich wichtig.

Normalerweise werden nachts ganz natürlich in der Wirbelsäule die Bandscheiben wieder mit mehr Flüssigkeit aufgefüllt – und dadurch entlastet sich alles. Die Lymphe fließt besser ab. Das Immunsystem erholt sich, es werden ganz viele Dinge in Ordnung gebracht, auch das Gehirn wird entlastet. Das ist für unsere psychische Gesundheit wichtig.

Wenn ich ständig nachts erwache oder nicht ausreichend schlafe, ist es so: Drei schlechte Nächte am Stück und die Konzentrationsfähigkeit am Tag ist dahin, auch das Herzinfarktrisiko steigt extrem. Guter Schlaf ist das A und O.

Welche Zeit reicht aus, damit sich der Körper im Schlaf erholt?

Sieben Stunden ist die Basis. Falls man im Schnitt nur sechs Stunden pro Nacht schläft, dann käme man in einer Woche auf 42 Stunden. Man sagt, unter 42 Stunden pro Woche wäre ein Schlafmangel.

Es gibt Leute, die brauchen nur fünf Stunden Schlaf und sind dann wieder fit. Das sind aber wenige Ausnahmen.

Ist der Schlaf vor Mitternacht der wichtigste?

Das ist nur eine Geschichte. Entscheidend ist, wenn man es biologisch betrachtet, der Schlaf kurz nach Mitternacht bis ungefähr morgens um vier.

Diese Uhrzeit von 0 Uhr bis ungefähr 4 Uhr ist wirklich extrem wichtig, weil da der Körper ganz weit runter in die Erholungsphase geht und auch die Hormone runter gehen.

Wenn man sich den Hormonstatus anschaut, sieht man: Typischerweise werden wir nicht nur morgens wach, weil es hell wird, sondern wegen unserer Hormone. Die Hormone, die uns sozusagen aus dem Bett bringt, steigen zum Morgen hin an: Cortisol, Insulin, Adrenalin, auch das Wachstumshormon, selbst wenn man schon ausgewachsenen ist.

Was stört beim Einschlafen und Durchschlafen besonders?

Fernsehen ist keine gute Idee, Handy auch nicht, also alle Monitore im Prinzip. Und der größte Fehler, den viele machen, wenn sie nachts erwachen: Sie gucken auf die Uhr. Es ist schwer, aber das muss man sich abgewöhnen. Ich kann nur jedem raten, nicht auf die Uhr zu schauen.

Eine Frau sieht Nachts im Bett auf ihr Handy.
Wach werden kommt durchaus vor. Die Kunst ist, dann nicht zum Handy zu greifen oder auf die Uhr zu gucken. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Außerdem ist helles Licht keine gute Idee. Entscheidend ist die Lux-Zahl. Licht wird in seiner Intensität in Lux gemessen, und wenn Sie möglichst wenig Intensität nehmen, ist das das Beste, das Sie tun können. Es sollte so sein, dass es möglichst nur ein Schummerlicht ist.

Ich brauche Schlaftabletten wegen meines Tinnitus, sonst kann ich nicht schlafen. Die Tabletten helfen mir. Ist das gut?

Wenn Sie eine Tablette von Ihrer Ärztin bekommen, die Ihnen gut tut, dann kann man nur sagen: Nehmen Sie sie. Es gibt diesen schönen und leider auch verrückten Satz der Hals-Nasen-Ohrenärzte beim Tinnitus: Der wird erst dann richtig gut, wenn man nicht mehr hinhört. Das klingt schwer einzuhalten. Aber wenn der Tinnitus laut ist, und man kann ihn ja messen in seiner Lautstärke, dann muss man ganz klar sagen: Sie haben sonst keine Chance. Sie müssen ja irgendwie in den Schlaf kommen.

Einer meiner HNO-Kollegen würde empfehlen: keine komplette Ruhe suchen, sondern leichte, entspannende Musik im Hintergrund laufen zu lassen, damit der Tinnitus nicht die Übermacht bekommt.

Ich hatte einen Infekt und musste ein Antibiotikum nehmen. Nun wache ich seit Wochen schweißgebadet in der Nacht auf. Ist das normal?

Es spricht vieles dafür, dass der Infekt noch nicht ausbehandelt ist. Das muss auf jeden Fall noch einmal mit einer gründlichen Blutuntersuchung überprüft werden. Man sollte versuchen zu schauen, ob irgendwo noch ein Erreger ist.

Hand in grünem Handschuh hält Blutproben
Manchmal hilft nur noch ein Blutbild. Bildrechte: IMAGO / Design Pics

Es könnten zwei Dinge passiert sein: Erstens eine Infektanämie, also dass Sie eine Blutarmut entwickelt haben, weil diese chronische Infektion die Blutbildung beeinträchtigt. Das Zweite, woran man denken muss, ist, dass der Infekt nicht komplett besiegt worden ist. Da muss auf jeden Fall ins Differentialblutbild geguckt werden: Sind die Zellen erhöht, die gegen Viren kämpfen? Oder die, die gegen Bakterien kämpfen? Und was macht Ihr roter Blutfarbstoff? Wie ist die Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit? Und dann muss man entscheiden, was man tut.

Das sollten Sie auf jeden Fall überprüfen lassen. Und dafür gibt es den Hausarzt.

Ich arbeite in Schichten und bin nachts immer zwischen 2 und 3 Uhr wach. Was kann ich tun?

Ich würde immer mit milden Mitteln anfangen. Und da haben wir dieses natürliche Hormon – das Melatonin. Das gibt es auch als Spray. Lassen Sie sich in der Apotheke beraten. Es hilft hocheffektiv. Das ist das Natürlichste, was man versuchen kann. Dazu ist es praktisch nebenwirkungsfrei. Und Schichtarbeiter haben, wenn sie nicht gut in den Schlaf kommen, später deutlich erhöhte Sterblichkeitsraten für ein vorzeitiges Ableben. Guten Schlaf muss man irgendwie hinkriegen. Das ist wichtig.

Quelle: MDR um 4

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR UM 4 | 28. September 2023 | 17:00 Uhr

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