Urteile der Woche Bei unsicherer Rückreise ist der Reiserücktritt kostenfrei
Hauptinhalt
08. April 2023, 05:00 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Bei unsicherer Rückreise ist Reiserücktritt kostenfrei
Bundesgerichtshof, Az.: X ZR 23/22
Das Ehepaar Wild* bucht für März 2020 eine Motorradtour durch Marokko. Beide freuen sich auf das Abenteuer, doch wegen der sich ausbreitenden Corona-Pandemie gibt es Ungereimtheiten. So werden die Wilds bei der Abfertigung am Flughafen für den Hinflug von der Fluggesellschaft darüber informiert, dass der Flughafen von Marrakesch tags darauf geschlossen werde. Die Rückreise gestaltet sich also unsicher und so entscheidet sich das Paar die Reise abzusagen und fordert vom Veranstalter der Motorradtour die Erstattung des vollen Reisepreises von 2335 Euro. Der Veranstalter möchte allerdings eine Stornogebühr einbehalten und so landet der Fall über mehrere Instanzen letztlich beim Bundesgerichtshof. Die Richter geben den Reisenden recht.
Wenn bei einer Reise die Rückkehr unsicher wird, können Reisende kostenfrei von ihrer Buchung zurücktreten. Das Risiko außergewöhnlicher Umstände trägt generell der Veranstalter. Dass hier die Reisenden die Flüge nicht beim Veranstalter der Motorradtour gebucht haben, ändert daran nichts.
Corona-Hilfen für SC Paderborn rechtmäßig
Verwaltungsgericht Minden, Az. 7 K 3023/22
Auch der 2. Fall arbeitet Geschehnisse rund um die Corona-Pandemie auf. Im konkreten Fall geht es um den Fußballverein SC Paderborn. Ein Physiotherapeut des Clubs muss im März 2020 in der ersten Corona-Welle für zwei Wochen in häusliche Quarantäne und kann somit die Fußball-Profis des Vereins nicht mehr betreuen. Der Verein beantragt daraufhin für die angeordnete Absonderung des Mannes von der Mannschaft eine Lohn-Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Das Land lehnt mit der Begründung ab, dass der Physiotherapeut auch im Homeoffice hätte arbeiten können. Das Erstellen von Trainingsplänen sei möglich gewesen. Die Richter des Verwaltungsgerichts Minden folgen der Begründung des Landes Nordrhein-Westfalen allerdings nicht.
Der Arbeitnehmer konnte aus nachvollziehbaren Gründen nicht wie geschuldet arbeiten. Leistung am Spieler hat er entgegen der Behauptung des Landes nicht erbringen können. Telefonische Arbeit mit den Fußballprofis fällt nicht in den Aufgabenbereich eines Physiotherapeuten.
Das Land Nordrhein-Westfalen muss dem Verein rund 1.400 Euro Verdienstausfall plus 1.258 Euro Sozialabgaben erstatten.
Weg mit Krankschreibung zum Briefkasten ist unfallversichert
Bundessozialgericht, Az: B 2 U 1/21 R
Fall 3 ereignet sich im Jahr 2013. Brigitte Brotlos wird von ihrem Arzt krank geschrieben und will ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Post zusenden. Auf dem Weg zum Briefkasten stürzt sie und zieht sich verschiedene Verletzungen zu. Die Frage, ob sie auf dem Weg zum Briefkasten unfallversichert war, beantworten die Richter des Bundessozialgerichts wie folgt:
Ein versicherter Arbeitsunfall ist zweifelsfrei und ohne jegliche weitere Ermittlung zu bejahen. Die Frau ist zur Zusendung der Bescheinigung an den Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet gewesen. Daher ist der Weg zum Briefkasten ein versicherter Betriebsweg gewesen.
Seit Anfang des Jahres gilt allerdings ein neues Verfahren, nachdem Ärztinnen und Ärzte die Bescheinigung der jeweiligen Krankenkasse elektronisch übermitteln. Kranke Arbeitnehmer müssen sich nur noch telefonisch bei ihrem Arbeitgeber melden. Dieser kann die Krankschreibung dann digital bei der Krankenkasse abrufen.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. April 2023 | 05:00 Uhr