Fußball | Regionalliga Ausschluss von Auswärtsfans? Winkler widerspricht Gerber-Vorschlag

19. März 2024, 12:16 Uhr

Ein Thüringenderby ohne Auswärtsfans? Geht es nach Franz Gerber, Geschäftsführer des FC Rot-Weiß Erfurt, könnte dieses Szenario nach den Szenen am vergangenen Wochenende bald Realität werden. NOFV-Präsident Hermann Winkler widerspricht.

Nach den Krawallen im Thüringen-Derby regt Rot-Weiß Erfurts Geschäftsführer Franz Gerber einen generellen Ausschluss von Gäste-Fans an und hofft auf einen Konsens in der Regionalliga Nordost. "Es muss etwas passieren. Geredet wurde schon genug. Gebracht hat es nichts", sagte der 70-Jährige der Thüringer Allgemeinen (Dienstagsausgabe, 19. März).

Franz Gerber
RWE-Geschäftsführer Franz Gerber fordert nach den Ausschreitungen im Thüringenderby Konsequenzen. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Erfurter Anhänger hatten am vergangenen Samstag im Stadion des FC Carl Zeiss Jena unter anderem Leuchtraketen auf eine benachbarte FCC-Tribüne geschossen, auf der Familien mit Kindern saßen. Wohl nur durch glückliche Umstände wurde dabei niemand verletzt. Das Spiel war für über 20 Minuten unterbrochen, stand sogar ganz vor dem Abbruch.

NOFV-Präsident Winkler: "Das wäre Kapitulation"

Hermann Winkler, Präsident des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV), sieht in Gerbers Vorschlag nicht die Lösung für das Problem. Einen Ausschluss von Gästefans könne er sich nur "schwer vorstellen", sagte Winkler am Deinstag (19. März) im Interview mit Sport im Osten. "Der Fußball-Tourismus gehört dazu – solange er positiv verläuft. Ich möchte im Stadion sowohl Gesänge von Heim- als auch Gästefans haben. Beide Mannschaften sollen Unterstützung bekommen."

Hermann Winkler (NOFV) 1 min
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Grundsätzlich sollte es nicht um den Ausschluss von Fans gehen, sondern um eine gemeinsame Lösungsfindung. Bestimmte Personengruppen auszuschließen, "wäre auch ein Stück weit Kapitulation", sagte Winkler. "Wir müssen daran arbeiten und es aufklären. Aber es sollten alle in die Stadien kommen können – auch Familien mit Kindern."

Fanhilfen stellen sich gegen Ausschluss

Der Dachverband der Fanhilfen ist ebenfalls auf der Seite des NOFV. "Immer dann, wenn die Ratlosigkeit groß ist und öffentlichkeitswirksam verkündet wird 'etwas tun' zu wollen, sind besonders radikale Vorschläge beliebt, weil sie große Tatkraft suggerieren", sagte die Vorsitzende Linda Röttig der Deutschen Presse-Agentur. "Fest steht aber, dass Kollektivstrafen weder mit dem Grundgesetz noch mit einem modernen Rechtsverständnis vereinbar sind."

NOFV leitet Ermittlungsverfahren ein

Der NOFV hat bereits ein Ermittlungsverfahren zu den Vorfällen in Jena eingeleitet. Auf beide Clubs kommt wohl eine Strafzahlung zu. Die Zahlungen sind unter anderem der Grund, warum Gerber der Idee, ohne Gäste-Fans zu spielen, nachgeht. Allein in der vergangenen Saison musste Erfurt 70.000 Euro an Strafen zahlen.

"Als Heimverein hat man dadurch zwar auch finanzielle Einbußen, und für den Gastverein ist es sicher eine sportliche Schwächung. Aber damit würde das größte Konfliktpotenzial gebannt werden", sagte Gerber.

Die Erfahrung hat gezeigt: Ändern wird sich nichts.

Franz Gerber Thüringer Allgemeine

Der Manager hofft auf Unterstützung durch den NOFV und peilt einen - womöglich unwahrscheinlichen - Konsens in der Liga an. "Man kann reden, wie man will. Man kann an die Vernunft appellieren", sagte Gerber. "Die Erfahrung hat gezeigt: Ändern wird sich nichts. Das ist diesen Leuten egal. Für sie ist das Stadion eine Bühne, um Gewalt auszuleben."


jsc/rhi/dpa

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Dieses Thema im Programm: Sport im Osten im MDR AKTUELL Nachrichtenradio | 19. März 2024 | 12:40 Uhr

31 Kommentare

Feldspieler vor 5 Wochen

Es ist ja nicht nur in Erfurt so, sondern auch Rostock, Cottbus oder Leipzig. Mit Kindern zum Ostfussball geht leider nicht - oder nur bei RB oder in Magdeburg. Die vielbeschworene Fankultur ist leider oft nur ein Freibrief für Hass und Gewalt. In englischen oder spanischen Stadien undenkbar. S wird Zeit, das der Verband, aber die Vereine rote Linien ziehen. Der Fußball gehört nicht allein den Fans.

Simmerl vor 5 Wochen

Die Vermeidung von männlicher Gruppendynamik. Es ist nirgends gut, dass man alkoholisierte Männer geballt mit Feuerzeugs sammelt. Was soll da raus kommen?

astrodon vor 5 Wochen

Keine Gäste-Fans mehr: Eine super Idee! das spart immense Kosten für Transport, Polizei, Sachbeschädigungen, Strafzahlungen und sicher noch einiges, was mir gerade nicht einfällt.

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