Joachim Rukwied
Bauernpräsident Joachim Rukwied hat weitere Proteste in Aussicht gestellt, sofern die Regierung ihre Kürzungspläne nicht vollständig zurücknimmt. Bildrechte: picture alliance/dpa/Peter Kneffel

Bauern-Proteste Landwirte drohen mit längeren Protesten

10. Januar 2024, 21:20 Uhr

Entweder ganz oder gar nicht: Bauernpräsident Joachim Rukwied stellt länger anhaltende Bauernproteste in Aussicht. Die Regierung müsse sämtliche Kürzungen der Agrar-Subventionen zurücknehmen, um die Demonstrationen zu beenden.

Es ist erst Tag drei der bundesweiten Aktionswoche der Landwirte und schon stehen neue mögliche Proteste im Raum. Bauernpräsident Joachim Rukwied drohte im ZDF-"Morgenmagazin" mit weiteren Demonstrationen, sollte die Bundesregierung ihre Pläne für die Kürzungen der Agrar-Subventionen nicht komplett zurücknehmen. Die teilweise Rücknahme der Pläne sei ein "fauler Kompromiss", der eine zusätzliche Belastung der Landwirte bedeute, sagte er. Nach der geplanten Großdemonstration am Montag in Berlin behielten sich die Bauern weitere Schritte vor.

Die Regierung könnte die Demonstrationen beenden, wenn sie wirklich auf die Landwirte zuginge. Es ginge ihnen bei den Aktionen "um Wettbewerbsgleichheit und Fairness in der EU", erklärte Rukwied.

Gespräche mit Scholz geplant

Der Bauernpräsident sagte weiter, er habe am Dienstag kurz mit Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner gesprochen. Scholz hatte allerdings zuvor betont, dass die Regierung an ihren Kürzungsplänen festhalten werde. Scholz will am Donnerstag in Cottbus mit Vertretern der Landwirte sprechen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, dabei werde der Kanzler die Regierungsposition noch einmal erläutern.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff forderte angesichts der anhaltenden Bauernproteste einen Runden Tisch im Kanzleramt. Haseloff sagte MDR AKTUELL, dieser Konflikt müsse so schnell wie möglich weg von der Straße. Jetzt sei ein klares Wort von Bundeskanzler Olaf Scholz notwendig.

Zugleich unterstützte Haseloff die Proteste der Landwirte und die Forderung nach finanzieller Unterstützung. "Es wird keine subventionsfreie Landwirtschaft geben können."

Proteste gehen weiter

Für Mittwoch hatten die Bauern eine Ausweitung der Proteste angekündigt. So harrten Teilnehmer der Bauernproteste bereits in der Nacht rund um das Brandenburger Tor in Berlin aus. Wie ein Polizeisprecher sagte, hielten sich in den frühen Morgenstunden 24 Traktoren, 14 Laster und Autos und 25 Personen auf der Strecke rund um das Tor auf.

Zu der zentralen Veranstaltung in der Aktionswoche des Bayerischen Bauernverbandes kamen indes mehr als 1.000 Traktoren nach Augsburg. Die Teilnehmer waren schon Stunden zuvor mit ihren Schleppern teils in Kolonnen in die Stadt gefahren.

Özdemir auf Demonstration in Ellwangen

Joachim Rukwied (l), Präsident des Deutschen Bauernverbandes, und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stehen während einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes vor dem Brandenburger Tor auf einer Bühne.
Joachim Rukwied (l), Präsident des Deutschen Bauernverbandes, und Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, bei einer früheren Demonstration des Deutschen Bauernverbandes. Bildrechte: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Bundesagrarminister Cem Özdemir sprach bei einer Kundgebung im baden-württembergischen Ellwangen. Der Grünen-Politiker verwies vor Ort darauf, dass die ursprünglichen Kürzungspläne der Bundesregierung abgeschwächt worden seien. "Die Kfz-Steuerbefreiung bleibt, die grüne Plakette bleibt Ihnen erhalten, das haben wir immerhin schon mal erreicht", sagte Özdemir. Die Beihilfen zum Agrar-Diesel würden nicht auf einen Schlag, sondern über drei Jahre abgeschafft.

Özdemir hatte gegenüber den Funke-Medien gesagt, dass er in den Bauernprotesten Vorboten einer tiefen Spaltung der deutschen Gesellschaft sehe. "Die Menschen auf dem Land haben das Gefühl, abgehängt zu sein. Sie sorgen sich, dass sie in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder kommen", sagte der Grünen-Politiker. Özdemir forderte zudem eine Grundsatzdebatte über die Rolle der Landwirtschaft, denn die Interessen der Verbraucher und der Landwirtschaft klafften auseinander.

Containerterminal steht still

In Bremerhaven zeigen sich Auswirkungen der Bauernproteste deutlich: So steht der Betrieb des Containerterminals. Nach Angaben der Hafenmanagementgesellschaft Bremenports sind zwei Zugangsstraßen zum Terminal blockiert. Auch der Schienenverkehr sei eingeschränkt. Schiffe könnten den Hafen nicht verlassen, weil sie auf Ladung warten müssten. Andere Schiffe könnten nicht einfahren, weil der Hafen belegt sei.

Aktionen der Landwirte in Sachsen

Mit Versammlungen in Dresden und Plauen haben die Landwirte in Sachsen am Mittwoch ihre Proteste fortgesetzt. Nach Angaben des Landesbauernverbandes waren rund 4.000 Traktoren aus umliegenden Landkreisen nach Dresden gefahren, es gebe tausende Teilnehmer. Die Polizei wollte auf Anfrage keine Teilnehmerzahl nennen. "Wir fühlen uns verlassen von unserer Bundesregierung. Wir stehen für die Mitte und wir sind extrem unzufrieden", sagte Landesbauernpräsident Torsten Krawczyk auf der zentralen Kundgebung in der sächsischen Landeshauptstadt.

Zudem waren knapp 570 Traktoren am Mittwochmorgen zu einer Sternfahrt nach Plauen unterwegs. Die Fahrzeuge hatten sich in mehreren Konvois auf den Bundesstraßen 92 und 173 sowie der Autobahn Plauen-Ost ins Stadtzentrum bewegt.

Verkehrsbehinderungen in Thüringen

Derweil führten die anhaltenden Bauernproteste am Mittwoch in Thüringen vor allem im Osten des Landes zu Einschränkungen im Straßenverkehr. In und um Jena rechneten Polizei und Stadtverwaltung bis in den Nachmittag hinein mit Behinderungen etwa durch einen Traktor-Korso. In Gera gab es zudem eine Versammlung mit acht Traktoren und zwei Lastwagen. Zu einer Kundgebung in Altenburg rollten am Mittwoch 60 Traktoren. Wie die Polizei weiter mitteilte, verliefen die Proteste friedlich.

Blockade auf Autobahnen in Sachsen-Anhalt

Weitreichende Verkehrseinschränkungen gab es auch in Sachsen-Anhalt. Laut Bauernverband waren 65 der insgesamt 81 Autobahnauffahrten von 9 bis 13 Uhr blockiert. Mittlerweile hat sich die Lage auf den Straßen entspannt.

AFP/Reuters/dpa/MDR (lik,jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 10. Januar 2024 | 09:00 Uhr

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