
Streit um neue Stellen Lindner pocht auf Überarbeitung der Kindergrundsicherung
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10. April 2024, 14:06 Uhr
Die geplante Kindergrundsicherung sorgt weiter für Ärger in der Koalition. Hauptstreitpunkt sind seit Tagen die 5.000 neuen Behördenstellen, die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) als Bedarf für das Sozialvorhaben angemeldet hatte. Daran übt die FDP weiter Kritik. Bundesfinanzminister Lindner fordert eine Überarbeitung der bisherigen Vorschläge beim geplanten Koalitionsausschuss am Mittwoch.
- Die FDP übt weiterhin Kritik an den Plänen zur Kindergrundsicherung. Finanzminister Lindner fordert eine Überarbeitung.
- Streitpunkte sind mehr als neue Behördenstelle und ein erhöhter Bürokratieaufwand.
- Sozialverbände fordern eine schnelle Einigung, um die Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor dem am Mittwochabend geplanten Koalitionsausschuss eine Überarbeitung der bisherigen Vorschläge von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) für die Kindergrundsicherung verlangt. "Es muss nachgearbeitet werden", sagte der FDP-Vorsitzende der "Augsburger Allgemeinen".
Lindner kritisiert Bürokratie und falsche Anreize
Lindner verwies auf zwei von der Koalition vereinbarte Bedingungen als Grundvoraussetzung zur Einführung der neuen Sozialleistung. "Erstens darf es keinen überproportionalen Verwaltungsaufwand geben", so Lindner. Stattdessen müsse durch Digitalisierung Bürokratie abgebaut werden. "Zweitens dürfen wir keine Anreize setzen, dass Menschen aufgrund höherer Sozialleistungen nicht mehr arbeiten gehen." Der FDP-Politiker fügte hinzu: "Beide Voraussetzungen sind offenbar nicht gegeben."
Streit um 5.000 neue Behördenstellen für Kindergrundsicherung
Hauptstreitpunkt sind seit Tagen die 5.000 neuen Behördenstellen, die Familienministerin Paus als Bedarf für das große Sozialvorhaben angemeldet hatte. Daran übt die FDP scharfe Kritik – auch wenn Paus ihre Forderung am Wochenende bereits abgeschwächt und angedeutet hatte, dass perspektivisch auch weniger Stellen zur Umsetzung der Kindergrundsicherung denkbar wären. Sie betonte, dass sie nicht vorhabe, eine neue Behörde zu schaffen. "Wir ertüchtigen die Familienkasse", sagte sie.
Was ist die Kindergrundsicherung? Mit der Kindergrundsicherung will die Bundesregierung Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder den Kinderzuschlag in einer einzigen Leistung bündeln. Damit sollen künftig alle Familien, denen entsprechende Leistungen zustehen, diese auch vollumfänglich erhalten. Bislang ist das laut Familienministerium nur bei einem Bruchteil der Fall. Derzeit berät das Parlament dazu. Die Kindergrundsicherung soll kommendes Jahr in Kraft treten.
Kindergrundsicherung und Bürokratieabbau kein Widerspruch
Regierungssprecher Steffen Hebestreit war bereits am Montag der Kritik entgegengetreten, mit der Reform solle ein Bürokratiemonster geschaffen werden. "Die komplette Bundesregierung strebt eine möglichst effiziente Lösung an", erklärte er. Es baue keiner "aus Jux und Dollerei einen großen Beamtenapparat auf".
Gleichzeitig bekräftigte er, dass die nötigen Stellen für die Kindergrundsicherung nicht dem Ziel der Bundesregierung widersprächen, Bürokratie abzubauen. Es sei "schwierig", einen Zusammenhang zwischen den beiden Zielen herzustellen, da es der Bundesregierung bei der Kindergrundsicherung um nichts Geringeres als um die Bekämpfung von Kinderarmut gehe. Zur Dimension der 5.000 neuen Stellen verwies der Regierungssprecher auf die Berechnung der Bundesagentur für Arbeit, an die sich die Bundesregierung halten müsse, und die eine "Zielgröße" sei. Die offenen Fragen zur konkreten Ausgestaltung würden derzeit im parlamentarischen Verfahren geklärt.
Neuberechnung des Personalbedarfs für Kindergrundsicherung möglich
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte am Montag, dass die bisherige Stellendimension aus ihrer Sicht überholt sei. Die Frage danach, wie viele Stellen stattdessen nötig seien, sei Gegenstand der parlamentarischen Beratungen in dieser Woche, erklärte sie.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) teilte mit, man habe den Personalbedarf zur Kindergrundsicherung auf der Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs und in Abstimmung mit dem Familienministerium ermittelt. Sollte ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt werden, werde der Personalbedarf neu berechnet. In ihrer ursprünglichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf im November 2023 hatte die BA von zusätzlichen 5.355 "Vollzeitäquivalenten" gesprochen, die für die Umsetzung der Kindergrundsicherung nötig seien. Das ergäbe doppelt so viel Personal wie in der heutigen Familienkasse, heißt es.
Sozialverbände fordern schnelle Einigung
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, fordert derweil eine zügige Einführung der Kindergrundsicherung. Die derzeitigen Diskussionen drohten eine "Schlammschlacht zwischen FDP und Grünen" zu werden, sagte Bentele der "Rheinischen Post". "Das können wir uns nicht leisten. Die drei Millionen Kinder in unserem Land, die von Armut bedroht oder betroffen sind, brauchen schnellstmöglich Hilfe und sind auf eine gute Kindergrundsicherung angewiesen." Die Verbandspräsidentin rief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu auf, sich zum Thema zu äußern. Bentele kritisierte vor allem die FDP: Sie trete "immer wieder neue Debatten um kleinteilige Fragen und Details" los und erwecke den Eindruck, sie wolle das ganze Projekt verzögern.
Der Entwurf zur Kindergrundsicherung von Familienministerin Paus wurde im September 2023 vom Bundeskabinett beschlossen und im November zum ersten Mal im Bundestag beraten. Das Gesetzgebungsverfahren stockt jedoch, viele Details der Umsetzung sind noch offen. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP kommen am Mittwochabend zu Beratungen in Berlin zusammen. Konkrete Beschlüsse sind in der Sitzung des Koalitionsausschusses nicht geplant.
dpa,epd,MDR(smk)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. April 2024 | 10:15 Uhr
LautGedacht am 11.04.2024
Das Geld wäre sinnvoller investiert, wenn man Kinderbetreuung, Bildung, Sportvereine etc. damit finanziert und damit für alle Kinder zugänglich macht. Nur weil die Eltern ein paar Euro im Monat mehr bekommen, haben die Kinder doch nicht automatisch mehr Teilhabemöglichkeiten. Ich glaube nicht, dass das Geld bei den Kindern ankommt.
Wagner am 10.04.2024
Das Nachbesserung ansteht ,ist doch klar.Warum 5000 neue Beamtenstellen??Will Frau Paus ihre Klientel in Lohn und Brot bringen und das bei 30 Wochenstunden mit Lohn zu 40 Stunden ?? Es geht doch um die Kinder —oder ? Da brauchts keine Beamten —nicht einen.. Da brauchts Unterstützung . Weiter nichts.
Eddi58 am 10.04.2024
@Britta.Weber
„ Die FDP hat ihre Wähler, weil sie sich zum Erfüllungsgehilfen der Grünen gemacht hat. Deshalb ist sie überflüssig geworden.“
Mit Verlaub - auch beim Dritten lesen erschließt sich mir der Sinn Ihrer Worte nicht. Logik suchte ich auch vergeblich. Die FDP blockiert und hintertreibt doch alles, was von den Grünen vorgeschlagen wird.🤔