Eine Schülerin meldet sich.
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Umfrage Deutsche bewerten allgemeinbildende Schulen als mittelmäßig

10. September 2024, 10:01 Uhr

Bildungsstudien wie etwa die PISA-Erhebungen attestieren dem deutschen Bildungssystem seit Jahren Nachholbedarf. Dass die Qualität der Schulen zu wünschen übriglasse, wird auch in der Bevölkerung so wahrgenommen, wie eine aktuelle Umfrage des Münchner Ifo-Instituts zeigt. Demnach bewerten die Deutschen die allgemeinbildenden Schulen als mittelmäßig – mit Abweichungen in allen Bundesländern. Thüringen und Sachsen-Anhalt liegen im Bundesdurchschnitt auf den hinteren Plätzen.

Lina Bartnik
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Die Deutschen bewerten die allgemeinbildenden Schulen mehrheitlich als mittelmäßig. Wie aus dem Bildungsbarometer 2024 des Münchner Ifo-Instituts hervorgeht, vergibt knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) die Schulnote 3, also "befriedigend". Fast jeder Dritte (29 Prozent) bewertet die Schulen in diesem Jahr als "sehr gut" oder "gut". Jeder Vierte gab der Schule im jeweiligen Bundesland eine glatte Sechs.

Erhoben wurden die Zahlen vom Ifo-Institut bei einer Umfrage unter 9.700 repräsentativ ausgewählten Erwachsenen zwischen 18 und 69 Jahren. Dabei sind die Werte sehr ähnlich zu den Ergebnissen des Vorjahres. "Damit befindet sich die Zufriedenheit der Deutschen mit den Schulen im längerfristigen Vergleich also weiterhin auf einem Tiefstand", erklärten die ifo-Studienautoren.

Was ist das ifo Bildungsbarometer? Das Ifo-Bildungsbarometer ist eine jährliche, repräsentative Meinungsumfrage des Münchner Ifo-Instituts für Bildungsökonomik. Die Umfrage dokumentiert das Stimmungsbild der deutschen Bevölkerung im jeweiligen Jahr bezüglich des Bildungssystems und einiger seiner Facetten. Befragt werden stichprobenartig mehrere tausend Erwachsene aus der Gesellschaft. Es ist entsprechend keine tatsächliche Bestandsaufnahme bildungspolitischer Probleme, sondern zeigt primär, wie das Bildungssystem in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

Thüringen und Sachsen-Anhalt bewertet Schulen schlechter

Erstmals wurden die Werte für alle 16 Bundesländer erhoben. Dabei sind Unterschiede zwischen den Ländern sichtbar geworden.

So bewerten die Menschen in Bayern ihre Schulen mit einer Durchschnittsnote von 2,77 am besten. Dort vergeben 41 Prozent die Noten 1 oder 2. Besonders zufrieden mit ihren Schulen sind außerdem Menschen in Hamburg mit 2,92 (35 Prozent) und Sachsen mit 2,94 (33 Prozent). Anschließend folgen Baden-Württemberg mit einer Durchschnittsnote von 2,95 und das Saarland mit 2,97.

In Thüringen und Sachsen-Anhalt bewerten die Menschen mit je 3,17 ihre Schulen mit am schlechtesten in Deutschland. Nur etwa jeder Siebte beurteilt die Schulen mit "gut" oder "sehr gut". Am schlechtesten beurteilen Bremer ihre Bildungseinrichtungen – mit 3,50.

Wie gut es den Schulen gelingt, Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln, wird in den Ländern folgerichtig unterschiedlich bewertet: Während in Bayern und Sachsen nur jede oder jeder Zehnte denkt, sein Bundesland sei darin schlechter als andere, glaubt in Bremen und Berlin fast jede und jeder zweite Befragte, im eigenen Bundesland werde Basiswissen schlechter als in anderen vermittelt.

Lehrermangel und Herkunftsunterschiede problematisch für zukünftige Schülerleistung

Sorgen bereitet den Menschen besonders der Lehrkräftemangel. Die Mehrheit der Deutschen (79 Prozent) erwarten negative Auswirkungen auf die zukünftigen Schülerleistungen durch den Lehrkräftemangel.

Daneben schätzen die Befragten, zunehmende Unterschiede im familiären Hintergrund (66 Prozent), Migration (65 Prozent) und die politische Polarisierung (64 Prozent) würden die schulischen Leistungen zukünftig negativ beeinflussen.

Bei der Frage, wie sich die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf die Bildung der Schüler auswirke, zeigen sich die Deutschen gespalten. 39 Prozent befürchten einen negativen Einfluss auf die zukünftigen Schülerleistungen, knapp die Hälfte erwartet hingegen einen positiven Einfluss.

Staatsausgaben für Schulen sollen steigen

Unzufrieden zeigen sich die Deutschen mit der Finanzierung der Schulen. Mehr als die Hälfte ist der Meinung, dass die Staatsausgaben für Schulen steigen sollten. Die Zustimmungswerte hierzu sind über alle Bundesländer hinweg hoch und reichen von 73 Prozent in Bayern bis 86 Prozent in Brandenburg.

"Außerdem sind viele Reformvorschläge zur Stärkung der Basiskompetenzen mehrheitsfähig", sagte ifo-Expertin Vera Freundl. Dies könnten den Bildungsexperten zufolge jährliche standardisierte Leistungstests für gezielte Fördermaßnahmen, verpflichtende Sprachtests im Vorschulalter und tägliche 20-minütige Lesetrainings in der Grundschule sein. Kostenlosen Nachhilfeunterricht, der aus Steuergeldern finanziert wird, wollen 69 Prozent der Befragten.

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Ifo-Bildungsbarometers: Bildungspolitik noch schlechter als Schulen bewertet

Deutschlandweit zeigt sich Unzufriedenheit gegenüber der bundeslandeigenen Bildungspolitik. Diese wird der stellvertretenden Leiterin des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, Katharina Werner, zufolge "noch schlechter als die Schulen" wahrgenommen. Nur ein Fünftel (20 Prozent) vergibt hier die Note 1 oder 2.

Die Themenschwerpunkte des Ifo-Bildungsbarometers wechseln jedes Jahr. Diesmal lag der Fokus auf den Basiskompetenzen der Kinder und Jugendlichen sowie auf verschiedenen Maßnahmen, um diese Fähigkeiten zu fördern.

Basis des Ifo-Bildungsbarometers ist eine jährliche Meinungsumfrage. Es wurde 2024 zum elften Mal erhoben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. September 2024 | 11:13 Uhr

14 Kommentare

pwsksk vor 4 Wochen

Genau deswegen hat auch Finnland vor Jahrzehnten schon das DDR Schulsystem "übernommen". Im Deutschland nach der Wende gibt es aber seit 20 Jahren noch ganz andere "Bildungsprobleme".

Sozialberuflerin vor 4 Wochen

Es möchte keiner mehr Verantwortung übernehmen!
Bei Sorgeberechtigten angefangen, bis hin zu vielen Lehrkräften.
Noch nie, war es so einfach wie heute, die Verantwortung fürs "Wunschkind" abzugeben.
Das fängt unten in der Elementarbildung an (Kita), die werden meist als Dienstleister und Aufbewahrung gesehen ("das lernt mein Kind da").
Und es geht weiter im Primarbereich, in dem Lehrkräfte erstmal anfangen, dem Kind eine Stifthaltung beizubringen.
Im Sekundärbereich wäre dann alles gescheitert, weil das Kind zu Hause weder Grundbasis erlernt oder durch Übungen verinnerlicht hat.
Resignierte Lehr- und päd. Fachkräfte oder jene, die "den alten Stiefel" durchziehen ohne auf Bedürfnisse der Kinder zu achten, tun dann ihr übriges!
Vom Fachkräftemangel und politisch gewollten, minimalen Betreuungsschlüßel mal ganz abgesehen.

Ja, Bildung ist Ländersache (leider), beginnt jedoch schon mit Geburt und verantwortungsbewusster Erziehung!! Also im familiären Umfeld!!

nasowasaberauch vor 4 Wochen

Wir haben schon eine 2-Klassen Schulbildung als Reaktion auf Migration und die unterschiedlichen sozialen Verhältnisse. Meine Enkel gehen auch auf ein freies Gymnasium und das kann ich nur unterstützen, aber auch dort sollten die Lehrpläne dringend ausgemistet werden und dafür Stoff vertieft werden, der im Leben gebraucht wird.

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