Podcast "Digital leben" Was bringt Sachsen-Anhalts neue Digitalstrategie?
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07. Oktober 2023, 15:15 Uhr
Die Landesverwaltung von Sachsen-Anhalt soll digitaler werden. So steht es in der neuen Strategie der Landesregierung. Der MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "Digital leben" fragt Digitalministerin Hüskens, was das für Schule, IT-Sicherheit und Verwaltung bedeutet. Aufgenommen wurde "Digital leben" im Magdeburger Hackerspace Netz39.
- Sachsen-Anhalts Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) sieht digitale Technologien als Hilfe gegen den Lehrermangel, ist aber skeptisch, was verpflichtenden Informatik-Unterricht angeht.
- Die Digitalministerin stellt fest, dass vor allem die Verwaltungen enormen Nachholbedarf haben – Wirtschaft und Zivilgesellschaft seien digital weiter.
- Wenn es um die IT-Sicherheit der Behörden in Sachsen-Anhalt geht, unterscheidet sie zwischen Kommunen, Landkreisen und Landesverwaltung. Nur für letztere kann das Digitalministerium Ratschläge zur IT-Sicherheit geben.
Sachsen-Anhalts Landesregierung hat im September ihre neue Digitalstrategie vorgestellt. Alle Ministerien haben dazu Texte formuliert. Insgesamt geht es um 18 Themen. Große Teile der Strategie befassen sich damit, wie die Verwaltung, die der Landesregierung unterstellt ist, digitaler werden soll. Für die Verwaltung der Kommunen kann die Landesregierung nicht sprechen.
Und die neue Digitalstrategie lässt sich auch begreifen, ohne sie zu lesen: Sie hat 40 Seiten und es werden 155 konkrete Ziele benannt. Aus diesen Zielen werden 57 Maßnahmen abgeleitet, die die Landesregierung für messbar hält. Ob all diese 57 Maßnahmen aus der Digitalstrategie überhaupt messbar sind, muss sich noch zeigen.
Der Text der Digitalstrategie in Daten
Das Dokument zählt fast 10.500 Wörter. Am häufigsten kommen die Wörter "digital" und "Verwaltung" vor. Der Begriff "Open Data" kommt 25 Mal, "Open Source" zweimal vor.
Die längsten Kapitel sind die zu "E-Governance" und "Digitale Landesverwaltung", das kürzeste trägt die Überschrift "Sicherheit im digitalen Raum".
Im ganzen Dokument lassen sich 155 "konkrete Ziele" finden. Daraus werden 57 angeblich messbare Maßnahmen abgeleitet: 57 Mal formuliert die Landesregierung den Satz "Wir wollen uns 2030 daran messen lassen, ob…" Nur etwas mehr als ein Drittel der konkreten Ziele sollen also bis 2030 messbar gemacht werden.
Nur jeweils eine konkrete Maßnahme gibt es in den Kapiteln zu öffentlicher IT-Sicherheit, zu robuster, flächendeckender, standardisierter IT-Infrastruktur, zu Sicherheit im digitalen Raum und zu digitaler Teilhabe. In vier Kapiteln gibt es zwei Maßnahmen und im Kapitel "Medien, Kultur und Sport im digitalen Wandel" sogar sieben Maßnahmen.
Besonders im Kapitel "Digitale Teilhabe" klaffen Ziele und messbare Maßnahmen auseinander: Von 13 konkreten Zielen soll eines bis 2030 messbar umgesetzt sein – eine Quote von 7,7 Prozent. Ähnlich niedrige Quoten gibt es bei den Themen öffentliche IT-Sicherheit (11 Prozent), digitale Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger (20 Prozent) und digitale Landesverwaltung (25 Prozent). Auffällig ist das Themenfeld "Transfer digitaler Innovationen": Es hat drei konkrete Ziele und vier messbare Maßnahmen bis 2030.
Wir wollen uns 2030 daran messen lassen, ob digitale Technologien zu besseren Arbeitsbedingungen im Land geführt haben.
...heißt es zum Beispiel im Kapitel "Gute Arbeit im digitalen Zeitalter". Im Kapitel "Smart Cities und Smart Regions" heißt es unter anderem: "Wir wollen uns 2030 daran messen lassen, ob ein maßgeblicher Beitrag zur digitalen Daseinsvorsorge geleistet wurde." Im Kapitel "Lebenslange Bildung im digitalen Zeitalter" steht, die Landesregierung wolle sich daran messen lassen, ob die Lehrkräfte 2030 über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um digitale Lehr- und Lernangebote zu entwickeln und umzusetzen.
Wie sich diese Maßnahmen messbar machen lassen – das soll nun in den nächsten Monaten in regionalen Konferenzen konkreter festgelegt werden. Bis Februar 2024 soll eine Plattform entstehen, auf der sich überprüfen lassen soll, wie nah die Landesregierung ihren Zielen kommt.
So fasst das KI-Werkzeug ChatGPT die Digitalstrategie des Landes zusammen
Die "Strategie Sachsen-Anhalt Digital 2030" verfolgt drei Hauptziele: eine vernetzte Verwaltung, digitale Innovation und eine digital vernetzte Gesellschaft. Diese Ziele sollen durch eine umfassende Digitalisierung der Verwaltung und die Förderung digitaler Kompetenzen erreicht werden.
Die Strategie umfasst verschiedene Themenfelder, darunter E-Governance, digitale Landesverwaltung, digitale Dienstleistungen, IT-Sicherheit, "New Work" und digitale Innovation. Sie betont die Bedeutung von Daten, Künstlicher Intelligenz und Automation.
Die Strategie fördert auch die Zusammenarbeit mit anderen digitalen Initiativen auf Bundes- und EU-Ebene. Sie setzt auf die Beteiligung der Bürger und betont die Wichtigkeit von Digitalisierung als Mittel zur Verbesserung der Lebensqualität und der Daseinsvorsorge.
Im Jahr 2030 strebt Sachsen-Anhalt eine Gesellschaft an, in der Digitalisierung Teilhabe und Chancengleichheit fördert und ethische Grundsätze sowie Datenschutz und Sicherheit gewahrt werden.
In der Kategorie "Digitale vernetzte Verwaltung" werden verschiedene Ziele und Maßnahmen verfolgt. Dazu gehört der Aufbau eines Data Warehouses für Personaldaten und die Integration weiterer Datenquellen, um eine datengetriebene Verwaltung zu schaffen. Außerdem soll der elektronische Rechtsverkehr bis Ende 2025 abgeschlossen werden, um die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern. Die Verwaltung plant auch, an der Umsetzung der zentralen digitalen Zugänge zu Bürger- und Unternehmensleistungen (OZG) teilzunehmen. Die Nutzung neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz im Bereich der Verwaltungsdienstleistungen wird gefördert. Es soll eine Schaffung von digitalen Arbeitsplätzen und mehr Flexibilität in der Arbeitswelt ("New Work") erfolgen. Darüber hinaus wird angestrebt, die digitale Effizienz durch die Optimierung bestehender Verfahren zu erhöhen. Die Verwaltung möchte auch die Wirtschaft unterstützen, indem sie digitale Angebote bereitstellt und die Digitalisierung fördert. Im Planungsbereich soll die Standardisierung durch die Einführung der BIM-Methode (Building Information Modeling) im Straßenbau erreicht werden. Schließlich plant die Verwaltung die Nutzung von Künstlicher Intelligenz für das Flächenmanagement und die Raumplanung.
Im Jahr 2030 strebt Sachsen-Anhalt eine umfassende Digitalisierung an, bei der die Bürger und Regionen von den digitalen Entwicklungen profitieren sollen. Die Verwaltung soll modernisiert und effizienter gestaltet werden, wobei die Digitalisierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet wird. Die Strategie "Sachsen-Anhalt Digital 2030" umfasst verschiedene Zielkategorien, darunter die digitale vernetzte Verwaltung, digitale Innovation und eine digitale vernetzte Gesellschaft. Die Ziele reichen von E-Governance und IT-Sicherheit bis hin zur Förderung von digitalen Dienstleistungen und der Teilhabe der Bürger. Die Umsetzung erfordert eine Zusammenarbeit von Verwaltung, Politik und Bürgern sowie eine kontinuierliche Evaluation der Fortschritte.
Quelle: ChatGPT
Im MDR SACHSEN-ANHALT-Podcast "Digital leben" verteidigt Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) das Papier:
Meine Diagnose am Anfang der Legislaturperiode war, dass die Verwaltung der Privatwirtschaft und vielen gesellschaftlichen Gruppen hinterherläuft.
Deswegen bezögen sich große Teile der Digitalstrategie auf die Verwaltung. Dass die Ziele der Strategie gemessen werden sollen, ist neu. "Ich bin jemand, der immer gerne kontrolliert", sagt Hüskens.
Aufgezeichnet wurde die Podcast-Folge im Magdeburger Hackerspace vom Verein Netz39.
Wer ist Netz39?
Netz39 ist ein eingetragener Verein in Magdeburg, der sich selbst als Hackerspace versteht und etwa 50 Mitglieder hat. Netz39 finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Im Netz39-Hackerspace gibt es 3D-Drucker, eine Elektronik-Werkstatt aber auch Nähmaschinen, eine Holz-Werkstatt und Ätzlabor.
Netz39 versteht sich als Anlaufpunkt für den technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Austausch im Bereich informationsverarbeitender Technologien, schreibt er auf seiner Internetseite. Außerdem wolle man eine technische Infrastruktur und eine Community für diese Themen in Magdeburg schaffen und pflegen. Die Magdeburger Hacker treffen sich immer mittwochsabends, einige Mitglieder kümmern sich auch um die Freifunk-Initiative in Magdeburg, die öffentliche Internet-Zugänge in der Stadt schafft.
Digital gegen Lehrermangel und lange Schulwege
Deutliche Worte findet die Digitalministerin Hüskens zur Bildung. Auch, wenn sie dafür nicht zuständig ist, sagt Hüskens: "Wir müssen uns davon verabschieden, dass wir in der nahen Zukunft immer hinreichend Lehrer haben." Digitale Technologien könnten Engpässe überbrücken.
Außerdem weist Hüskens auf sehr dünn besiedelte Regionen hin. "Wir müssen verhindern, dass Schüler unglaublich weite Wege zur Schule zurücklegen müssen." Auch für Berufsschulen brauche es digitale Angebote. Und in der Corona-Pandemie wurde bereits vieles ausprobiert. "Das wird nicht mehr weggehen", so Hüskens.
Einem verpflichtenden Informatik-Unterricht steht die Digitalministerin skeptisch gegenüber: "Man braucht ein Verständnis, wie man mit entsprechenden Systemen umgeht und damit arbeitet." Nur weil jemand jung sei und gut mit WhatsApp und sozialen Netzwerken umgehen könne, bedeute das nicht, dass der- oder diejenige auch ausreichend Kenntnisse von Software oder Datenbanken im beruflichen Kontext habe. Dieses Handwerkzeug müsse man nach der Schule beherrschen. "Wir brauchen da auch einen etwas anderen Blick auf die Lehrpläne."
Digital gegen Bürokratie und Fachkräftemangel in Verwaltung
Zu Beginn ihrer Amtszeit hatte Hüskens im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "Digital leben" gesagt, digitale Technologien könnten auch dazu führen, dass Vorgänge in Verwaltungen abgeschafft würden. Zwei Jahre später ist bislang kein einziger Prozess abgeschafft, sagt sie heute. Und in der Digitalstrategie ist von Abschaffen nicht die Rede. Dort heißt es, die Prozesse in Verwaltungen würden erst "überprüft und optimiert, bevor sie digitalisiert werden".
Hüskens verweist auf die 200-Euro-Einmalzahlung an Studierende. Dieser Verwaltungsakt sei weitgehendst automatisch abgelaufen. Das liegt aber auch daran, dass es eine komplett neue staatliche Leistung war. "Natürlich wünscht man sich, vor einer blanken Tafel zu stehen und alles neu zu machen. Aber wir sind leider nicht an der blanken Tafel, sondern mitten in einem Prozess", sagt Hüskens.
Auch wenn es "unsexy" sei, sei es ihr Schwerpunkt, die digitale Verwaltung in Sachsen-Anhalt voranzubringen. Um die Menschen in Verwaltungen mitzunehmen, seien sie beim Verfassen der Strategie beteiligt worden, so Hüskens.
Wie bei Lehrkräften, gibt es auch in Verwaltungen absehbar einen Mangel an Fachkräften: Bis zu einem Drittel der Beschäftigten gehen in den nächsten Jahren in Rente. Darauf müsse man sich einstellen, sagt die Digitalministerin. Und in diesem Umbruch würde man sicher feststellen, dass viele Prozesse nicht mehr nötig seien. Auf eine Zahl, wie viele Verwaltungsprozesse abgeschafft werden, ließ sich Hüskens nicht ein. "Wir müssen jetzt unsere Kraft in funktionierende Basis-Leistungen stecken. Wenn sie als Grundlage funktionieren, bin ich gern bereit, auch noch größere Visionen zu finden."
IT-Sicherheit im Land auf vielen Schultern verteilt
Im MDR SACHSEN-ANHALT-Podcast "Digital leben" ging es auch um IT-Sicherheit. Darauf wurden wohl Behörden und Verwaltungen in Sachsen-Anhalt spätestens mit dem Hackerangriff auf Anhalt-Bitterfeld 2021 aufmerksam. Aber wegen der kommunalen Selbstverwaltung könne man Landkreisen und Kommunen keine Vorschriften zur IT-Sicherheit machen, sagt Digitalministerin Hüskens. IT-Sicherheit müssten Kommunen selbst umsetzen. Die Landesregierung pflege einen guten und engen Austausch mit den Kommunen, um IT-Sicherheits-Standards und -Verständnis zu vereinheitlichen.
"Und für die Landesverwaltung können wir Empfehlungen und Regeln geben." Vorgaben, die alle befolgen müssen, könne aber auch ihr Haus nicht vorschreiben, so Hüskens. "Aber die meisten Landesministerien nehmen die Ratschläge von jemandem auf, der sich auch damit auskennt."
In der Digitalstrategie steht zur Sicherheit der öffentlichen IT, dass man sich 2030 daran messen lassen wollen, ob man Cyberangriffe auf Behörden erfolgreich abwenden konnte oder sie zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen geführt haben. Experten nennen das eine "Selbstverständlichkeit". Aber Digitalministerin Lydia Hüskens sagt, ihr Haus müsse dafür sorgen, dass die öffentliche Verwaltung in Sachsen-Anhalt sicher durch die Zeit kommt. "Und insofern ist keine Selbstverständlichkeit, weil die Angriffe immer komplexer werden. "
Im Podcast "Digital leben" mit Hüskens geht es außerdem um Glasfaserausbau, um den Landesdienstleister Dataport, die Beteiligung regionaler IT-Firmen bei der Digitalisierung der Verwaltung um die Mastodon-Instanz des Landes. Außerdem diskutiert Hüskens die Frage, ob sich soziale Innovationen in den derzeit existierenden digitalen Märkten wirklich verbreiten können.
MDR (Marcel Roth)
MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir
pwsksk am 07.10.2023
In unseren Straßen am Rande von Genthin liegen 3,5 MBits max. an. Ständige Abbrüche des Internet runden das Bild ab.
Da ändert sich auch perspektivisch nichts dran. Das ganze Gerede von 5G und KI ist für mich nur noch Geschwafel.
Shantuma am 07.10.2023
Solange halt das Thema Kompatibilität nicht erwähnt wird und ernsthaft angegangen wird, solange braucht man nicht über das Wunderwerk der Digitalisierung schreiben.
Die Ministerin reden vom fertigen Produkt, ich rede von Grundlagen, die in einer Welt die digital schon gewachsen ist einfach entstanden sind.
Jeder kann es mal ausprobieren. Nehmt ein MaciOS-Gerät und verbindet es mit einem Windows-Gerät.
Nehmt ein OpenOffice Datei und öffnet es mit MSOffice.
Und an genau sowas wird Digitalisierung scheitern, denn Gemeinde X setzt auf IT-Unternehmen Alpha und Gemeinde Y setzt auf IT-Unternehmen Beta. Alpha und Beta kommunizieren nicht mit einander und haben jeweils eigene Ideen.
Die Möglichkeiten sind im Bereich der Digitalisierung ja gegeben. Man kann 1 Problem unterschiedlich lösen.
Es ist so als würde man ein deutsches Dokument in die Türkei schicken. Der Sachbearbeiter in der Türkei wird sie dann erstmal dumm anschauen und fragen was das soll?
Shantuma am 07.10.2023
Digitalisierung ist ein riesen Problem.
Es könnte funktionieren, aber da zu viele Mäuler versorgt werden müssen, wird es nicht funktionieren.
Denn wer würde den freiwillig auf Macht verzichten nur um ein Projekt nach vorne zu bringen? Ich denke keiner in den Verwaltungen.
Also wird Digitalisierung nicht zu einer Vereinfachung führen, sondern eben zu mehr Bürokratie.
Es fängt ja schon damit an wie Dateien gepackt sein müssen. 7zip-, rar- und was es sonst noch alles gibt. Die eine Behörde kann es entpacken, die andere nicht.
Papier könnten beide lesen. Ist aber out und wird von Investoren nicht gefördert.