Kunstwerke in der Ausstellung "Navigating Strangeness" 4 min
Fremdheit erkunden – eine Ausstellung der Burg Galerie im Volkspark zeigt Arbeiten von halleschen Studierenden Bildrechte: Carolin Büscher
4 min

Fremdsein, Fremdzuschreibung, Entfremdung: In der Ausstellung Navigating Strangeness präsentieren Studierende der Burg Giebichenstein interdisziplinäre Perspektiven auf ein vielschichtiges Phänomen. Von Carolin Büscher.

MDR KULTUR - Das Radio Do 11.04.2024 06:15Uhr 04:01 min

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Ausstellung Burg Galerie im Volkspark präsentiert Kunst und Design zum Thema "Fremd"

11. April 2024, 16:15 Uhr

In der Burg Galerie im Volkspark sind derzeit 23 künstlerische Auseinandersetzungen zum Phänomen des Fremden zu sehen. Studierende aus verschiedenen Disziplinen zeigen ihre Werke: Textildesign, Malerei, Drucke, Skulpturen und mehr sind zu sehen. Die Galerie möchte mit der Ausstellung bewusst einen Raum für politische Auseinandersetzung schaffen - und auch die eigenen Berührungspunkte mit "Fremdheit" begreifen.

Das Fremde bleibt nur fremd, bis wir uns damit vertraut machen. Das ist Kerngedanke der neuen Ausstellung in der Burg Galerie im Volkspark. Bewusst setzt Kuratorin Jule Reuter damit das wohl bisher politischste Statement in der ABC-Ausstellungsreihe der Burg – auch aus aktuellem Anlass: "Ich hatte einfach durch die Diskussionen um Ausgrenzung – wer spricht mit wem, welche Foren für Austausch gibt es eigentlich? – plötzlich das Bedürfnis, mit der Galerie aktiver zu werden und auch besser zu verstehen, was da passiert", so Reuter.

Jule Reuter, eine Frau mit schwarzer Kleidung und Brille steht an einem Rednerpult.
Jule Reuter ist Kuratorin der Burg Galerie im Volkspark Bildrechte: Max Mendez

Galerie wählte aus mehr als 100 Einsendungen aus

Mit dem Ausschreibungsmotto "F wie Fremd" konnten sich Studierende der Burg Giebichenstein aus allen Fachbereichen auf die Ausstellung bewerben. Mehr als 100 Arbeiten wurden eingereicht. 23 ausgewählte Positionen sind ab sofort in der Burg Galerie im Volkspark zu sehen. Das Besondere: Es ist eine interdisziplinäre Schau. So wird "das Fremde" nicht nur aus verschiedenen Perspektiven, sondern auch mit verschiedenen Materialien behandelt. Malerei neben Plastiken neben Modedesign.

Die Modedesign-Studentin Ruth Pietschmann etwa zeigt mit der Arbeit "to chill to kill" einen mit Camouflage-Wolken bedruckten Neoprenanzug – ihre textile Übersetzung von Entfremdung und Fremdheit. "Wir ziehen eine Uniform in Tarnfarben an und denken, wir werden wirklich unsichtbar, weil wir uns unserer Umwelt anpassen", so Pietschmann. Als militärische Uniform betrachtet, führe Camouflage dazu, dass man Teil einer Masse werde, seine Persönlichkeit abgebe und auch seine Ideologie angleiche. Die Träger entfremdeten sich von sich selbst "und auch von allen, die diese Uniform nicht tragen", erklärt Pietschmann.

Modedesign: Neoprenanzug mit Camouflage
"to chill to kill" von Ruth Pietschmann Bildrechte: Moritz Geyer

Camouflage ist für mich die textile Übersetzung von Entfremdung und Fremdheit.

Ruth Pietschmann, Modedesign-Studentin

"Das Fremde" wird vielschichtig und persönlich behandelt

Auch das eigene Fremdfühlen wird in der Ausstellung sehr persönlich verhandelt – etwa in der Auseinandersetzung mit der eigenen chronischen Erkrankung oder Sexualität. Andere Arbeiten greifen ein zwischenmenschliches Entfremden in Freundschaften auf, oder Fremdbestimmtheit in Form von Angewiesenheit auf ein achtsames Umfeld, wenn man eine körperliche Behinderung hat.

Und das Fremde im künstlerischen Prozess selbst wird zum Thema: Wenn das geschaffene Werk der Künstlerin plötzlich selbst wie ein fremdartiges Wesen mit Eigenleben erscheint. Welchen Einfluss Technologien und künstliche Intelligenz haben, beschäftigt David Kind, der zeitbasierte Künste studiert und seinen Digitaldruck "Die Überwindung des Menschen" präsentiert. Ihm geht es um die Frage, "wie Kunst noch autonom sein kann, wenn wir immer mehr künstlerische Praktiken Computerprogrammen übergeben, die uns lenken, die Entscheidungen für uns treffen: Wie wird was geschnitten, wie wird was collagiert oder wie wird was coloriert?"

Kunstwerke in der Ausstellung "Navigating Strangeness"
"Die Überwindung des Menschen", Triptychon von David Kind Bildrechte: Carolin Büscher

Burg Galerie hinterfragt auch die eigene Position

In "Navigating Strangeness" verschränken sich gesellschaftliche Debatten mit Kunst und Design. Die Ausstellung will Raum schaffen, andere Positionen zu verstehen, empathisch zu sein. Und die Burg Galerie hat in dem Ausstellungsprozess auch versucht herauszufinden, welche Fremdbilder sie selbst als Galerie noch zeichnet. Etwa wurde durch die Ausstellung das Anliegen vorangetrieben, inklusiver zu werden – und als erster Schritt eine Führung mit Gebärdendolmetscherin geplant.

Kunstwerke in der Ausstellung "Navigating Strangeness"
Ein Blick in die Burg Galerie im Volkspark in Halle Bildrechte: Carolin Büscher

Informationen zur Ausstellung

"Navigating Strangeness"
11. April bis 26. Mai 2024
Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8a, 06114 Halle

Öffungszeiten:
Montag bis Sonntag, 14–19 Uhr
Der Eintritt ist frei.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 11. April 2024 | 06:15 Uhr

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