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An der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle sind die Untersuchungen nach Rassismusvorwürfen gegen eine Professorin beendet. Bildrechte: MDR/Joachim Blobel

Kunsthochschule Burg Giebichenstein Untersuchungsergebnis nach Rassismusvorwürfen: Kein absichtliches rassistisches Verhalten

26. Februar 2024, 18:46 Uhr

Nachdem ein Student an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle Rassismusvorwürfe gegen eine Professorin bekannt gemacht hatte, leitete die Hochschule eine Untersuchung des Falls durch eine Senatskommission an. Das Ergebnis liegt nun vor: Es habe kein absichtliches rassistisches Verhalten vorgelegen.

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Nach Rassismusvorwürfen gegen einen Professorin der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle sind die Untersuchungen zu dem Vorfall beendet. Nach Mitteilung der Hochschule wurde "kein absichtliches rassistisch-diskriminierendes Verhalten seitens der Professorin" festgestellt. Das sei das Ergebnis der Untersuchung durch die Senatskommission. Der Vorwurf des Rassismus sei mit größter Sorgfalt behandelt worden, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten fair gehört und angemessene Maßnahmen ergriffen würden. Die "persönliche Erfahrung und das Erleben des Betroffenen bestätige man aus dessen Sicht als real."

Rektorin Bettina Erzgräber erklärte, es sei der Schule bewusst, dass auch Äußerungen, die nicht beabsichtigt waren, als diskriminierend wahrgenommen werden könnten. Die Hochschule arbeite fortlaufend daran, "Formate zur Sensibilisierung und Prävention von Diskriminierung weiter zu entwickeln und auf den Weg zu bringen.“ Rassismus und Diskriminierung hätten an der Burg keinen Platz. Man stehe für Vielfalt, Toleranz und Respekt.

Betroffener Student schreibt Brief an den Senat

Ende Januar hatte der Student Andrew Moussa auf die Vorwürfe aufmerksam gemacht, unter anderem mit einem Brief an den Hochschulsenat. Der Deutsch-Ägypter hat nach eigenen Angaben im Alltag schon oft diskriminierende Erfahrungen gemacht – aber nicht in dem Ausmaß, wie es ihm an der Hochschule passiert sei.

Laut Moussa hat die Professorin ihn gefragt, ob er in seinem Leben schon mal gezeichnet habe. "Das fand ich schon sehr übergriffig", sagte er. Darauf angesprochen habe die Professorin ihm gesagt, er habe sie falsch verstanden. "Bei einer anderen Gelegenheit behauptete sie, ich zeichne von rechts nach links, weil ich Araber bin", berichtete der 31-Jährige. Damit sei er endgültig überfordert gewesen. Er wisse von mindestens fünf anderen Burg-Studierenden, denen bei der Professorin ähnliches passiert sei.

Andrew Moussa sagte, nachdem er der Hochschul-Leitung seinen Fall geschildert hatte, sei ihm ein Gespräch angeboten worden. Dass sich dadurch etwas ändert, glaube er aber nicht. Er habe den Eindruck, die Hochschule wolle nach außen einem Image entsprechen. Nach innen merke man keine Veränderung.

Die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
Die Burg Giebichenstein Kunsthochschule nimmt das Thema Rassismus nach eigener Aussage ernst. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Vollversammlung an Kunsthochschule Anfang April

Zudem hat die Kunsthochschule beschlossen, eine unabhängige Anlaufstelle für Fälle von Diskriminierung einzurichten. Das teilte sie wenige Tage, nachdem die Anschuldigungen bekannt wurden, mit. Das sei in einer Sitzung des Senats, an der auch rund 120 Studierende teilgenommen hätten, beschlossen worden.

Neben der Anlaufstelle sollen in Zukunft Arbeitsgruppen gebildet werden, in der neue Formate der Sensibilisierung geschaffen werden, wie die Hochschule erklärte. Ein Austausch mit den Studierenden habe ergeben, dass "nachhaltigere Strukturen" geschaffen werden müssten, um die Sensibilisierung für Antirassismus, Antidiskriminierung und Diversität zu fördern, so Burg-Rektorin Bettina Erzgräber. Es solle eine "neue Kultur des Miteinanders" etabliert werden, sagte sie.

Anfang April soll es zudem eine Vollversammlung der Studentinnen und Studenten geben, zu der auch Lehrkräfte und Mitarbeiter eingeladen werden. Dort soll über den Umgang mit Diversität, Diskriminierung und Rassismus weiter diskutiert werden. Zudem biete die Burg Giebichenstein allen verschiedene Anlaufstellen und Hilfsangebote an. 

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Studierende, die in Sachsen-Anhalt Rassismus erfahren, können sich mit dem erlebten an die Antidiskriminierungsstelle des Landes wenden. Viele Anfragen aus dem Hochschul-Bereich gebe es dort allerdings nicht, sagte Friederike Ewald, die bei der Beratungsstelle arbeitet.

Das bedeute allerdings nicht, dass Diskriminierung dort nicht stattfinde. "Vielmehr hat das damit zu tun, dass Hochschulen ein eher geschlossenes System darstellen", sagte Ewald. Die Sichtbarkeit der Antidiskriminierungsstelle des Landes sei nicht für alle Betroffenen gut. Außerdem könnten Studierende sich nicht auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berufen, um gegen Diskriminierung im Bildungs-Kontext vorzugehen.

Halle und Magdeburg: Beratungsstelle und Awareness-Portal an der Uni

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gibt es nach Angaben von Sprecherin Manuela Bank-Zillmann eine Beratungsstelle, an die sich jeder wenden könne. Diskriminierung in verschiedenster Ausprägung sei gesellschaftliche Realität, der Menschen auch im Hochschul-Kontext ausgesetzt sein können. In den vergangenen Jahren habe es immer mehr Sensibilisierung für diese Themen gegeben – und mehr Gesprächsbedarf.

Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg habe seit einigen Wochen ein sogenanntes Awareness-Portal, erklärte Sprecherin Katharina Vorwerk. Dieses solle Diskriminierung vorbeugen, Angriffen entgegenwirken und Betroffenen ein niedrigschwelliges Angebot machen. Konkrete Fälle, in denen Studierende diskriminiert wurden, seien derzeit aber nicht bekannt.

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dpa, MDR (Maren Wilczek, Hanna Kerwin, Luise Kotulla, Karin Roxer, Theo M. Lies, Fabian Frenzel) | Zuerst veröffentlicht am 23.01.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. Februar 2024 | 16:00 Uhr

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