Der Eingangsbereich des Landgerichtes Halle. Das Tor ist aus altertümlichen Eisenittern. Die Fassade rund um das Tor ist bunt verziert. Ein historisches Gebäude. Im Vordergrund ist das Blaulicht eines Streifenwagens zu sehen.
In Halle steht ein Tagesvater vor Gericht. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Schwere Folgeschäden Tagesvater in Halle vor Gericht: Eltern sagen aus

06. Oktober 2023, 16:46 Uhr

Einem Tagesvater wird vorgeworfen, einen zehn Monate alten Jungen so heftig geschüttelt zu haben, dass dieser schwere Verletzungen erlitt. Am Landgericht Halle ist am Freitag der Prozess gegen einen Tagesvater fortgesetzt worden. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag und Misshandlung eines Schutzbefohlenen. Am zweiten Prozesstag sagten die Eltern aus.

Am Landgericht Halle ist am Freitag der Prozess gegen einen Tagesvater fortgesetzt worden. Ihm wird versuchter Totschlag und Misshandlung eines Schutzbefohlenen vorgeworfen. Laut Anklage soll der Mann vor zwei Jahren einen kleinen Jungen in einer Kindertagesstätte in Halle so heftig geschüttelt haben, dass dieser schwere Hirnverletzungen erlitt.

Das Kind hatte nach Angaben des Landgerichts in Halle ein Schütteltrauma erlitten. Es leide seitdem unter epileptischen Anfällen, sei stark sehbehindert, halbseitig gelähmt und in seiner motorischen und geistigen Entwicklung erheblich eingeschränkt. Zum Tatzeitpunkt war der Junge zehn Monate alt.

Eltern schildern Alltag des Kindes

Am zweiten Prozesstag hat das Gericht die Eltern des Kindes gehört. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin schilderten sie unter anderem, wie sich ihr Familienleben mit dem schwerbehinderten Kind gestalte. Ihr Sohn könne nichts mehr alleine machen, nicht sitzen, sprechen oder sich drehen. Zweimal am Tag bekomme er epileptische Anfälle, sei linksseitig gelähmt und sehbehindert. Er werde überwiegend von der Mutter betreut, die dafür ihre Arbeit aufgegeben habe.

Schütteltrauma Als Schütteltrauma bezeichnet man eine Hirnverletzung, die durch heftiges Schütteln von Babys und Kleinkindern verursacht wird. Beim Schütteln schleudert der Kopf des Säuglings unkontrolliert hin und her. Denn der Säugling kann – wegen seiner schwachen Nackenmuskulatur – den Kopf nicht alleine halten. Es können Blutgefäße und Nervenbahnen reißen.

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Angeklagter widerspricht Vorwürfen

Wie die Sprecherin des Landgerichts Halle, Adina Kessel-Jensch, mitteilte, gab der Verteidiger zum Prozessauftakt eine schriftliche Erklärung ab. Demnach hatte der Angeklagte beobachtet, dass das Kind beim Spielen im Sitzen mehrfach umkippte. Zudem habe der Junge schläfrig und müde gewirkt und immer wieder die Augen verdreht. Später sei er mit ihm in die Küche gegangen. Der zweite zu betreuende Junge sei mit einem Plastikroller nachgekommen und dort auf den Kleinen gefallen. Er habe ihn daraufhin untersucht, aber nichts Auffälliges gefunden.

Beim Abholen habe die Mutter dann die verdrehten Augen bemerkt und einen Krankenwagen gerufen. Der Angeklagte habe das Kind zu keinem Zeitpunkt grob geschüttelt oder die Beherrschung verloren, so der Verteidiger. Er habe aber eingeräumt, aus familiären Gründen an diesem Tag nicht so aufmerksam gewesen zu sein wie sonst.

Mutter schlägt beim Abholen Alarm

Eine Zeugin sagte vor Gericht aus, das Kind habe sich in akuter Lebensgefahr befunden. Die Mutter soll nach dem Abholen des Kindes Alarm geschlagen haben. Daraufhin ist laut einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung ein Notarzt gekommen und das Kind anschließend im Krankenhaus behandelt worden.

Urteil noch im Oktober

Am ersten Prozesstag am Mittwoch wurden auch zwei Polizeibeamte vernommen. Mit einem Urteil wird in der kommenden Woche gerechnet. Im Falle einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

MDR (Dennis Blatt; Marcel Knop-Schieback, Moritz Arand) | Erstmals veröffentlicht am 04.10.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Oktober 2023 | 12:00 Uhr

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