Baumfällarbeiten vor dem Volkspark in Halle
Ein Förderverein will den Volkspark Halle wiederbeleben. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

Förderverein plant Anbau Volkspark Halle: Suche nach Zukunft für ein Haus mit großer Vergangenheit

08. Februar 2024, 15:41 Uhr

Zwei Säle und viel Raum für Ausstellungen, Kabarett und Freizeit-Bier: Der Volkspark in Halle könnte eine feste Adresse im Kultur-Kalender der Stadt sein. Doch das Gebäude ist in die Jahre gekommen – und auch die Idee dahinter. Eine millionenschwere Sanierungs-Hilfe soll nun Linderung für den kranken Bau bringen. Ein Förderverein plant einen Anbau und hofft auf viele weitere Veranstaltungen. Allerdings liegt das Gebäude mitten in einem ruhigen Wohnviertel.

Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit bei mdr.de und in der MDR Aktuell App.

Die kreischenden Kettensägen sind unerbittlich. Drei ausgewachsene Götterbäume und ein Ahorn schrumpfen in vier Stunden auf Stumpf-Größe. Bislang haben diese Gewächse den Anwohnern in der Kleinen Gosenstraße in Halle den Blick auf die bröckelige 25 Meter hohe Fassade des Ostgiebels des Volksparks erträglicher gemacht. Doch nun? In der Straße winkt man ab, ahnt wohl, dass in den nächsten Wochen die Kettensägen nicht die einzigen Lärmquellen bleiben werden. Denn vor allem Dach und Fassade des Volksparks sollen nun saniert werden.

Förderverein plant Anbau für Volkspark in Halle

Endlich, freut sich Ingrid Häußler, auch wenn dafür die Bäume gefällt werden mussten. Denn dort soll jetzt ein Anbau errichtet werden. Dafür müssen nicht nur die Bäume weichen, sondern auch einige, erst zu DDR-Zeiten hinzugefügte Gebäudeteile. Dafür hofft die Vorsitzende des Fördervereins und frühere Oberbürgermeisterin von Halle auf einen funktionalen Neubau.

Das neue Gebäude soll den Plänen zufolge künftig als Bühnen-Zugang genutzt werden und endlich einen Aufzug ermöglichen, sowohl für das heute übliche Equipment für Veranstaltungen aller Art als auch der barrierefreier Zugang für die beiden oberen Etagen. "Der Anbau wird absichern, dass Be- und Entladung der Lkws künftig geräuschärmer ablaufen werden. Das wird für die umliegenden Einwohner natürlich ein großer Vorteil sei", hofft Häußler, zumal diese Aktionen oftmals in den Nachtstunden anfallen.

Baumfällarbeiten vor dem Volkspark in Halle
Die Bäume vor dem Volkspark werden gefällt. Hier soll ein Anbau entstehen. Bildrechte: MDR/Theo M. Lies

Der Volkspark: Ein Gebäude mit Geschichte

Seit fast 120 Jahren steht der Volkspark in Halle. Das große stattliche Haus der Kultur und Bildung wurde aus Arbeitergroschen finanziert und trutzig gegenüber der Villa des Bankiers Lehmann gebaut. In diesem Palast für die Arbeiter spielte sich deutsche Geschichte ab. 1925 eskalierte eine Wahlversammlung der KPD durch Polizeigewalt. Unter den zehn Todesopfern war auch Fritz Weineck, der zur Legende vom Kleinen Trompeter aufstieg.

Dort tagte aber auch die erste Bürgerversammlung, die in Halle 1989 die friedliche Revolution vorantrieb. Solche Volkshäuser wurden Anfang des 20. Jahrhunderts häufig von Arbeiterorganisationen initiiert. Sie standen in vielen Städten. Nun aber ist der Volkspark in Halle der letzte seiner Art in Deutschland.

Volkspark Halle, Ansicht Westfassade, 1980
Foto aus dem Jahr 1980: Der Volkspark war lange ein wichtiges Gebäude in Halle. Bildrechte: Volkspark Halle e.V.

Anbau soll 2025 fertig werden

Noch 2024 wird laut der Volksparkvereins-Vorsitzenden, Ingrid Häußler, hoffentlich der erste Spatenstich für den Anbau erfolgen, der 2025 dann stehen könnte. Das sei allerdings erst die erste Etappe des geplanten großen Sanierungs-Projektes, das sich mindestens bis 2028 ziehen werde, räumt sie ein. Auf dem Plan stehen nun das Dach, die energetisch funktionierende Fassade, zeitgemäßer Lärm- und Brandschutz.

Vor zehn Jahren hatte der Verein das Gebäude samt seiner Probleme übernommen. Seitdem wurden schon einige Millionen eingeworben. Davon profitierte die Heizung, Fenster wurden ausgetauscht, Toiletten-Anlagen begehbar gemacht und ein kleinerer Saal hergerichtet.

Förderverein: Saal im Volkspark bietet einzigartige Akustik

Jetzt sind es noch einmal 7,1 Millionen Euro, die der Verein auftreiben konnte. Die Hälfte davon kommt aus dem Bundeshaushalt, Land und Stadt teilen sich den Rest. Allerdings schrumpfe das Geld zusehends durch die Baukosten-Explosion, bedauert Ingrid Häußler. So bleiben diesmal Keller-Ausbau und auch die Turnhallen-Sanierung weiter auf der Wunschliste.

Apropos Wunschliste: Auf der stehen freilich nicht nur Beton-Mengen, Gerüst-Standzeiten oder Dachziegel. Denn das Haus braucht auch ein Innenleben und Einnahmen. Gegenwärtig nutzt die Kunsthochschule Burg Giebichenstein das Gebäude für Ausstellungen und Feste. Das Kabarett "Die Kiebitzensteiner" hat dort seine Bühne. Die Säle werden vermietet, unter anderem an die Staatskapelle, aber auch an private Tanz-Veranstalter.

Burg Galerie im Volkspark steht auf einem Hinweisschild
Die Kunsthochschule Burg Giebichenstein nutzt den Volkspark unter anderem für Ausstellungen. Bildrechte: MDR/Ole Steffen

"Wir haben Anbindung an die hallesche Universität, Sportveranstaltungen aller Art finden schon statt", zählt Vorstandsmitglied Claudia Kapella weitere Möglichkeiten auf. Besonders der Saal habe seine Qualitäten – und eine Akustik, wie sie heute nicht mehr zu finden und technisch auch gar nicht mehr herstellbar sei.

Besucherandrang im Volkspark könnte Problem für Anwohner werden

Ein Haus mit vielen Möglichkeiten also. Doch wie kommen die Besucher dorthin? Die Anzahl der Parkplätze ist gegenwärtig verschwindend gering. Nun, die Straßenbahnhaltestelle sei direkt vor dem Haus, sagt Ingrid Häußler, auch das Rad werde viel genutzt.

Für parkende Autos werde aber auch künftig kein Platz sein rund um das Kulturhaus. "Und dann wird halt ab und zu das Wohngebiet auch mal zugeparkt wenn, wenn die Besucher aus dem Umland kommen." – Antworten, die den Anwohnern freilich so gar nicht passen dürften.

MDR (Theo M. Lies, Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 06. Februar 2024 | 13:12 Uhr

3 Kommentare

W.Merseburger vor 11 Wochen

Ich habe den Eindruck, heute ist es einfacher und vielleicht auch gewollter(?) Kirchen, Gutshäuser, Schlösser oder Burgen mit viel staatlicher Unterstützung zu sanieren, als ein der Arbeiterbewegung verpflichtetes Gebäude wie eben der Volkspark in Halle/Saale. Mit der üblichen Forderung nach einem schlüssigen Nutzungskonzept nach Sanierung natürlich mit reichlichem Gewinn kann man jede weitere Initiative praktisch "erschlagen", und man tut es natürlich auch. Und wenn Steka schreibt, die SPD solle sich für ihr Nichtinteresse schämen, so ist das wohl sehr kurz gesprungen.

steka vor 11 Wochen

Eigentlich sehr blamabel für eine der ältesten großen halleschen Volksparteien, die sich ihrer Vergangenheit schämt. Fängt schon mit der "Schorre", ex. "Hofjäger" an wo 1890 die SPD sich ihren namen gegeben hat und der Volkspark danch als SPD Versammlungslokal gebaut wurde, Augst Bebel öfter zu besuch war. Irgenwie scheinen die halleschen Genossen nichts mehr von ihrer rumreichen Geschichte wissen wollen. Es ist einfacher ihre Geschichte mit dem "Godesberger Programm" zu beginnen. Auch die beiden Oberbürgermeister-Geossinnen haben das Haus lieber weiter verkommen lassen.

Dermbacher vor 11 Wochen

Hauptsache sanieren ohne zu wissen wie das Gebäude genutzt werden soll?

Mehr aus dem Raum Halle und Leipzig

Kultur

Drohnenaufnahme der Kunsthalle Talstrasse
Der gefächerte Neubau steht in Kontrast zu der spätklassizistischen Villa, die viele Jahrzehnte allein die Nummer 23 in der Talstraße ausmachte. Über eine verglaste Brücke kann das Publikum zwischen beiden Gebäudeteilen wandeln. Bildrechte: Kunstverein Talstrasse

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Im Vordergrund eine Gedenktafel auf dem Boden, rundherum eine Wiese, im Hintergrund zwei Statuen und ein Gebäude 4 min
Bildrechte: Kio Weck
4 min 29.04.2024 | 11:16 Uhr

Anton Wilhelm Amo ist der erste bekannte Philosoph afrikanischer Herkunft in Deutschland. André Damm ist in Wittenberg seinen Spuren gefolgt.

MDR SACHSEN-ANHALT Fr 26.04.2024 15:39Uhr 03:53 min

Audio herunterladen [MP3 | 3,6 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 7,3 MB | AAC | 256 kbit/s] https://www.mdr.de/mdr-sachsen-anhalt/podcast/geschichten/audio-podcast-geschichten-wittenberg-amo100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio