Portmonnaie mit Geldscheinen
Die Idee einer Einmalzahlung kommt von Bundeskanzler Olaf Scholz. Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Firmen und Gewerkschaften Lohnverzicht und Einmalzahlung als Ausweg aus der Krise?

17. September 2022, 14:29 Uhr

Die Idee stammt von Bundeskanzler Scholz: Unternehmen sollen ihren Beschäftigten eine Einmalprämie zahlen. Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften sich bei den Tarifverhandlungen zurückhalten. Damit soll die Inflation eingedämmt werden. Höhere Löhne heißt nämlich höhere Preise – das ist die Theorie. Doch was halten Sachsen-Anhalts Firmen und Gewerkschaften von dieser Idee?

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Bildrechte: Uli Wittstock/Matthias Piekacz

Geteiltes Leid ist halbes Leid, das scheint die Idee von Olaf Scholz zu sein. Die Unternehmer reichen ein paar Scheine rüber und die Gewerkschaften bleiben bei ihren Tarifabschlüssen unterhalb der Inflation. Damit sich das auch lohnt, sichert die Bundesregierung für diese Einmalzahlung Steuerfreiheit zu.

Sachsen-Anhalts Landeschefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Susanne Wiedemeyer, hat dieser Idee eine Absage erteilt. Wiedemeyer sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Es kann nicht sein, dass die aktuelle Krisenbewältigung auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen wird. Das Lohnniveau muss perspektivisch steigen, um die Reallöhne stabil zu halten."

Arbeitgeberverband: Politik stielt sicht aus der Verantwortung

Und auch bei Sachsen-Anhalts Firmen stößt der Vorschlag des Kanzlers nicht gerade auf große Gegenliebe. Ganz im Gegenteil, Marco Langhof, Präsident des Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt wirft der Politik vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen: "Ich halte das eine ganz schlechte Idee. Die Politik setzt sich quasi als unbeteiligter Dritter hin und sagt, wir haben im Grunde genommen ganz viel dafür getan, dass die Energiepreise gestiegen sind – aber jetzt regelt das mal unter euch. Das ist unredlich."

Die Idee einer Einmalzahlung gehe am Kern des Problems vorbei, da derzeit niemand seriös sagen könne, wie sich die Preise in den nächsten Monaten entwickeln werden, erklärte Langhof. "Ich spreche mit den Menschen in den Teeküchen, in den Pausenräumen und die schildern mir ihre Sorgen. Und da sind es dann mehrere hundert Euro Kosten zusätzlich pro Monat. Wie lange also reichen also 3.000 Euro, und wie lange dauert die Krise? Das ist keine Maßnahme, die langfristig Vertrauen aufbaut."

"Kaufzurückhaltung bereitet vielen Branchen Sorgen"

Zudem geht es auch um die Kaufkraft der Menschen. Bereits jetzt sind in einigen Branchen die Umsätze deutlich zurückgegangen, die Menschen halten ihr Geld zusammen. Für DGB Landeschefin Wiedemeyer ist das ein weiterer Grund für gute Lohnabschlüsse: "Die Kaufzurückhaltung der Bevölkerung bereitet vielen Branchen bereits jetzt Sorgen. Der Einzelhandel fürchtet leere Fußgängerzonen."

Steigende Löhne seien nicht der Inflationstreiber, so Wiedemeyer. Um die Preisspirale zu brechen, fordert sie einen Energiepreisdeckel für Gas und Strom. "Solange die Preise nicht gedeckelt sind, müssen untere und mittlere Einkommen finanziell entlastet werden."

Unternehmen fahren Investitionen zurück

Zudem stellt sich die Frage, wie viele Unternehmen in Sachsen-Anhalt mal eben ihren Mitarbeitern zusätzlich eine Art "Energieprämie" zahlen können. Selbst im öffentlichen Dienst, also bei den Städten und Gemeinden, oder in der Landesverwaltung, dürfte es schwer werden, solche Sonderzahlungen zu finanzieren. Doch auch in den Unternehmen ist derzeit die Stimmung angespannt.

Das bestätigt Marco Langhof: "Im Gegensatz zu Corona sehen wir jetzt eine sehr, sehr tiefgreifende Wirtschaftskrise vor uns. Die Frage ist nicht, ob die Energiepreise wieder zurückgehen, das werden sie. Die Frage ist, wie viele Unternehmen zwischendurch kaputtgingen." Deshalb werde jetzt kaum ein Unternehmen zusätzliche Kosten verursachen. Langhof, der selbst eine IT-Unternehmen leitet, sieht hingegen einen ganz anderen Trend. Da es kaum Planungssicherheit gebe, würden Unternehmen ihre Investitionen zurückfahren. Statt in neue IT-Anlagen oder Maschinen zu investieren, würden derzeit die Unternehmen erst einmal abwarten. "Das heißt, es gibt eine Schockwelle, die durch die ganze Wirtschaft geht."

MDR (Felix Fahnert, Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 15. September 2022 | 19:30 Uhr

19 Kommentare

Thommi Tulpe am 19.09.2022

dieja: Eine DDR hatte seinerzeit die bestüberwachteste Grenze weltweit. Hat das Fluchten verhindert? Wer unbedingt zu uns/ nach Europa kommen will, der kommt. Wer ein Schleuserboot nicht fürchtet, wird auch keine bewaffneten Grenzsicherer an den europäischen Außengrenzen fürchten.
Ich arbeite mit und für Geflüchtete. Ich kann nur sagen, dass es eine Mär ist, dass der Schleuser so teuer sein soll, dass er auch nicht von wirklich Armen bezahlt werden könnte. Man könnte zwar z. B. in Afrika ein/ zwei Monate von diesem Geld halbwegs gut leben. Man kann es aber genauso gut für die zumeist utopische Hoffnung einsetzen, in Deutschland/ Europa so viel Geld zu verdienen, dauerhaft menschenwürdig leben zu können.
Ich denke nicht, dass man Regeln verschärfen muss. Wollte man das Grundproblem lösen, müsste man die Welt ändern. Und daran hat offenbar niemand Interesse, wenn man z. B. die Näherin in Indien zum Hungerlohn schuften lässt, damit wir hier im Discounter preiswerte Shirts kaufen können.

Moewe1 am 19.09.2022

Die Inflation ist doch gewollt. Nicht umsonst hat die EZB Jahre Geld in den Markt gepumpt. So wird man billig die Schulden los. Den Rest hat Uschis EU-Kommission im Zusammenspiel der deutschen Politik versaut. Keiner sägt den Ast ab, auf dem er sitzt.

dieja am 18.09.2022

Es wird so oder so viele Menschen aus den ärmeren Ländern zu uns ziehen. Wir müssen nur endlich damit anfangen Regeln umzusetzen und nicht alles zu vermischen. Wirtschaftsmigranten sind keine Flüchtlinge und keine Asylanten, d.h. abgelehnte Asylbewerber sind unverzüglich abzuschieben. Die Europäischen Außengeenzen sind endlich effektiv zu schützen. Schiffsbrüchige haben kein Recht in ein bestimmtes Land gebracht zu werden, sondern könnten auch in Afrika an Land gebracht werden, das würde das Schlepperunwesen beseitigen. Die wirklich Armen und Hilfsbedürftigen haben nicht das Geld für Schlepper und profitieren deshalb von den Milliarden, die wir entgegen unserer eigenen Regeln ausgeben nicht.

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