Friedhofskultur im Wandel Ruheforst Krumke: Nun auch Beerdigungen nach buddhistischem Vorbild

06. März 2023, 11:44 Uhr

Im Ruheforst in Krumke kann man sich jetzt auch nach buddhistischen Ritualen bestatten lassen. Der interreligiöse Friedhof mit den hohen Bäumen nahe Osterburg ist dafür zugelassen. Deutschlandweit gibt es nur eine Handvoll Orte, an denen buddhistische Bestattungen angeboten werden.

Die Friedhofskultur in Sachsen-Anhalt ist in den vergangenen Jahren immer bunter geworden. In Aschersleben diskutiert man über die Re-Erdigung, demnächst sollen auch Bestattungen im Leichentuch erlaubt werden, und es gibt die ersten Ruheforste. Auch in Krumke bei Osterburg steht so ein Bestattungswald, und dort können sich Menschen jetzt auch nach buddhistischen Ritualen bestatten lassen.

100 Bestattungen in zwei Jahren

Hohe Laubbäume, es riecht nach Frühling, der Specht hämmert, der Kleiber huscht in seine Bruthöhle – im wunderschönen Ruheforst in Krumke haben sich in den vergangenen zwei Jahren schon etwa 100 Menschen bestatten lassen. Bislang liefen die Zeremonien nach christlichen Maßstäben oder frei ab.

Dass man sich in Krumke jetzt auch mit buddhistischen Ritualen bestatten lassen kann, liegt vor allem am Besitzer des Ruheforstes. Adrian von Bernstorff lebt mit seiner Frau seit zehn Jahren in Bhutan in Südasien. Dort sei die buddhistische Religion vorherrschend, dem Tod werde ein ganz anderer Platz eingeräumt als hierzulande, sagte von Bernstorff MDR SACHSEN-ANHALT. Das Sterben und der Tod würden stärker integriert in das Leben. Man denke auch stärker und öfter darüber nach. Das gebe dem jetzigen Leben einen größeren Wert.

Freie Entscheidung für Bestattungs-Ritual

Sich buddhistisch bestatten zu lassen, kann ganz unterschiedlich aussehen – auch künftig im Ruheforst Krumke. Es gibt Varianten mit großen Blumenaltären, Grabsteinen und ausgedehnten Zeremonien mit buddhistischen Mönchen, so genannten Lamas, aber auch die stille Einkehr der Hinterbliebenen ohne großes Programm. In Krumke könnten das die Betroffenen selbst entscheiden, sagt Adrian von Bernstorff.

"Wenn jemand Buddhist ist, dann wird er wahrscheinlich seinen eigenen Lama haben, der für die Familie irgendwie eine wichtige Rolle spielt", erklärt er. "Wie dann genau so ein Ritual aussieht, hängt dann davon ab, wie die Familie das eben auch lebt."

Wenn jemand Buddhist ist, dann wird er wahrscheinlich seinen eigenen Lama haben, der für die Familie irgendwie eine wichtige Rolle spielt. Wie dann genau so ein Ritual aussieht, hängt dann davon ab, wie die Familie das eben auch lebt.

Adrian Graf von Bernstorff Besitzer des Ruheforstes Krumke

Picknick mit den Vorfahren

Das ist auch das, was Adrian von Bernstorff so an dem Leben im buddhistischen Bhutan gefällt: diese Freiheit, sein Leben nach eigenem Gusto zu gestalten. Diese Freiheit sieht er auch für seinen Ruheforst als interreligiösem Bestattungsort. Er weist auf den 4,5 Hektar einen extra Ort für die buddhistischen Bestattungen aus. Dasselbe hat er bereits für Bestattungen nach christlichen Ritualen getan; ein großes Holzkreuz und ein paar Bänke laden dort zum Innehalten, Beten, Nachdenken ein.

Es gibt Hinterbliebene, die unter dem Baum, unter dem ihr Verstorbener liegt, picknicken. Sie fühlen sich dann eins mit dem Vorfahren und mit der Natur. Da spielt es keine Rolle, welcher Religion oder ob sie überhaupt einer Glaubensrichtung angehören, sagt Adrian von Bernstorff.

Das Geschäft von Bhutan aus leiten

Um den Ruheforst nicht allein von Bhutan aus betreuen zu müssen, hat von Bernstorff zwei Mitarbeiterinnen. Außerdem ist er ein- bis zweimal im Jahr vor Ort. Außerdem baut er gerade eine Firma auf, mit der er ayurvedische Naturkosmetik aus Bhutan nach Europa exportieren will.

Den Wald in Krumke hat die Familie von Bernstorff nach der Wende gekauft. Zuvor war ihnen ihr Land in der Westaltmark im Zuge der deutschen Teilung weggenommen worden - von der späteren Entschädigung konnten sie dann den Wald kaufen, der heute ein Ruheforst ist.

Nur wenige buddhistische Bestattungsorte in Deutschland

Die Genehmigung für die buddhistischen Bestattungen liegt vor. Jetzt will der Ruheforst-Besitzer diese Bestattungsmöglichkeit deutschlandweit öffentlich machen. In der gesamten Bundesrepublik gibt es nur eine Handvoll dieser Bestattungsorte, unter anderem in Hannover. Dabei gebe es doch, sagt von Bernstorff, etliche Buddhisten in Deutschland, unter anderem in den vietnamesischen Communities.

So laufen buddhistische Bestattungen ab Die aufwändige buddhistische Trauerzeremonie beginnt mit der Aufbahrung des Verstorbenen. Die trauernden Angehörigen und buddhistische Mönche, so genannte Lamas, gedenken und beten am Totenlager. Die meisten Verstorbenen werden nach wenigen Tagen verbrannt. Ihre Urnen werden im Boden bestattet – so geht der verstorbene Mensch zurück zur Natur. Die Bestattungen können mit großem Zeremoniell – Blumenaltären, Grabsteinen, dem Mantra-Beten eines Lamas – stattfinden oder ganz schlicht. Es gibt keine religiösen Vorgaben.

Für Buddhisten ist der Tod eines Menschen nur ein Zwischenschritt in dessen gesamten Dasein. Sie glauben, dass man bis zu 500 Mal wiedergeboren werden kann. Deshalb sollen Angehörige nicht trauern, dass sie jemanden verloren haben, sondern in den ersten Wochen nach dem Tod stille Zwiesprache mit dem Verstorbenen halten. Nur so findet sich die Seele in dieser Zwischen-Sphäre bis zur Wiedergeburt zurecht.

Mehr zum Thema: Tod und Bestattungen

MDR (Katharina Häckl)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. März 2023 | 16:40 Uhr

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