Polizeikräfte stehen kurz nach der Gewalttat auf dem Schulgelände in Bischofswerda.
Amokalarm: In einer Schule in Bischofswerda ist am Mittwoch ein Grundschüler von einem Jugendlichen schwer verletzt worden. Bildrechte: xcitepress

Gewalttat Kein Unterricht nach Messerangriff auf Achtjährigen in Bischofswerda

24. August 2023, 08:15 Uhr

Ein ehemaliger Schüler war am Mittwoch in Bischofswerda bewaffnet in den gemeinsamen Schulkomplex von Grund- und Oberschule gelangt. Er verletzte ein acht Jahre altes Kind schwer. Der Angreifer konnte von den Einsatzkräften überwältigt werden. Das Entsetzen über die Tat ist groß.

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Einen Tag nach dem Messerangriff findet am Donnerstag an der Grund- und Oberschule in Bischofswerda kein regulärer Schulbetrieb statt. Das teilte der Bautzener Landrat Udo Witschas mit. Es werde aber eine Betreuung angeboten für Kinder, die nicht zu Hause bleiben könnten. Es sei noch nicht geklärt, ob in dieser Woche der Unterricht wieder aufgenommen wird, heißt es von der Schulbehörde. In jedem Fall werde der Schulbetrieb zunächst gemeinsam mit Schulpsychologen starten.

Auf eine Bedrohungslage seien Sachsens Schulen so gut wie möglich vorbereitet, sagte Kultusminister Christian Piwarz am Mittwochabend MDR SACHSEN. "Wir haben ein Notfallmanagementsystem, wo verschiedene Notfälle mit ganz anschaulichen Karten vermittelt werden: Was ist zu tun? Und wer hat was zu tun?" Außerdem gebe es die Möglichkeit, digitale Notfallpläne bei der Polizei zu hinterlegen. "Das war in Bischofswerda der Fall", so Piwarz. Raumpläne und Klassenstärken seien vermerkt gewesen, so dass die Polizei sofort im Bilde gewesen sei.

Amokalarm im Schulkomplex

Am Mittwochvormittag war in Bischofswerda Amokalarm am Schulkomplex an der Kirchstraße ausgelöst worden. Nach Angaben der Polizei war ein mit einem Messer bewaffneter 16-Jähriger durch das Gebäude gerannt. Dabei verletzte er einen acht Jahre alten Jungen schwer. Das verletzte Kind wurde nach Angaben des sächsischen Kultusministeriums mit einem Hubschrauber in eine Klinik geflogen. Der Zustand des Jungen sei stabil. Es handele sich um einen Drittklässler. Er habe Wunden an Kopf und Hals.

Angreifer wurde überwältigt, hatte sich selbst angezündet

Der Angreifer sei überwältigt worden und befinde sich ebenfalls im Krankenhaus. Wie die Polizei bestätigte, hat er sich selbst angezündet. Die Flammen seien gelöscht worden, der 16-Jährige sei festgenommen worden. Es handelt sich laut Polizei bei ihm um einen ehemaligen Schüler der Oberschule, welche sich im gleichen Gebäudekomplex wie die Grundschule befindet.

Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.

Maximilian Funke Polizeisprecher

Das Motiv der Tat sei noch völlig unklar. "Entgegen einiger Äußerungen/Gerüchte in sozialen Netzwerken können wir zudem mitteilen, dass bei dem 16-Jährigen kein Migrationshintergrund vorliegt", so die Polizei. Am Donnerstag geht die Spurensicherung weiter. Die Kriminaltechniker und die Tatort-Gruppe der Polizei seien vor Ort, man habe bereits umfangreiche Spuren gesichert, sagte Polizeisprecher Maximilian Funke. Es gehe darum, sich ein Bild vom Motiv und der Tatbegehung zu machen. "Das ist alles noch am Laufen. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren."

Die Polizeidirektion Görlitz war am Mittwoch mit über 80 Kräften der Reviere Bautzen und Kamenz sowie dem Einsatzzug, der Kriminalpolizeiinspektion und der Diensthundestaffel vor Ort. Der Notruf sei gegen 9:45 Uhr bei der Polizei eingegangen. Ein Spezialeinsatzkommando rückte an. Das Schulgebäude wurde geräumt. Die Schülerinnen und Schüler wurden in Sicherheit gebracht. Ein Kriseninterventionsteam betreute den Angaben zufolge 53 Schülerinnen und Schüler, zwei Jugendliche, drei Lehrkräfte sowie 53 Elternteile. Am Vormittag gab die Polizei Entwarnung, die Lage sei unter Kontrolle.

Klassenzimmer der Schule abgeschlossen

Die Schule selbst sei auf solche Lagen vorbereitet, sagte Polizeisprecher Maximilian Funke. Man spreche in so einem Fall von "lebensbedrohlichen Lagen". In diesem Fall würden die Klassenzimmer abgeschlossen.

Bei der Durchsuchung des Schulgebäudes entdeckten die Einsatzkräfte unter anderem mehrere Taschen, Messer, Flaschen und Feuerzeuge. Die Polizisten stellten sie zur kriminaltechnischen Untersuchung sicher. In welchem Zusammenhang sie mit der Tat stehen, ist nicht bekannt.

Fassungslosigkeit bei Eltern und Schülern

Vor der kombinierten Grund- und Oberschule versammelten sich schon kurz nach der Tat viele Eltern, die sich um ihre Kinder sorgten, abgeschirmt von der Polizei. "Ich wollte einfach nur meinen Kleinen holen", sagt eine Mutter, die ihren Jungen an der Hand hält. "Wir kennen ganz viele, ich will schauen, dass alle in Sicherheit sind." Als sie ankam, fand sie "alles voller Feuerwehr, alles voller Polizei". Viele Eltern hätten sich untereinander informiert, berichtet die Mutter einer Siebtklässlerin. Einige Kinder seien "total aufgelöst" gewesen.

Polizisten stehen auf dem Schulhof einer Grund- und Oberschule. Laut eines Polizeisprechers soll Amokalarm ausgelöst worden sein.
Schon kurz nach der Tat versammelten sich viele Eltern, die sich um ihre Kinder sorgten, an der Schule. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Kultusministerium verspricht Unterstützung

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hat sich nach der Messerattacke betroffen gezeigt. "Unsere Gedanken sind bei dem verletzten Kind und der Schulgemeinschaft", sagte Piwarz. Mitarbeiter der Kultusverwaltung seien am Morgen unmittelbar nach der Tat vor Ort gewesen. "Wir werden die Schüler und Pädagogen unterstützen, wo immer es auch notwendig sein wird."

Landrat und Oberbürgermeister schockiert und betroffen

"Fassungslosigkeit ist ein Wort, das nicht ausreicht, um meine Gefühle angesichts der Situation in Bischofswerda zu beschreiben", sagte Landrat Udo Witschas (CDU), der sich vor Ort ein Bild machte. Er bete für den überfallenen Jungen, dass er diese brutale Tat überlebt. "Meine Gedanken sind auch bei seinen Angehörigen sowie den Schülern und Lehrern der Schule. Mein Dank gilt auch allen Einsatzkräften für ihre professionelle Arbeit", so Witschas.

Bischofswerdas Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) reagierte ebenfalls mit Fassungslosigkeit auf die Bluttat: "Ich bin einfach nur schockiert und zutiefst betroffen. Das geht einem durch und durch", sagte das Stadtoberhaupt. Er wünsche vor allem dem Opfer, dass es durchkomme. Zugleich hoffe er für alle Beteiligten - Schüler, Lehrer und Hausmeister - das Geschehene verarbeiten zu können.

MDR (ama/kbe/sth)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 23. August 2023 | 11:00 Uhr

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