Zug der ODEG im Bahnhof Görlitz
Es dauert wohl noch Monate bis wieder Züge aus Görlitz direkt nach Zittau fahren. Bildrechte: IMAGO / Volker Preußer

Deutsche Bahn Nach Kabelklau: Bahnstrecke bei Zittau bis mindestens Juni unterbrochen

08. Dezember 2022, 11:10 Uhr

Im Sommer hatten Diebe wichtige Kabel an der Bahnstrecke zwischen Zittau und Hagenwerder gestohlen. Nach aufwendigen Reparaturen konnte die Regionalbahn im Herbst wieder fahren. Doch nach wenigen Tage schlugen die Kabeldiebe erneut zu. Der entstandene Schaden war so desaströs, dass die Bahn die Signalstrecke nicht mehr in althergebrachter Weise reparieren will. Auf polnischer Seite liegen die Kabel inzwischen wieder.

Zwischen Zittau und Hagenwerder wird bis mindestens Juni 2023 kein Zug fahren. Das teilte der Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien mit. Nach einer aufwendigen Reparatur hatten Kabeldiebe an der Neißebrücke bei Hirschfelde im Herbst wiederholt wichtige Signal- und Steuerungskabel gestohlen. "Eine Prognose für die Wiederinbetriebnahme können wir derzeit noch nicht geben", erklärte Jörg Bönisch, Sprecher der Deutschen Bahn. Man suche gerade nach einer anderen Lösung für das Problem mit den Diebstählen.

Die Strecke Zittau - Görlitz führt teilweise über polnisches Gebiet. Von der dortigen Regionaltochter der Staatsbahn PKP, Polskie Linie Kolejowe, hieß es auf Anfrage, am 16. November sei das gestohlene Kabel auf polnischer Seite wieder verlegt worden. Die Anlagen bei Trzciniec (Rohnau) seien betriebsbereit und ermöglichten dort einen sicheren Zugverkehr.

Ein Mann geht über eine eingleisige Eisenbahnbrücke
Nach dem letzten Kabelklau im Oktober an der Neißebrücke in Hirschfelde steht die Wiederaufnahme des Zugverkehrs zwischen Zittau und Hagenwerder in den Sternen. Bildrechte: Bundespolizei Ebersbach

Schaden von einer Viertel Million Euro

Unbekannte hatten zuletzt Anfang Oktober bei drei Beutezügen auf deutscher und auch auf polnischer Seite insgesamt etwa 355 Meter mehradriges Fernmelde-, Signal- und Steuerungskabel aus Kupfer aus den an der Brücke verbauten Kabelschächten gezogen. Damit war allein der Deutschen Bahn an dem Streckenabschnitt ein Schaden von 250.000 Euro entstanden. Der Schaden stehe in keinem Verhältnis zu den Preisen, die man beim Schrotthändler für die Drähte bekomme, so Bönisch.

Die Brücke sei erneut so stark beschädigt worden, dass ihre Statik nicht mehr gegeben ist. Ein ähnliches Werk der Zerstörung richteten Diebe im Juni an, als sie Stahlträger der Bahnbrücke über den Neißefluss aufflexten und die Kabel herausschnitten. Die darauf folgenden Reparaturen nahmen einen ganzen Sommer in Anspruch.

Geöffnete Schachtdeckel am Bahngleis bei Hirschfelde
In der Vergangenheit wurden bei Hirschfelde immer wieder Bahnkabel gestohlen. Im Jahr 2021 scheiterte in der Nähe der Neiße-Brücke ein Kabeldiebstahl. Die Diebe hatten bereits die Betonabdeckungen entfernt. Bildrechte: Bundespolizei

Alternative Kabelverlegung wird geprüft

Die Deutsche Bahn prüft gegenwärtig, ob eine alternative Kabelverlegung umsetzbar ist. Denn bei einem einfachen Ersatz rechne man wieder mit Diebstahl und Zerstörung, heißt es aus dem Unternehmen. Zusätzlich müsse man sich mit der polnischen Bahn abstimmen, die auch vom Diebstahl betroffen war. Auch werde mit den Sicherheitsbehörden überlegt, "welcher Schutz der Bahninfrastruktur insbesondere grenzüberschreitend erforderlich ist und wie er gewährleistet werden kann".

Keine Hinweise zum Täter

Es scheint ein schwer zu lösendes Problem: Wie Alfred Klaner von der Bundespolizeiinspektion Ebersbach mitteilte, haben seine Kollegen die Stelle seit Jahren besonders im Blick und kontrollieren sie häufig. Auch waren die Kabel zuletzt bestmöglich verbaut worden. "Vor und hinter der Brücke befand es sich tief im Boden und im Bereich der Brücke wurde es im Inneren des Stahlgerüstes verlegt. Aber genau das wurde aufgeflext und hier das Kabel herausgezogen", so Klaner.

Von einem Bahnmitarbeiter hatte die Bundespolizei ein Handyfoto mit einem verdächtigen Fahrzeug erhalten, das eventuell mit einer der Taten in Zusammenhang stehen könnte. Doch die Ermittler sind hier nicht weitergekommen. Der Versuch über die Medien verwertbare Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten, scheiterte ebenfalls. "Es seien keine Hinweise eingegangen", so Klaner.

ODEG drängt auf Wiederaufnahme des Schienenverkehrs

Für die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (ODEG), die die Strecke mit der Regionalbahn 65 bedient, ist die Situation mehr als ärgerlich. Eine Wiederaufnahme des Schienenverkehrs sei enorm wichtig für die Fahrgäste und die ODEG, da die RB65 eine große und wichtige Hauptlinie im Netz Spree-Neiße sei, betonte ODEG-Sprecherin Dietmute Graf.

Derzeit pendeln Busse zwischen Hagenwerder und Zittau. Durch den Ersatzverkehr brauchten die Fahrgäste definitiv länger und es sei nicht so komfortabel wie im Zug, erklärte Graf. Es gingen Beschwerden der Fahrgäste ein, dazu komme der Organisationsaufwand für den Ersatzverkehr und höhere Kosten durch die Bestellung von Bussen und Personal. "Bis Ende des Jahres ist der Ersatzverkehr mit Bussen geplant. Wir sind hier abhängig vom Infrastrukturbetreiber der DB Netz", so die ODEG-Sprecherin.

MDR (ama/lam)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 14. November 2022 | 05:30 Uhr

3 Kommentare

Christoph_Strebel am 14.11.2022

Kabeldiebstahl an Bahnanlagen ist so normal wie Regen oder Laubfall.
Also alle Betriebsleittechnik mit ETCS L2 durchführen und die Kabel weglassen.
Eine härtere Gangart gegen Kabeldiebe ist sehr aufwendig und kommt an die Grenzen des im Rechtsstaat Zulässigen.

lk2001 am 13.11.2022

Nach dem ersten Vorfall richtet man keine Überwachung mit Kamera oder Sensoren ein ? Stahlträger flext man doch nicht in Minuten auf. Ein Armutszeugnis für die Bahn und die Polizei.

Pattel am 13.11.2022

Vielleicht schauen zu viele Menschen weg.......?
Ist nur eine These!

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