Rassismus "M-Kopf" ist der neue Name: Bäckerei Möbius bringt umstrittenes Gebäck zurück

12. Oktober 2024, 10:41 Uhr

Nachdem die Oederaner Großbäckerei Möbius im April ein Puddinggebäck nach Rassismusvorwürfen aus dem Sortiment genommen hatte, soll das Gebäckstück unter neuem Namen zurückkehren. Wie das Unternehmen mitteilte, ist aus dem alten Begriff "Mohrenkopf" nun die Produktbezeichnung "M-Kopf" geworden.

Aktivisten kritisieren Namen

Die Dresdner Aktivistengruppe "Sektgabis" hatte den ursprünglichen Namen im April dieses Jahres bei Instagram als rassistisch kritisiert. Die Gruppe argumentierte, der Begriff "Mohr" sei historisch belastet und werde auch im Duden als veraltet und diskriminierend bezeichnet. "Rassismus ist nicht erst dann zu bekämpfen, wenn wir nach rassistischen Morden entsetzt auf die Straße gehen. Um Rassismus im Alltag zu erkennen, (...) müssen wir uns mit unseren eigenen internalisierten Rassismen beschäftigen", so die Gruppe. Dabei gehe es auch um den Sprachgebrauch, der gesellschaftliche Machtpositionen fördere.

Bäcker weist Vorwürfe von sich

Bäckereichef Mathias Möbius wies damals den Vorwurf des Rassismus entschieden zurück. In einem Bericht der "Freien Presse" sagte er, das Gebäck und die Bezeichnung seien in der Region traditionell verwurzelt. Trotzdem hatte er das Produkt vorübergehend aus den Regalen genommen, um "die Debatte zu beruhigen".

Warum heißt der "Mohrenkopf" so? Der Begriff wird für verschiedene mit Schokolade überzogene Kleingebäcke und Süsswaren verwendet. Das bekannteste Gebäck unter diesem Namen besteht aus Eiweissschaum auf einer Waffel mit Schokoladenüberzug.

Seine erste Erwähnung findet sich im "Universal-Lexikon der Kochkunst" aus Leipzig aus dem Jahr 1878. Vor allem die Farbe und die Schokolade - eine Ware aus Kolonien - gaben dem Gebäck vermutlich seinen Namen. Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus Zürich

Nach einer Pause kehrt das Gebäck jetzt unter dem Namen "M-Kopf" zurück. Möbius verteidigte den neuen Namen als Kompromiss und betonte, dass die Entscheidung kein Öl ins Feuer gießen solle. Unter den Bäckern des Unternehmens sei auch der Spitzname "Möbi-Kopf" im Umlauf.

Umbenennung reicht Aktivisten nicht aus

Für die Aktivistengruppe "Sektgabis" hat Möbius mit der Umbenennung in ein ihnen zufolge mehrdeutiges "M-Kopf" "keine Größe bewiesen". "Er hätte es Möbius-Kopf nennen können, wenn er wirklich nicht provozieren wollte damit", sagte eine der Aktivistinnen MDR SACHSEN. Er habe sich aber ganz bewusst dafür entschieden, die Provokation offen zu lassen.

Warum ist das Wort "Mohr" rassistisch? (zum Ausklappen)

Das Wort "Mohr" hat sich zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in Deutschland als Fremdbezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe mit Herkunft aus afrikanischen oder auch anderen außereuropäischen Ländern gefestigt. Es bezeichnete zunächst die Bewohner Nordafrikas, zum Beispiel aus Mauretanien – heute Marokko – und Äthiopiens.

Später habe das Wort dann "die weitere dunkelhäutige Bevölkerung Afrikas" bezeichnet. Zwar soll das Wort zunächst wertneutral gewesen sein, später spielten aber Stereotype eine Rolle, zum Beispiel in der "Rassenforschung". Damit beginnt über den Begriff auch die Erniedrigung und Entmenschlichung von Menschen mit schwarzer oder dunkler Hautfarbe. Außerdem gibt es eine starke kolonialistische Konnotation, seit das Deutsche Kaiserreich seit 1884 Kolonialmacht wurde.

In der Werbung wurde der Begriff insbesondere für Kolonialprodukte wie Kakao und Kaffee verwendet, seit 1900 auch für die exotisierende Darstellungen schwarzer Menschen.

Quelle: Institut für Europäische Ethonologie, Humboldt-Universität Berlin

Frühere Debatten zum Begriff

Die Debatte um das Gebäckstück ist nicht die erste in Sachsen im Zusammenhang mit dem Begriff. Im Jahr 2021 hatten Schülerinnen und Schüler in Radebeul bei Dresden die Stadt kritisiert. Diese hatte beschlossen, die "Mohrenstraße" durch eine Umordnung von Grundstücken zu verlängern. Ein Dutzend Jugendliche der Gruppe RIKA (Rassismsus ist keine Alternative) Radebeul hatte einen Brief an alle Stadtratsfraktionen geschickt, mit der Forderung, die Umbenennung der Mohrenstraße und des Mohrenhauses zu diskutieren. Stadtrat und Oberbürgermeister hatten das damals abgelehnt.

MDR (ben)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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