Eine Frau und ein Jugendlicher im Rollstuhl.
Maria Radusch konnte ihren Sohn nicht mehr Zuhause pflegen, deswegen musste er in eine 600 Kilometer entfernte Pflegeeinrichtung auf Rügen. Bildrechte: Maria Radusch

Plauen 600 Kilometer Fahrt: Mutter sammelt Geld für Besuche bei unheilbar krankem Sohn

19. August 2024, 09:36 Uhr

600 Kilometer Fahrt für einen Krankenbesuch – vor dieser Herausforderung steht Maria Radusch aus Plauen, wenn sie ihren Sohn Pascal sehen möchte. Der 21-Jährige leidet seit Geburt an einem unheilbaren Gendefekt und muss rund um die Uhr betreut werden. Eine dafür geeignete Einrichtung fand die Familie aber nur auf der Insel Rügen. Weil niemand weiß, wie lange Pascal noch lebt, will die Familie ihn so oft es geht besuchen. Das fehlende Geld für die Besuche will Maria jetzt übers Internet sammeln.

Ihr halbes Leben hat Maria Radusch ihren geistig und körperlich behinderten Sohn Pascal zu Hause betreut. Vor vier Jahren entschied die Familie schweren Herzens, dass es so nicht weitergehen kann: "Das gravierende sind die epileptischen Anfälle, die einfach nicht wirklich behandelbar sind. Es ist so eskaliert, dass es für uns nicht mehr machbar war: Dann haben wir angefangen zu suchen und haben leider nichts gefunden."

Eine Frau und ein Jugendlicher haben sich im Arm.
Maria Radusch erzählt, dass die größte Herausforderung bei den Besuche ihres Sohns die Kosten sind. Bildrechte: Maria Radusch

Die Angst nicht da sein zu können

Mehr als zweihundert Einrichtungen in ganz Deutschland habe Maria Radusch kontaktiert und meist Absagen kassiert. Grund dafür könnte das komplexe Krankheitsbild ihres Sohnes sein, sagt Melanie Schauff, Ärztin im Leipziger Kinderhospiz Bärenherz: "Das ist sehr ressourcenaufwendig, sodass sie [die Patienten, Anm. d. Red.] oft einen sehr hohen Bedarf an Betreuung haben. Zum Beispiel, weil sie sehr motorisch aktiv sind, weil sie Verhaltensauffälligkeiten aufweisen und deswegen ist das oft schwer zu leisten."

So blieb am Ende nur eine Einrichtung auf der Insel Rügen. Seit zwei Jahren lebt Pascal dort, 630 Kilometer von seiner Familie entfernt. Besuche seien nur etwa alle 8 Wochen möglich. Dazu komme für die 40 Jahre alte Mutter die permanente Angst, ihren Sohn komplett zu verlieren: "Ich kann mich gut an den Anruf erinnern, als er dort das erste Mal gekrampft hat und die Nacht auf der Intensivstation verbringen musste. Alle Eltern wissen, was es bedeutet, einfach nicht da sein zu können und die größte Hürde ist da eine finanzielle Hürde."

Alle Eltern wissen was es bedeutet, einfach nicht da sein zu können und die größte Hürde ist da eine finanzielle Hürde.

Maria Radusch Mutter von Pascal

Spenden für die Reise ins Krankenhaus

Staatliche Zuschüsse für Besuchsfahrten gäbe es zwar, die seien aber nicht kostendeckend. Deswegen startete Maria Radusch, die aktuell zur Ergotherapeutin ausgebildet wird, eine Spendenaktion im Internet: "Aus der Verzweiflung, aus dem Nicht-Schlafen-Können heraus, weil das Vermissen so groß ist, kam die Entscheidung, modern zu betteln. Die Intention war einfach: Da ist ein bisschen Geld, ich kann mich ins Auto setzen und zum Pascal fahren, ohne dass ich mir Gedanken machen muss."

Mehr als 1.600 Euro seien bereits zusammengekommen. Maria Radusch erzählt, dass sie darüber hinaus viel persönlichen Zuspruch erhalten hat. Ulrike Herkner vom Förderverein des Kinderhospizes Bärenherz in Leipzig lobt die Initiative der Mutter ebenfalls: "Es geht einmal darum, dass diese Themen nicht aus der Mitte der Gesellschaft verschwinden dürfen und gleichzeitig auch die Einrichtungen, die es gibt, nachhaltig gestärkt werden. Dafür braucht es kontinuierlich privates Engagement und Engagement von Unternehmen."

Der größte Wunsch von Maria Radusch bleibe, mehr Zeit mit ihrem Sohn Pascal zu verbringen. Am besten an einem Ort, der nicht 600 Kilometer entfernt sei.

Mehr zum Thema

MDR (lev)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dieses Thema in dem Regionalreport aus Chemnitz | 19. August 2024 | 14:30 Uhr

5 Kommentare

MariaR vor 35 Wochen

Das stimmt, da haben Sie recht. Haben Sie mal versucht am Freitag Nachmittag nach der Arbeit von Plauen bis zur Insel Rügen mit der Bahn zu reisen und am Sonntag zurück zu sein?

Sharis vor 35 Wochen

Sie schreiben hier empathielosen und realitätsfernen Unsinn!
Von Plauen aus ist man selbst mit IC/ICE-Nutzung mindestens (!) 10 Stunden unterwegs, bis man erst mal da ist, mit Regioverkehr per D-Ticket noch entsprechend länger.
Es kommen also noch Übernachtungskosten dazu, die in so einer Urlaubsregion gerade in der Saison -falls überhaupt freie Unterkünfte verfügbar sind- auch nicht billig sind.
Und die Familie muss auch wieder pünktlich zurück sein für ihre Jobs bzw. Ausbildung. Eine wirkliche Alternative zur Autofahrt hin & zurück besteht also nicht.

Sonnenanbeter vor 35 Wochen

Sie wollen nicht wirklich regelmäßig mit dem Deutschlandticket und in Regionalzügen über 600 Kilometer zurücklegen, wenn Sie eine solche Distanz auch deutlich schneller, komfortabler, zeitlich flexibler und vor allem zuverlässiger überbrücken können. Eine teure Bahn-Card ändert hieran auch nicht viel. Je schneller man im Ziel ist, desto mehr Zeit bleibt auch für das gemeinsame (Er)leben. Im übrigen geht es ja nicht nur um die Fahr-, sondern auch um die Unterbringungskosten für Mutter und Geschwisterkind. Für eine Spende muss sich hier wirklich niemand schämen, weder Spender, noch Begünstigste. Das ist sinnvoll investiertes Geld, der Rahmen mit 5.000€ auch völlig in Ordnung. Ich hoffe, dass das Ziel erreicht wird.

Mehr aus dem Vogtland und Greiz

Mehr aus Sachsen