Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) steht bei seinem Besuch der Elbe Flugzeugwerke in einem Hangar mit Mitarbeitern der Flugzeugwerke zusammen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen mit Mitarbeitenden der Elbe-Flugzeugwerke Dresden. Bildrechte: picture alliance/dpa/AP Pool | Ebrahim Noroozi

Kanzlerbesuch Olaf Scholz in Dresden: Kanzler wirbt für Weltoffenheit

29. Februar 2024, 21:30 Uhr

Bundeskanzler Olaf Scholz ist zu Besuch in Dresden. Auf dem Reiseplan des Kanzlers standen die Elbe-Flugzeugwerke, die Uhrenmanufaktur Nomos in Glashütte und ein Demokratie-Projekt in Dresden. Seit dem Abend stellt er sich im Kraftwerk Mitte den Fragen von Bürgern.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Dresden mit Blick auf den wachsenden Fachkräftebedarf mehr Weltoffenheit gefordert. Der SPD-Politiker warnte am Donnerstag bei einem Besuch in den Elbe Flugzeugwerken (EFW) Dresden zudem indirekt vor extremistischen Parteien. "Wirtschaftlicher Aufschwung gelingt in einem Land, das zusammenhält, das sich nicht spalten lässt", sagte der Kanzler.

In Anspielung auf die AfD sagte Scholz: "Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir auch denen widersprechen, die unser Land auseinandertreiben wollen." EFW-Chef Jordi Boto betonte, das Unternehmen sei auf Weltoffenheit und ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Die Umfragewerte der AfD in Sachsen beobachte er mit Sorge. "Für Sachsen ist das eine zentrale Frage", so Boto.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit kam Scholz auch mit Beschäftigten des Unternehmens ins Gespräch.

Die AfD, die in Sachsen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, liegt in Umfragen für die Landtagswahl am 1. September mit rund 35 Prozent deutlich vor anderen Parteien.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) steht bei seinem Besuch der Elbe Flugzeugwerke neben Jordi Boto (l), Geschäftsführer Elbe Flugzeugwerke, und Kai Mielenz, Geschäftsführer Elbe Flugzeugwerke, in einen Hangar vor einem Airbus A330.
Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) hat am Donnerstag die Elbe-Flugzeugwerke in Dresden besucht. Dort wurde er von den beiden Geschäftsführern Jordi Boto (links) und Kai Mielenz empfangen und durch die Hallen geführt. Im Hintergrund ist ein Airbus A330 zu sehen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Ausländische Fachkräfte bei den Elbe-Flugzeugwerken

EFW beschäftigt 2.200 Mitarbeiter aus 30 Nationen an neun Standorten weltweit und ist der größte Umrüster von Airbus-Passagier-Flugzeugen in Frachtflugzeuge. Das Unternehmen gehört zu den wenigen großen Firmen, die auch ihren Hauptsitz und nicht nur Produktionsstätten in Sachsen haben. EFW-Arbeitsdirektor Kai Mielenz verwies im Reuters-Interview darauf, dass man in diesem Jahr weitere 200 und im kommenden Jahr erneut 100 Mitarbeiter einstellen wolle. Im vergangenen Jahr habe man 35 Beschäftigte aus Asien gewinnen können. EFW wirbt vor allem in den Philippinen um Flugzeugingenieure.

Mielenz forderte Veränderungen bei der beruflichen Anerkennung von ausländischen Arbeitskräften. Das Unternehmen verzeichne eine Absprungquote von 50 Prozent der Bewerber, weil die Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen sechs Monate dauere.

Besuch bei Nomos Glashütte

Am Nachmittag besuchte der Bundeskanzler die Uhrenmanufaktur Nomos Glashütte im Osterzgebirge. In den Produktionsräumen informierte sich der Bundeskanzler über die handwerkliche Uhrenherstellung.

Bundeskanzler Olaf Scholz betrachtet ein Werkstück in der Produktionsstätte des deutschen Uhrenherstellers Nomos Glashütte 3 min
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3 min

MDR AKTUELL Do 29.02.2024 08:09Uhr 03:11 min

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Kanzler bittet um Besuchstermin bei Dresdner Demokratie-Projekt

Am Nachmittag hat sich Bundeskanzler Scholz in einer Straßenbahn der Dresdner Verkehrsbetriebe über das Demokratie-Projekt "metropolis" informiert. Das Projekt findet mehrmals pro Woche im letzten Abteil einer im normalen Linienbetrieb fahrenden Straßenbahn statt. In Gesprächsrunden werden gesellschaftliche Themen wie Mobbing, Einsamkeit und Stress oder politische heikle Themen mit Streitpotenzial mit zufällig anwesenden Fahrgästen diskutiert, die sich auf ein Gespräch einlassen. Dabei geht es beispielsweise um Asylsuchende, ums Heizungsgesetz oder um den Klimawandel im Allgemeinen. Die "metropolis"-Protagonisten erklärten: Oft sei die verblüffende Einstiegsfrage: "Wie war Ihre Kindheit?"

Bundeskanzler Olaf Scholz SPD gemeinsam mit Projektleiterin Kristina Krömer bei der Gesprächsrunden mit bis zu drei Fahrgästen in einer stehenden Strassenbahn auf dem Betriebshof Trachenberge, Dresden.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich mit Protagonisten und Teilnehmern des Demokratie-Projekts "metropolis" intensiv ausgetauscht. Bildrechte: IMAGO/Political-Moments

Scholz sagte, er fände es gut, wenn dieses Projekt, was es bisher nur in Dresden und Leipzig gibt, Schule machen würde. Er nahm sich trotz seines dichten Besuchsprogramms Zeit für die Initiatoren und einzelne Teilnehmer am "metropolis"-Projekt, hörte ihnen zu, ließ sie ausreden und beantwortete auch Fragen. Projektleiterin Kristina Krömer war sich nach dem Gespräch in der Straßenbahn auf dem Betriebshof Trachenberge nicht ganz sicher, ob sie mit jedem Detail beim Kanzler durchgedrungen sei. Immerhin ist der Kanzler für seine zurückhaltende hanseatische Mentalität in Gesprächen bekannt - und das war auch in der Dresdner Straßenbahn nicht grundlegend anders.

Sein ernsthaftes Interesse dürfte allerdings schon dadurch begründet sein, dass das Bundeskanzleramt bei "metropolis" angeklopft hat und quasi der Bundeskanzler um ein Gespräch während seines Dresden-Besuchs gebeten hat. Entsprechend selbstbewusst stellte sich das Demokratie-Projekt vor. Interessiert war der Regierungschef besonders daran, wie die Dresdner Stadtverwaltung mit dem regelmäßig Feedback von "metropolis" und damit auch mit den Meinungen und Vorschlägen der Bürger umgehe.

"metropolis" strebt in Regionalzüge und in einen Intercity-Zug

Bei konkreten Finanzierungsfragen derlei Projekte gab sich der Kanzler eher schmallippig. Er sei zwar zuversichtlich, dass das Demokratiefördergesetz demnächst im Bundestag beschlossen werde, sagte er. Gleichwohl sehe er nicht nur den Bund, sondern auch Länder, Kommunen, Stiftungen und die Bürgerschaft in der Verantwortung. Ein junger Mann von "metropolis" betonte die Wichtigkeit des Projekts, das es ermögliche, mit Fremden über das eigene Meinungsspektrum hinaus ins Gespräch zu kommen.

Bundeskanzler Olaf Scholz vor einer Dresdner Straßenbahn
Mit großer Entourage war der Kanzler auf dem Betriebshof der Dresdner Verkehrsbetriebe vorgefahren. In der Tram nahm sich Olaf Scholz Zeit für einen persönlichen Erfahrungsaustausch über die Demokratie und ihre Herausforderungen mit Kristina Krömer und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern vom Projekt "metropolis". Bildrechte: MDR/L. Müller

Projektleiterin Krömer kündigte an, weiterhin mit dem Kanzleramt in Kontakt bleiben zu wollen. Zudem soll "metropolis" ausgeweitet werden: Kontakte gibt es nach Chemnitz, Interesse sei von einem Protagonisten aus Potsdam signalisiert worden. Zudem sollen die Demokratiegespräche demnächst von Dresden aus auch in einem Intercity an die Ostsee sowie in Regionalzügen Richtung Lausitz angeboten werden - dann mit mehr Zeit als bei nur wenigen Haltestellen in der Straßenbahn. Angesichts der aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung stoßen die leidenschaftlichen Demokratie-Verfechter zwar nicht nur auf freundliche Menschen, ernstzunehmende Bedrohungen oder gar körperliche Attacken seien aber bislang nicht vorgekommen, erklärten sie auf Nachfrage.

Scholz stellt sich Fragen im Bürgerdialog

Am Donnerstagabend stellte sich Scholz in Dresden beim "Kanzlergespräch" den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. 150 Menschen waren dafür ins Kraftwerk Mitte gekommen. Scholz gab unter anderem zu Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Ukraine, zu Bildungschancen, zum Klimawandel und zur Digitalisierung Auskunft.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) spricht während des Bürgerdialogs „Kanzlergespräch“ mit Audio
Beim Kanzlergespräch sind viele Themen wie Digitalisierung, Bildung oder Wirtschaftsprobleme angesprochen worden. Viele Fragen wurden zu Konflikten wie in der Ukraine und im Gaza-Streifen gestellt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Vor dem Veranstaltungsort protestierten Dutzende Menschen lautstark gegen die Politik der Bundesregierung. Zur Demonstration aufgerufen hatten die rechtsextremen "Freien Sachsen".

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MDR (phb/lam)/AFP/RTR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 29. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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