Bei Protesten gegen das Urteil im Prozess gegen Lina E. in Leipzig hat die Polizei nach Räumung eines Platzes Demonstranten eingekesselt.
Am sogenannten Tag X hatte die Polizei in Leipzig Demonstranten stundenlang eingekesselt. Die Aktion ist umstritten. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Anzeigen "Tag X" in Leipzig: Polizei bestätigt Einsatz von Zivilbeamten im Kessel

14. Juni 2023, 17:36 Uhr

Nach zwei Strafanzeigen ermittelt die Polizei in Dresden gegen Beamte nach dem Einsatz am sogenannten Tag X in Leipzig. Sie bestätigt außerdem, dass unter den eingekesselten Demonstranten Polizisten in zivil waren. Dies sei rechtlich gedeckt.

Die Polizei in Dresden ermittelt gegen zwei Beamte im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz am sogenannten Tag X Anfang Juni in Leipzig. Das teilte das Innenministerium am Dienstagabend mit. Danach lägen zwei Strafanzeigen vor, bei denen der Anfangsverdacht einer Straftat durch Polizisten bestehe, hieß es. Weitere Einzelheiten nannte das Ministerium nicht.

Polizei Leipzig prüft in zwei weiteren Fällen

Auch die Leipziger Polizei lasse demnach zu "zwei weiteren Sachverhalten" prüfen, wie es ein Sprecher des Ministeriums formuliert. Auch deren Bearbeitung erfolge durch die Kriminalpolizei Dresden.

Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte am Montag in der MDR-Sendung "Fakt ist!" erklärt, es gebe bislang keine Anzeigen gegen Beamte. Die Polizei hatte am 3. Juni rund 1.000 Demonstranten, darunter Minderjährige, elf Stunden eingekesselt. Zuvor waren von einzelnen Demonstranten Flaschen und Steine gegen Polizisten geworfen worden.

Brief der Demo-Anmelder an Innenminister Armin Schuster

Die Behauptung des Innenministers in der Sendung, es seien bislang keine Anzeigen gegen die polizeilichen Maßnahmen eingegangen, kritisieren auch die Anmelder der Demonstration vom 3. Juni, der Leipziger Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek und die Vorsitzende des Vereins Say it loud, "Leipzig nimmt Platz", Irena Rudolph-Kokot (SPD). In einem Brief an Schuster schreiben sie: "Der Vater des durch Polizeibeamte verletzten 16-jährigen war am vergangenen Dienstag bei der Polizei und hat eine Anzeige dazu aufgegeben."

Polizei bestätigt Einsatz von Beobachtern im Kessel

In dem Brief wird zudem der Einsatz von zivilen Ermittlern der Polizei kritisiert: "Sie haben keine Ausführungen dazu getroffen, dass sich unter den vermummten Versammlungsteilnehmenden auch Polizeibeamt*innen befanden und dies im Widerspruch zu § 11 SächsVersG, denn eine Anzeige erfolgte nicht." Der Sprecher der Polizeidirektion Leipzig Olaf Hoppe bestätigte den Einsatz von sogenannten Tatbeobachtern.

Diese Beamten in Zivil seien auch innerhalb der Umkreisung, also des sogenannten Kessels gewesen, sagte Hoppe MDR SACHSEN. Laut Strafprozessordnung müssten diese Beamten sich nicht gegenüber dem Versammlungsleiter zu erkennen geben. Auch aus dem Innenministerium hieß es, es gelte, anders als beispielsweise von Stadtrat Kasek dargestellt, nicht das Versammlungsrecht, sondern die Strafprozessordnung.

Ein Mann mit weißem Harr
Jürgen Kasek, Stadtrat der Grünen in Leipzig, hatte die Demonstration am 3. Juni angemeldet, bei der es zu Krawallen kam. Bildrechte: MDR

Sie befeuern die Radikalisierung, die sie vorgeben zu bekämpfen.

Jürgen Kasek (Grüne), Irena Rudolph-Kokot (SPD) Brief an Innenminister Armin Schuster (CDU)

Nun doch keine Anzeige gegen Schuster

Insgesamt werfen Kasek und Rudolph-Kokot dem sächsischen Innenminister in dem Brief ein mangelndes Demokratieverständnis vor, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat untergrabe. "Sie befeuern die Radikalisierung, die sie vorgeben zu bekämpfen." Kasek will den Innenminister nun doch nicht anzeigen, wie er direkt nach der Sendung von Fakt ist! am Montag angekündigt hatte. Seine Begründung: Er will keine Eskalation auf persönlicher Ebene, sondern Aufklärung.

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MDR (lam/kbe/ude)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 13. Juni 2023 | 20:00 Uhr

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