Dr. Gideon Haut, Leiter des Literaturmuseums Theodor Storm, Heiligenstadt 6 min
Bildrechte: MDR/Blanka Weber

Provenienzforschung Heiligenstadt: Herkunft hunderter Kunstobjekte weiter unklar

07. Juni 2024, 16:00 Uhr

Im Februar hatte der Museumsverband Thüringen sein Projekt "Auf der Suche nach NS-Raubgut an 17 Thüringer Museen" vorgestellt. Nun gibt es erste Ergebnisse. Dafür wurden in Heiligenstadt das Eichsfeldmuseum und das Literaturmuseum "Theodor Storm" unter die Lupe genommen. Im Eichsfeldmuseum ist weiterhin unklar, welche Objekte Raubkunst sein könnten. Im Literaturmuseum konnten zumindest keine konkreten Hinweise gefunden werden. In beiden Häusern muss weiter geforscht werden.

Im Eichsfeldmuseum in Heilbad Heiligenstadt bleibt die Herkunft von hunderten Objekten weiter unklar. Das zeigen die ersten Projektergebnisse, die der Museumsverband Thüringen nun vorgestellt hat. Das Erstcheck-Projekt unterstützt 17 Museen in Thüringen bei ihrer Provenienzforschung. Dabei wird die Herkunftsgeschichte von Kunstwerken untersucht.

Im Eichsfeldmuseum Heiligenstadt ist die Lage weiter unklar

Im Eichsfeldmuseum Heiligenstadt wurden 463 Zugänge überprüft, die zwischen 1933 und 1945 in den Museumsbestand übergingen. Gideon Haut, Direktor der städtischen Museen Heilbad Heiligenstadt, sagte MDR KULTUR: "Von diesen 463 gab es 22 bedenkliche Fälle, die erstmal einfach weiter untersucht werden müssen." Allerdings seien sie "wahrscheinlich unrechtmäßig erworben" worden.

Von diesen 463 gab es 22 bedenkliche Fälle, die erstmal einfach weiter untersucht werden müssen.

Gideon Haut, Direktor der städtischen Museen Heilbad Heiligenstadt

Die Forschenden untersuchten vor allem die Inventarbücher. Laut Gideon Haut enden diese an vielen Stellen gerade zum kritischen Zeitpunkt 1933. Danach gebe es kaum noch Einträge, weshalb die Forschung da sehr genau schauen müsse. "Wir haben herausgefunden, dass es im Eichsfeldmuseum tatsächlich viel Bestand gibt, zum Beispiel von jüdischen Fotografen. Fotos, die durchaus bedenklich sind, was deren Herkunft angeht." Nun sei klar, dass weiter geforscht werde müsse, um die genauen Besitzverhältnisse klären zu können.

Ein länglicher Klinkerbau und eine Kirche. Davor ein großer Platz mit Bäumen.
Das Eichsfeldmuseum von außen. Hier muss weiterhin zur Herkunft hunderter Kunstobjekte geforscht werden. Bildrechte: MDR/Claudia Götze

Im Literaturmuseum "Theodor Storm" wurde vorerst keine Raubkunst gefunden

Auch im Bestand des Literaturmuseums "Theodor Storm" wurden ungefähr 150 Objekte untersucht. Haut sagte im Gespräch, dass die Forscherin einen Monat lang alles sehr akribisch untersucht habe und es dabei Verdachtsfälle gegeben habe. Bei keinem davon bestehe allerdings sofortiger Handlungsbedarf. Es müsse aber weiter geforscht werden. Denn obwohl das Museum im Jahr 1988 eröffnet wurde, gibt es Objekte im Inventar, die vor 1945 entstanden sind. Gideon Haut erklärte, dass habe bei der Einrichtung auf antikes Mobiliar oder historische Bücher zurückgegriffen. Deswegen sei es ein Irrglaube, dass man im Literaturmuseum "Theodor Storm" nicht auf NS-Raubgut treffen könnte.

Blick in einen Raum mit einem Klavier und einem Bücherregeal
Blick ins Literaturmuseum "Theodor Storm". Bei der Einrichtung 1988 wurde auf Gegenstände von vor 1945 zurückgegriffen. Deswegen könnte sich hier auch NS-Raubkunst befinden. Bildrechte: Literaturmuseum Theodor Storm/Christian Malsch

Es gibt klaren Handlungsbedarf

Gideon Haut zufolge gibt es aktuell keine Mittel, die Forschung weiter zu betreiben. Allerdings könnten mit den jetzigen Ergebnissen Förderanträge geschrieben werden.

Mit diesen Ergebnissen können wir jetzt Förderanträge schreiben.

Gideon Haut, Direktor der städtischen Museen Heilbad Heiligenstadt

Außerdem will Haut die Forschungsergebnisse transparent machen. So sollten Objekte in der Dauerausstellung mit einem Hinweis auf die Provenienzforschung versehen werden. Der größte Teil der Objekte befinde sich jedoch im Depot.

Hand auf Karteikarten
Bei der Provenienzforschung wird die Herkunftsgeschichte von Kunstgegenständen untersucht. Bildrechte: picture alliance/dpa | Henning Kaiser

15 weitere Museen in Thüringen sollen überprüft werden

Noch bis Ende 2025 sollen 15 weitere Bestände in Thüringen auf mögliche NS-Raubkunst geprüft werden. Auf dieser Liste der Museen stehen unter anderem das Deutsche Bienenmuseum in Weimar, das Schloss- und Spielkartenmuseum in Altenburg und das Stadtmuseum Gera. Der Museumsverband Thüringen hatte das Projekt zur Provenienzforschung ins Leben gerufen, um gerade kleine und mittlere Häuser finanziell zu unterstützen. Meistens können sich diese Museen keine Provenienzforschung leisten, da ihnen dafür Zeit und Personal fehlen.

Quelle: MDR (Ellen Schweda), städtische Museen Heilbad Heiligenstadt
redaktionelle Bearbeitnung: cth

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Mittag | 06. Juni 2024 | 13:10 Uhr

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