Eine Patientin liegt im Krankenhausbett und blickt aus dem Fenster.
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Gesundheitsversorgung Folgen der Krankenhausreform: Thüringer Patienten müssen sich umstellen

30. Oktober 2023, 12:18 Uhr

Die Krankenhausreform der Bundesregierung wirft ihre Schatten voraus. Wenn diese kommt, müssen sich viele Thüringer Patienten nach Ansicht von Fachleuten zum Beispiel auf längere Wege einstellen. Schon jetzt stehen Kliniken in Thüringen unter Druck, sich zu wandeln. Doch die geplanten Veränderungen stoßen nicht immer auf Zustimmung, wie eine Unterschriftensammlung in Pößneck zeigt.

Die Menschen in Thüringen werden sich nach Einschätzung von Fachleuten in den nächsten Jahren auf Veränderungen in der Krankenhauslandschaft einstellen müssen. "Es wird neue Strukturen geben", sagte der Landesvorsitzende des Verbandes leitender Krankenhausärzte, Frank Lange, der "Deutschen Presse-Agentur". "Das wird dazu führen, dass das gewohnte Krankenhaus andere Leistungen anbietet."

Dies könne weitere Wege zu bestimmten hoch spezialisierten Leistungen bedeuten. Vor allem Kliniken im ländlichen Raum stünden vor Herausforderungen.

Die Krankenhäuser stehen unter Druck.

Guido Dressel Chef der Techniker Krankenkasse in Thüringen

Thüringer Krankenhäuser unter Druck

Auch nach Ansicht der Techniker Krankenkasse (TK) sind die Vorboten der von der Bundesregierung geplanten Klinikreform in Thüringen angekommen. "Die Krankenhäuser stehen unter Druck", fasst es der Leiter der TK-Landesvertretung, Guido Dressel, zusammen.

Zuletzt war bekannt geworden, dass die finanziell angeschlagene Regiomed-Klinikgruppe wieder aufgespalten wird und sich unter anderem von den Südthüringer Standorten in Sonneberg, Neuhaus, Masserberg oder Hildburghausen trennt und sie zurück in die Trägerschaft der Landkreise gibt, um eine Insolvenz zu vermeiden. Die Idee: Künftig sollen die Landkreise nur für die Verluste ihrer eigenen Häuser gerade stehen müssen.

Unterschriftensammlung gegen Umstrukturierung der Klinik in Pößneck

Die Thüringen-Kliniken in Saalfeld, Rudolstadt und Pößneck wiederum wollen ihren Standort Pößneck in ein ambulantes Operationszentrum mit angegliederter Klinik für Inneres, Notaufnahme, Arztpraxen und Apotheke umwandeln. Begründet wurde das unter anderem mit den politischen Rahmenbedingungen. Das Land will den Umbau mit rund 26 Millionen Euro fördern. Dabei soll jedoch auch die Unfallchirurgie wegfallen, was wiederholt zu Protesten von Bürgerinnen und Bürgern geführt hatte.

So übergab auch eine Initiative am Montag rund 5.300 Unterschriften an Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Die Unterzeichner fordern den Erhalt der Klinik in Pößneck in seiner bisherigen Form mit chirurgischer Abteilung und Notaufnahme.

Am Standort Saalfeld ist ein neuer Medizin- und Sozialcampus geplant - es soll die größte Investition in der Geschichte der Klinik werden.

Massive Investitionen in Thüringer Krankenhäuser geplant

Auch an anderen kleineren oder mittelgroßen Thüringer Krankenhaus-Standorten gibt es aktuell große Umbaupläne oder laufen diese bereits seit Längerem. So soll im Eichsfeld für insgesamt 200 Millionen Euro ein zentraler Krankenhaus-Standort neu gebaut werden. Auch in Eisenach soll mit mehr als 60 Millionen Euro an Förderung ein neuer "Medizin-Campus" entstehen. In Schleiz wechselte bereits im Jahr 2021 das dortige Krankenhaus vom Landkreis zum privaten Anbieter Sternbach und wurde damit eine Schließung abgewendet. Die kleine Klinik wird nun mit gut 90 Betten und Abteilungen für Inneres, Chirurgie oder Intensivbehandlung weitergeführt.

Klinikreform soll Vergütung ändern - Ärzte fordern mehr Geld im System

Mit der Klinikreform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unter anderem das Vergütungssystem ändern. Die Häuser sollen nicht mehr allein über feste Pauschalen je Behandlungsfall vergütet werden - auch um Fehlanreize wie unnötige, aber gut bezahlte Operationen zu beseitigen. Es soll einheitliche Qualitätsvorgaben bei Ausstattung, Personal und Behandlungserfahrung geben.

Der Thüringer Ärzteverbandschef Lange hält die Korrekturen für richtig. Allerdings müsse sichergestellt werden, "dass es in der Übergangsphase bis zur Reform nicht zu Qualitätsverlusten kommt", sagte er. Die Patienten müssten bis dahin weiter gut versorgt werden. "Dafür muss mehr Geld ins System." Klinikträger und auch Gesundheitsministerin Wernerfordern seit Monaten eine Übergangsfinanzierung für die Häuser.

Fachkräftemangel verstärkt Handlungsdruck

Verstärkt wird der Handlungsdruck nach Einschätzung der Fachleute durch Personalmangel. Guido Dressel von der TK bezeichnet die Fachkräfte etwa als "Knackpunkt". Die Thüringen-Kliniken etwa hatten auch die schwierige Personalsituation als Grund für die Umstrukturierung in Pößneck angegeben.

Auch der Kreißsaal des Krankenhauses Sonneberg war Ende August wegen Personalmangels vorerst geschlossen worden. Zwar gebe es mehr Ärzte, so Lange vom Verband der Krankenhausärzte. Viele wünschten sich aber kürzere Arbeitszeiten. "Dadurch sind weniger Ärzte am Patienten."

Was in Pößneck entsteht, ist die Zukunft.

Frank Lange Landesvorsitzender des Verbandes leitender Krankenhausärzte

Für ihn haben die Thüringen-Kliniken mit der Neuausrichtung des Standorts Pößneck die richtigen Konsequenzen aus der Situation gezogen. "Was in Pößneck entsteht, ist die Zukunft", sagte er. "Dort entsteht eine völlig zeitgemäße und moderne Struktur, von der die Region profitieren wird."

Thüringer Gesundheitsministerium arbeitet an neuem Plan

Das Thüringer Gesundheitsministerium arbeitet derzeit an einem neuen Krankenhausplan. Ministerin Werner hatte mehrfach bekräftigt, dass alle Klinikstandorte für die Gesundheitsversorgung benötigt würden. Es werde aber zu Strukturveränderungen und Kooperationen kommen.

Mehr zur Krankenhausreform

MDR (dst)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 30. Oktober 2023 | 10:00 Uhr

18 Kommentare

MDR-Team vor 27 Wochen

...wäre dann sicher ein "interessanter" Online-Kommentator - und wenn er sich dann vielleicht gleich noch mit dem wortgewaltigen User Martin Luther in die Wolle bekommen könnte, kämen auch wir ins Schwitzen...

astrodon vor 27 Wochen

@Graf: Selten heit eben andererseits auch "manchmal schon". Ob es gut ist wird, wie immer, die Erfahrung zeigen.
PS: Schopenhauer würde man heute zumindest als "Nerd" bezeichnen oder auch als "Querdenker" - ich nenne ihn einen weltfremden Nörgler.

MDR-Team vor 27 Wochen

Wir sind ganz froh, dass uns gräfliche und sonstige Nachrichten nicht per reitenden Boten, sondern neuerdings mit sechsstelligen Kilometerzahlen pro Sekunde erreichen...

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