Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Gericht: Familie darf russisch klingenden Nachnamen nicht ändern lassen

29. April 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Änderung von russisch klingendem Nachnamen nicht möglich

Verwaltungsgericht Koblenz (Az. 3 K 983/22.KO)

Familie Wlaschinsky fühlt sich durch ihren Nachnamen benachteiligt: Viele Menschen, mit denen sie in Kontakt tritt, fragen die Familie, ob sie möglicherweise aus Russland kommt. Dabei ist der Name gar nicht eindeutig russischen Ursprungs. Trotzdem beantragt die Familie, den Namen ändern zu lassen. Die Begründung macht sie auch klar: Seit Beginn des Krieges in der Ukraine befürchtet sie Nachteile im Alltag. Das gilt beispielsweise für Behördengänge oder aber für die Schule der Tochter.

Am Verwaltungsgericht Koblenz hatte man dafür kein Verständnis: "Ein russisch klingender Nachname allein ist noch kein Grund für eine Namensänderung. Die Kläger haben hier nicht darlegen können, dass ihr Nachname eine seelische Belastung für sie und ihre Tochter darstellt. Denn grundsätzlich ist es nur in Ausnahmen und mit wichtigem Grund möglich, den Familiennamen zu ändern. Die Kläger sind in Deutschland geboren, nicht-russischer Abstammung und entsprechend auch keine Flüchtlinge, denen ein russisch klingender Name bei der Eingliederung Schwierigkeiten bereiten könnte. Zudem kommt der Nachname auch im polnischen Raum vor." Der Name kann hier also nicht geändert werden.


Brautpaar muss Hochzeitsfotografin trotz Kündigung bezahlen

BGH (Az. VII ZR 144/22)

Marco und Marita wollten ursprünglich im August 2020 kirchlich heiraten. Wegen der damals geltenden Corona-Maßnahmen musste die Trauung um ein Jahr verschoben werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Paar bereits einen Vertrag mit einer Fotografin unterschrieben. 1.230 Euro hatten Marco und Marita bereits überwiesen – rund die Hälfte des vereinbarten Honorars. Zwei Monate vor dem ersten Hochzeitstermin schreiben beide der Fotografin eine E-Mail. Die Feier müsse verschoben werden. Für den neuen Termin habe man einen anderen Fotografen engagiert. Die Fotografin verlangt dennoch weitere 550 Euro. Sie habe sich den Termin frei gehalten und sei auf das Geld angewiesen. Auch auf die Terminverschiebung hätte sie sich unter Umständen eingelassen. So aber wolle sie nun für die verlorene Arbeitszeit bezahlt werden.

Am Bundesgerichtshof bekam sie Recht: "Für das Brautpaar ist es zumutbar, am Vertrag mit der Fotografin festzuhalten. Natürlich haben die Kläger trotzdem ein freies Kündigungsrecht. Bei einer solchen Kündigung steht der Fotografin aber die vereinbarte Vergütung zu. Abgezogen werden müssen Aufwendungen, die nicht mehr notwendig sind, wie das Fertigen von Abzügen." Die Fotografin kann also die Anzahlung behalten und erhält noch zusätzlich die geforderten 550 Euro.


Nackter auf Sonnenliege im Hof kein Grund für Mietminderung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 2 U 43/22)

Herr Wiesenbachs Appartement liegt in einem sehr gehobenen Wohnviertel, das Umfeld ist ruhig und gediegen. In seinem Wohnhaus gibt es auch eine Büroetage. Dort arbeitet eine Personalberatung, die sich an einer ganz besonderen Angewohnheit von Herrn Wiesenbach stört. Der nämlich sonnt sich gern auf seinem Balkon – und ist dabei komplett nackt. Bei der Personalberatung hält man das für unzumutbar. Eine Mietminderung sei angemessen.

Am Oberlandesgericht Frankfurt am Main schüttelte man den Kopf: "Aus rein ästhetischem Empfinden lässt sich die Mietminderung nicht begründen. Anders wäre es nur, wenn sich das Nacktsonnen gezielt gegen andere Personen richten würde. Denn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache wird hier nicht beeinträchtigt. Eine gezielt sittenwidrige Einwirkung auf das Grundstück liegt ebenso nicht vor. Denn der nackte Mann ist für die Nachbarn nur sichtbar, wenn sich diese weit aus dem Fenster beugen." Nur weil sich der Nachbar nackt sonnt, ist eine Mietminderung also nicht gerechtfertigt.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. April 2023 | 06:00 Uhr

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