Display eines Smartphones mit einem fiktiven Chatverlauf beim Messenger "WhatsApp" 4 min
Audio: Die Urteile der Woche zum Nachhören. Bildrechte: picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa | Julian Stratenschulte

Urteil Bundeswehrsoldat hat keinen Anspruch auf Waffenschein

02. September 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Kein Anspruch auf Waffenschein für Bundeswehrsoldaten

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az: 20 A 2355/20)

Thoralf Thormann* war lange Jahre bei einer militärischen Spezialeinheit der Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt. Nun aber ist er wieder in Deutschland und beantragt dort beim zuständigen Polizeipräsidium, eine Schusswaffe führen zu dürfen. Der Grund sei ganz einfach: Er sei wegen seiner früheren Arbeit in besonderer Weise durch islamistisch motivierte Angriffe gefährdet. Vor allem fürchte er wegen seiner Einsätze in Afghanistan Vergeltungsanschläge islamistischer Terrorgruppierungen.

Das Polizeipräsidium lehnt ab. Und auch am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen war man letztlich nicht auf seiner Seite: "Auch ein Bundeswehrsoldat eines Spezialkommandos hat nicht ohne Weiteres Anspruch auf einen Waffenschein. Dafür reicht es nicht aus, wenn generell eine Gefahr terroristischer Übergriffe in Deutschland durch islamistische Gruppierungen oder Einzeltäter besteht. Ebenso lässt sich nicht feststellen, dass eine Schusswaffe die Gefährdung des Klägers grundsätzlich mindern würde."

Eine Revision wurde nicht zugelassen. Eine Schusswaffe erhält der Soldat nicht.


Kündigung wegen rassistisch-sexistischer Chats rechtens

Bundesarbeitsgericht (Az: 2 AZR 17/23, 2 AZR 18/23 und 2 AZR 19/23)

In diesem Fall geht es um einen Kreis von bis zu sechs Kollegen, die alle bei einer Fluggesellschaft beschäftigt sind. Sie haben eine gemeinsame Chatgruppe bei Whatsapp, in der sie sich regelmäßig über die Arbeit austauschen. Dabei gibt es mitunter auch beleidigende, rassistische, sexistische und zu Gewalt aufrufende Äußerungen. Der Inhalt dieser Chats fliegt eines Tages auf, weil einer der Kollegen im Zuge eines Streits den Chatverlauf einem Vorgesetzten zeigt.

Der Arbeitgeber kündigt daraufhin mehreren Mitgliedern der Chatgruppe. Die jedoch klagen: Sie hätten auf die Vertraulichkeit des Chats gesetzt. Doch letztlich entschied das Bundesarbeitsgericht: "Die Vertraulichkeit einer Chatgruppe hängt von deren Größe und dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten ab. Wenn es wie hier um beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige geht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Inhalt nicht nach außen dringt. Im Normalfall darf hier nicht auf Vertraulichkeit gesetzt werden. Das gilt insbesondere, je größer die Chatgruppe ist."

Die Kollegen bleiben also gekündigt. 


Volle Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlung möglich

Bundessozialgericht (Az: B 1 KR13/22 R)

Sahra und Sandro Sandicke* wünschen sich ein Kind und wollen dazu medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Nach dem Gesetz muss die gesetzliche Krankenversicherung die Kinderwunschbehandlung zur Hälfte bezahlen. Hier aber ist es anders: Das Ehepaar kann unter Umständen sogar die vollen Kosten erstattet bekommen. Voraussetzung ist, dass ein Partner gesetzlich und der andere privat versichert ist. Frauen dürfen allerdings nicht älter als 40 und Männer nicht älter als 50 sein.

Im Fall der Sandickes ist nun die gesetzliche Krankenkasse der Meinung, sie müsse nicht mehr zahlen, da die Hälfte ja bereits von der privaten Krankenkasse übernommen wurde. Das Gesetz sehe nur eine hälftige Erstattung der Behandlungskosten vor.

Das sei so nicht richtig, sagte man am Bundessozialgericht: "Der Anspruch auf hälftige Kostenerstattung gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse erlischt nicht. Dies gilt zumindest dann, wenn die private Krankenversicherung des anderen Ehepartners auch nur die Hälfte zahlt. Ehepaare dürfen aber nicht mehr bekommen, als die Behandlung tatsächlich kostet. Wenn die private Krankenversicherung die gesamte Kinderwunschbehandlung zahlt, muss die gesetzliche Krankenversicherung des anderen Ehepartners keinen Beitrag mehr leisten."

Im Fall der Familie Sandicke werden also die gesamten Kosten für die Kinderwunschbehandlung übernommen.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. September 2023 | 08:20 Uhr

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