Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand
Justitia gilt als Symbol der Gerechtigkeit. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Eigenbedarf nach Sanierungsankündigung ist unglaubwürdig

03. September 2022, 21:18 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Eigenbedarf nach Sanierungsankündigung ist unglaubwürdig

Amtsgericht Charlottenburg (AZ.: 237 C 234/20)

Vermieter haben in Deutschland nur wenige Möglichkeiten, einen Mietvertrag gegen den Willen des Mieters zu beenden. Einer davon ist die Eigenbedarfskündigung. Der Vermieter macht geltend, die Wohnung für sich oder ein Familienmitglied zu brauchen. Mieter gehen dabei immer mal von einem vorgeschobenen Grund aus. So auch Renate Rensbach. Ihr Vermieter hat sie bei der Beseitigung diverser Schäden immer wieder gefragt, ob sie die Wohnung nicht lieber ganz räumen wolle. Dafür gebe es einen guten Grund: Alle Räume müssten gründlich saniert werden und dazu müsse die Wohnung leer sein. Frau Rensbach will aber nicht ausziehen. Nun schickt ihr Vermieter eine Eigenbedarfskündigung.

Am Amtsgericht Charlottenburg kam er damit nicht durch: "Die Mieterin wurde hier monatelang immer wieder gefragt, ob sie die Wohnung nicht räumen möchte. Eine gewünschte Eigennutzung wurde dabei nicht erwähnt. Wird dies erst viele Wochen später angeführt, dann ist das als Grund für die Kündigung nicht glaubhaft."

In einem solchen Fall ist eine Wohnungskündigung unwirksam.


Vergütung von Promotionsbetreuung rechtswidrig

Oberlandesgerichts Stuttgart (AZ: 10 U 120/21)

Professor S. ist außerplanmäßig an einer medizinischen Fakultät angestellt. Seinen Doktoranden stellt er über die Event-Agentur seiner Frau Rechnungen für die Betreuung von nebenberuflichen Promotionen. Damit verstößt er klar gegen das Gesetz: In verschiedenen Strafverfahren wird er deshalb auch wegen Vorteilsannahme verurteilt. Ein Zahnarztpaar, dass zuvor fünfstellige Rechnungen an den Professor bezahlt hat, will das Geld nun zurück.

Am Oberlandesgericht Stuttgart hatte das Paar Erfolg: "Die Zahlungen sind hier ohne Rechtsgrund erfolgt, denn die Vereinbarungen über die Promotionsvergütung verstießen gegen das Verbot der Vorteilsannahme. Den Doktoranden musste nicht klar sein, dass der Professor für seine Betreuung während der Promotion dienstrechtlich keine Vergütung verlangen darf. Vielmehr ist hier absichtlich der Eindruck einer erlaubten Nebentätigkeit des Beklagten erweckt worden."

Der Professor und seine Ehefrau müssen 17.850 Euro an das Zahnarztpaar zurückzahlen. 


Astbruch gehört zum Risiko in Straßenverkehr

Landgericht Frankenthal ( Az.: 3 O 307/21 )

Wanda Wandrich parkt ihr hochklassiges Fahrzeug nahe einer Kreuzung direkt unter einem Baum. Durch stürmisches und regnerisches Wetter bricht vom Baum ein großer Ast ab und fällt direkt auf das Autodach. Nun geht es um die Frage der Verkehrssicherungspflicht. Nach der muss der Eigentümer sein Grundstück immer so unterhalten, dass Menschen – oder eben auch Autos – nicht zu Schaden kommen. Wer dies missachtet, macht sich schadenersatzpflichtig. Gilt das hier auch für die Stadt, der das Grundstück mit dem Baum gehört?

Am Landgericht Frankenthal sagte man Nein: "Jeder Baum an einer Straße kann eine mögliche öffentliche Gefahr sein. Auch von völlig gesunden Bäumen können bei Sturm oder Starkregen Teile abbrechen. Eine Erkrankung eines Baumes ist von außen auch nicht immer erkennbar. Das hat aber nicht zur Folge, dass alle Bäume in der Nähe von Straßen oder öffentlichen Plätzen besonders gründlich überprüft werden müssen. Vielmehr ist es unmöglich, den gesamten Verkehr vollkommen risikolos zu gestalten."

Bäume müssen also durchaus regelmäßig begutachtet werden. Darüber hinaus aber gilt das allgemeine Lebensrisiko.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. September 2022 | 06:00 Uhr

Mehr zum Thema Recht

Weitere Ratgeber-Themen