Asteroid trifft Erde
Asteroid trifft Erde Bildrechte: imago/Science Photo Library

Kometen- und Asteroideneinschläge Treffen große Asteroiden die Erde häufiger als angenommen?

29. Januar 2024, 15:34 Uhr

Die Erde wird von einem großen Asteroiden ungefähr ein- bis zweimal innerhalb einer Millionen Jahre getroffen. So die bisherigen Annahmen. Forschende haben nun aber vier Krater erneut untersucht und entdeckt, dass diese viel größer sind, als bisher angenommen wurde. Demnach treffen Asteroiden vom Durchmesser eines Kilometers viel öfter auf die Erde – jedoch ist ihre Entdeckung umstritten. Neben diesen Asteroiden- und Kometen-News gibt es auch Neuigkeiten zu Ryugu und ‘Oumuamua.

Atomtests, Artensterben, Klimawandel, Kriege – die Menschheit ist, so hat es den Anschein, durchaus in der Lage, ihren eigenen Untergang zu beschleunigen. Aus der Erdgeschichte wissen wir jedoch, dass das Überleben der Menschheit von außen noch viel stärker bedroht werden kann, durch einen Asteroiden-Einschlag aus dem Weltraum. Wenn so ein gigantischer Felsbrocken die Erde erneut treffen sollte, war es das wohl mit der uns.

Die gute Nachricht: Derzeit gehen Astronomen und Wissenschaftlerinnen nicht davon aus, dass die Erde in einem absehbaren Zeitraum von einem großen und gefährlichen Asteroiden getroffen wird. Etwa alle 600.000 bis 700.000 Jahre soll die Erde von einem Himmelskörper mit dem Durchmesser von mindestens einem Kilometer getroffen werden – so die bisherigen Schätzungen.

Jedoch könnten solche Einschläge viel häufiger geschehen, als bisher angenommen wurde. Nasa-Chefforscher James Garvin und sein Team haben dafür die Krater auf der Erde mit neuen hochauflösenden Satellitenbildern untersucht und ihre Ergebnisse auf der 54. Mond- und Planetenforschungskonferenz (Lunar and Planetary Science Conference), die Mitte März 2023 in Houston (Texas, USA) abgehalten wurde, präsentiert. 

Stärker als der gewaltigste Atombombentest

Anhand der neuen Daten konnten Garvin und seine Kollegen große Ringe um drei Einschlagskrater und einen wahrscheinlichen Krater identifizieren, die eine Million Jahre alt oder jünger sind. Die Ringe deuten darauf hin, dass die Krater Dutzende von Kilometern breiter sind und weitaus gewalttätigere Ereignisse aufzeichnen, als die Forscher bisher angenommen hatten. 

Jeder dieser Einschläge wäre etwa zehnmal heftiger als die größte Atombombenexplosion der Geschichte. Bei jedem Einschlag wäre ein Teil der Erdatmosphäre ins All geblasen wurden. Zwar war der Asteroiden-Einschlag, der die Dinosaurier aussterben lies, noch viel gewaltiger – jedoch hätten auch diese vier Einschläge das globale Klima gestört und zu lokalen Aussterbeereignissen geführt.

Wie wird die Rate von Asteroideneinschlägen berechnet?

Die Einschlagsrate solcher Asteroiden ist schwer zu berechnen. Viele eintreffende Weltraumfelsen verglühen in der Erdatmosphäre. Wind und Wasser verwischen zudem die Spuren vieler Asteroiden, die es bis zum Boden schaffen. 

Deswegen schätzen Forschende die Einschlagsrate mittels Kratern auf dem Mond, indem sie ihre Größe und das Alter bestimmen. Jedoch schwankt die Rate im Laufe der Zeit, da Himmelskörper wie Mond und Mars in unterschiedlichen Abständen von großen Felsbrocken getroffen werden. Deswegen untersuchen die Asteroidenjäger zudem die Größe von Asteroiden, die sich in einer erdnahen Umlaufbahn befinden und verbinden beide Beobachtungen miteinander.

Künstlerische Darstellung des Asteroids Itokawa: Zu sehen oist ein länglicher grauer Felsen, der rund herum von zahlreichen frei schwebenden Steinen umgeben ist
Künstlerische Darstellung des Asteroids Itokawa: Zu sehen oist ein länglicher grauer Felsen, der rund herum von zahlreichen frei schwebenden Steinen umgeben ist Bildrechte: Curtin University/Kevin M. Gill

Nach den neuen Erkenntnissen soll die Erde von einem Kometen oder Asteroiden mit einer Größe von einem Kilometer nicht ein- bis zweimal, sondern bis zu viermal innerhalb einer Million Jahre getroffen werden. Da zwei Drittel des Planeten von Wasser bedeckt sind, könnten nach dieser Zählweise insgesamt bis zu einem Dutzend Felsbrocken die Erde getroffen haben, gibt Bill Bottke zu bedenken. Er ist Planetendynamiker am Southwest Research Institute in Boulder (Colorado, USA) und steht den neuen Erkenntnissen skeptisch gegenüber. 

Sind die entdeckten Ringe vielleicht doch keine Krater?

Dabei ist Bottke nicht alleine. Auch Anna Łosiak, eine Kraterforscherin an der Polnischen Akademie der Wissenschaften, zweifelt die Ergebnisse an. Sie ist sich nicht sicher, ob es sich bei den entdeckten ringförmigen Merkmalen wirklich um Kraterränder handelt. Wenn sie es doch sind, sagt sie, "wäre das sehr beängstigend, weil es bedeuten würde, dass wir wirklich nicht verstehen, was hier vor sich geht – und dass es eine Menge Weltraumgestein gibt, das alles durcheinanderbringen könnte".

Für ihre Studie nutzen Garvin und sein Team die hochauflösenden Bilder mehrere Quellen. Für die Höhenmessung nutzen sie den ICESat-2-Satellit und ein Messinstrument auf der Internationalen Raumstation ISS, dass die Dynamik globaler Ökosysteme (Global Ecosystem Dynamics Investigation) untersucht. Zudem verwendeten sie kommerzielle Stereobilder von Maxar und Planet, zwei privaten Satellitenunternehmen.

Eine Infografik, die den Unterschied zwischen einem Komet (l.) und einem Asteroid (r.) zeigt.
Eine Infografik, die den Unterschied zwischen einem Komet (l.) und einem Asteroid (r.) zeigt. Bildrechte: MDR

Anschließend entfernten sie aus den Karten Merkmale, die offensichtlich nichts mit dem Einschlag zu tun hatten. Mit einem Algorithmus, den Garvin zuerst für den Mars entwickelt hatte, suchten sie nach kreisförmigen Mustern in der Topografie. Bei einfachen, kleinen Kratern wurde immer der offensichtliche Kraterrand identifiziert.

Bei Tausenden von Durchläufen der vier größeren Krater erkannte der Algorithmus häufig eine randähnliche Struktur, die viel weiter entfernt war als der angenommene Rand. Pantasma, ein 800.000 Jahre alter Krater in Nicaragua, wuchs beispielsweise von 14,8 Kilometer auf 35,2 Kilometer Durchmesser an. "Diese Merkmale sind so subtil, dass ich nicht glaube, dass sie auf einen großen strukturellen Rand hindeuten", erklärt Gordon Osinski, ein Planetenforscher an der Western University und erfahrender Kraterforscher. 

Feldforschung für weitere Beweise nötig

Laut Brandon Johnson, Planetenforscher an der Purdue University, handelt es sich stattdessen um Ringe aus Trümmern, die von den Einschlägen ausgeworfen wurden. Jedoch glaubt Garvin nicht, dass ein bloßer Trümmerwall nach einer Million Jahren Erosion noch sichtbar wäre. "Auf der Erde werden die Dinge chaotisch, vor allem, wenn man viel Energie auf sie verwendet." Deshalb glaubt der Erstautor der Studie, dass große Krater auf der Erde aufgrund der hohen Erosionsraten eine variablere Struktur aufweisen als anderswo im Sonnensystem. 

Um die Daten zu erklären, müssen hervorgerufene Klimaveränderungen ihre Spuren in Eiskernen, Meeres- oder Seesedimenten hinterlassen haben. Vor Ort müssten die Forschenden nach verformtem Gestein und Schwerkraftschwankungen suchen, die auf einen echten Kraterrand hindeuten würden, erklärt Johnson. Feldforschung ist somit angesagt. 

Merkwürdige Asteroiden: ‘Oumuamua, das Raumschiff, das keines ist

Ob groß oder klein, Asteroiden sind merkwürdige Objekte. Da manche von ihnen eine Gefahr sein könnten, hat die Nasa bereits ein Manöver geübt, dass die Umlaufbahn eines Asteroiden mittels Einschlag einer Raumsonde verändern kann. Die Dart-Mission war für die Behörde ein Erfolg und sie konnten Dimorphos als staubtrockenen Ort identifizieren

Doch auch der zigarrenförmige Komet ‘Oumuamua gibt Rätsel auf. Er wurde beispielsweise für ein außerirdisches Raumschiff gehalten, weil die Astronomen eine merkwürdige Beschleunigung bei ihm entdeckt haben. 

In einer am 22. März 2023 veröffentlichten Studie konnte das Forschungsteam zeigen, dass 50 Prozent der beobachteten Beschleunigung auf die Sublimation von Wassereis zurückzuführen sind. Mit Sublimation ist der unmittelbare Übergang eines Stoffes von fest zu gasförmig gemeint. Die restliche Beschleunigung konnten sie mit der Freisetzung von molekularem Wasserstoffgas erklären – zwar hat ‘Oumuamua damit eine Art Triebwerk, aber ein natürliches.

Eine Symbiose aus Komet und Asteroid 

'Oumuamua tauchte im Oktober 2017 zum ersten Mal am Horizont auf – nur einen Monat nach seiner engsten Annäherung an die Sonne, als er eine Schleife drehte und auf seiner weiteren Reise durch den Kosmos wieder aus dem Sonnensystem flog. Er ist dünn wie eine Zigarre und misst bis zu 400 Meter in der Länge. Kein anderer Komet oder Asteroid im Sonnensystem hat diese Form.

Außerdem dreht sich 'Oumuamua wie eine Flasche, die auf der Seite liegt. Und obwohl das Objekt kein Eis zu enthalten scheint und keine Gase ausstößt, kann seine Flugbahn nicht allein durch die Schwerkraft erklärt werden, wie es bei einem Asteroiden der Fall wäre. 

Die Ausgasung, wenn ihr Eis sublimiert, gibt den Kometen eine zusätzliche Beschleunigungsquelle. Demnach hat ‘Oumuamua sowohl Eigenschaften eines Kometen als auch eines Asteroiden – wurde letztendlich aber als Komet eingestuft.

Wahrscheinlich ist er ein Splitter eines Planetesimals, eines Babyplaneten, der sich noch in der Entstehung befindet und mit einem anderen Objekt kollidierte. Ein üblicher Prozess in unserem Universum. Der Mond scheint ebenfalls durch den Zusammenstoß von unserer frühen Erde mit dem hypothetischen Protoplaneten Theia entstanden zu sein. 

Die Forschenden gehen davon aus, dass 'Oumuamua als eisiges Planetesimal begann, das während seiner interstellaren Reise bei niedrigen Temperaturen von kosmischer Strahlung getroffen und während seiner Passage durch das Sonnensystem erwärmt wurde. Durch das Erhitzen des mitgeführten Wassers entweicht der molekulare Wasserstoff und beschleunigt somit den Kometen. 

Da 'Oumuamua mittlerweile weit weg ist, gibt es keine Möglichkeit, diese These zu prüfen. Doch unser Sonnensystem wird von genügend anderen Asteroiden und Kometen besucht, die ähnliche Eigenschaften wie die langgezogene Zigarre am Nachthimmel haben können. 

Baustein für Leben kommt von Asteroiden wie Ryugu

Zudem scheinen Asteroiden die Bausteine für Leben durchs Universum zu transportieren, wie die Proben von Ryugu zeigen. Im Dezember 2020 brachte die japanische Raumsonde Hayabusa-2 zwei Proben von verschiedenen Stellen des Asteroiden Ryugu zurück zur Erde. Das Team weichte die Proben in heißem Wasser ein und unterzog sie einer Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie in Verbindung mit einer hochauflösenden Massenspektrometrie durch Elektrospray-Ionisierung. 

Die Wissenschaftler im MASCam-Team identifizierten auf den Bildern, die während des Abstiegs von MASCOT und nach der Landung aufgenommen wurden, zwei Arten von Gesteinen: die etwas helleren
Die Wissenschaftler im MASCam-Team identifizierten auf den Bildern, die während des Abstiegs von MASCOT und nach der Landung aufgenommen wurden, zwei Arten von Gesteinen: die etwas helleren Bildrechte: MASCOT/DLR/JAXA

"Wir fanden Uracil in den Proben in geringen Mengen im Bereich von 6-32 Teilen pro Milliarde (ppb), während Vitamin B3 häufiger vorkam, im Bereich von 49-99 ppb," sagt der Astrochemiker Yasuhiro Oba von der Universität Hokkaido in Japan. "Auch andere biologische Moleküle wurden in der Probe gefunden, darunter eine Auswahl von Aminosäuren, Aminen und Carbonsäuren, die in Proteinen bzw. im Stoffwechsel vorkommen."

Die identifizierten Verbindungen der Ryugu-Proben, die sich zu den etwa 20 Aminosäuren gesellen, unterscheiden sich von anderen kohlenstoffreichen Meteoriten, die auf die Erde gefallen sind. Jedoch ähneln sie sich im Großen und Ganzen. Biomoleküle kommen in kohlenstoffhaltigen Meteoriten somit recht häufig vor. Während der Zeit des Bombardements sind sie wohl per Anhalter auf die Erde gelang.

Die Probe, die vom Asteroiden Ryugu entnommen wurde, wird unter einem speziellen Mikroskop untersucht.
Die Probe, die vom Asteroiden Ryugu entnommen wurde, wird unter einem speziellen Mikroskop untersucht. Bildrechte: NASA/Robert Markowitz

Die Wissenschaftler vermuten, dass sich stickstoffhaltige Verbindungen aus einfacheren Molekülen wie Formaldehyd, Ammoniak und Blausäure gebildet haben könnten. Diese wurden in den Ryugu-Proben zwar nicht gefunden – sie waren aber wahrscheinlich vorhanden, als der Asteroid oder sein Mutterkörper zu Beginn seiner Geschichte noch ein von Eis umhüllter Komet war.

"Die Entdeckung von Uracil in den Proben von Ryugu bestärkt die aktuellen Theorien über die Quelle der Nukleobasen [die Grundbausteine der DNA und RNA] in der frühen Erde", sagt Oba. Dies ist nur der Anfang, denn auch die Nasa schickt eine Asteroiden-Probe von Bennu zurück zur Erde. Es scheint, als ob der Sternenstoff, aus dem wir gemacht sind, einen Umweg über Asteroiden genommen hat.

Links/Studien

Umlaufbahnen der 42 neu fotografierten Asteroiden 1 min
Bildrechte: ESO/M. Kornmesser/Vernazza et al./MISTRAL algorithm (ONERA/CNRS)
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Die Europäische Südsternwarte (ESO) hat Gesteinsbrocken aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter fotografiert und vermessen. Dass genau 42 Bilder veröffentlicht werden, liegt an einem Jahrestag.

Di 12.10.2021 14:24Uhr 01:23 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/die-asteroiden-in-unserem-sonnensystem100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Farbige Illustration eines Planeten, ähnlich eines Gasriesen wie Jupiter; rotbraune Struktur wie langgezogene Wolken. Auf dem dunklen Hintergrund Sterne, bunte Wolke.
Home alone, und das zu Weihnachten! Diese künstlerische Darstellung zeigt ein Beispiel für einen Einzelgänger-Planeten, der von ESO-Forschenden in der Region Rho Ophiuchi entdeckt wurde. Bildrechte: ESO/M. Kornmesser

Dieses Thema im Programm: MDR JUMP | 18. Februar 2022 | 05:20 Uhr

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